DrachenHatz
abfällig ich nur konnte: etwa Mitte vierzig, breite Koteletten bis weit unter die Ohrläppchen, lichte Haarmatte auf der Platte, knittriger Anzug in Beige-Braun und ein reichlich selbstgefälliger Gesichtsausdruck. Wie der dauerschmarotzende Freund von Walther Matthau in dem Film »Die Kaktusblüte«. Richtig, und so schmierig wie der wirkte er auch noch. »Und wer sind Sie?«, blaffte ich ihn, auf jegliche Höflichkeit verzichtend, an, was lediglich eine Straffung seiner Bauchmuskulatur zur Folge hatte, sonst jedoch erkennbar nichts bewirkte. An solchen Typen perlt alles ab, als ob sie bei der Geburt mit einer Teflonschicht überzogen worden sind.
»Oh, wir wohnen hier auf Hollbakken.«
Um ein Haar hätte er »residieren« genäselt und »gute Frau« hinzugefügt, ich schwöre es. Dann hätte es jedoch auf der Stelle etwas gesetzt. Das schwöre ich ebenfalls.
»Ach so«, nickte ich betont gelangweilt, »Sie sind das. Der neue Mieter, von dem Johannes neulich beim Osterbrunch erzählte.« Ich erreichte mein Ziel. Er war baff bis gebührend beeindruckt. »Ach«, fügte ich trotzdem noch kalt hinzu, denn doppelt hält bekanntlich besser, »das können Sie selbstverständlich nicht wissen, aber Johannes ist Herr von Betendorp.«
Ich bin sonst nicht so. Ehrlich. Aber dieser selbstgefällige Heini setzte irgendetwas in mir frei, das sonst glücklicherweise unter Verschluss bleibt. Was hatte sich mein Freund bloß dabei gedacht, als er sich so jemanden ins Nest holte? Sah er denn nicht, dass dies ein Aufschneider und Blender erster Güte war? Offensichtlich nicht. Aber sonst war Johannes doch nicht dermaßen beschränkt. Ich fragte mich ernsthaft, welchen Trick dieser Knabe angewandt hatte, um sich die Wohnung unter den Nagel zu reißen.
Mein Gegenüber fletschte die Zähne, was Wohlmeinendere wahrscheinlich als ein Lächeln interpretiert hätten. »Ah, jetzt fällt endlich der Groschen bei mir!«, strahlte er. »Dann sind Sie be–«
»Hanna Hemlokk«, kam ich ihm zuvor. Meinen Namen sprach der nicht so einfach aus.
»Die Detektivin.«
Ich wartete automatisch. Doch es kam nichts mehr. Ach Johannes. Sagte ich bereits, dass er ein ganz Lieber ist? Er hatte meinen Job als Romanzenqueen offenbar komplett unterschlagen und mich zum alleinigen private eye geadelt.
»Ganz recht«, entgegnete ich würdevoll.
»Rolf Verdoehl. Unternehmer. Angenehm.«
Widerstrebend gab ich ihm die Hand, während er mit seiner Linken hektisch nach irgendetwas in seiner Jacketttasche fingerte.
»Schatz«, dröhnte er sodann ins schnieke Mobiltelefon, »komm doch schnell einmal herunter, ja? Die Bekannte des Herrn von Betendorp ist da. Ja, ganz genau, die Detektivin. Ich möchte uns kurz vorstellen.«
Des Herrn von Betendorp? Johannes? Das hörte sich ja an wie der Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland. Ich erwischte mich dabei, wie ich mein Gegenüber mit offenem Mund anstarrte. Er bemerkte es gar nicht, sondern packte mir nichts dir nichts meinen Arm und bugsierte mich ohne zu fragen zu der Bank, die vor Johannes’ Werkstatt stand.
»Sie haben da einen wirklich interessanten Beruf, meine Liebe«, begann er, kaum dass mein Hintern die Bretter berührte, »aber auch bei uns tut sich momentan einiges, das kann ich Ihnen sagen. Wissen Sie, meine Frau und ich stehen kurz davor, hier in der Region eine Dönerkette aufzuziehen. Danach expandieren wir natürlich weiter. Und in Schönberg wollen wir die Zentrale errichten.«
Eine hochgewachsene Brünette eilte uns mit Riesenschritten entgegen, auf den knallroten Lippen ein derart künstliches Begrüßungslächeln, dass mir das Blut in den Adern gefror.
»… kennen sich doch bestens aus in dieser Gegend, nicht wahr?«
»Bitte?« Ich hatte ehrlich keine Ahnung, wovon der Knabe sprach.
»Ich sagte, der Markt im Norden gibt das doch her, oder?«
Für was hielt mich der Junge denn? Für eine Privatdetektivin mit Pressfleischimitatschwerpunkt?
»Ah, da kommt meine Gattin. Bettina, das ist Hanna Hemlokk.«
»Herr von Betendorps Bekannte«, ergänzte ich höflich, na gut, vielleicht mit einem Hauch von Ironie in der Stimme.
Bettina Verdoehl bemerkte offensichtlich nichts davon. Sie stand ihrem Unternehmer-Gemahl da in nichts nach. Die Grundgütige musste wirklich eine Auszeit genommen haben, als Johannes sich für die beiden entschieden hatte. Oder ob sie ihn hinterhältig erpressten? Ich wüsste zwar nicht womit, aber in meinem Job muss man schließlich mit allem rechnen!
»Ach, wie
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