DrachenHatz
nett«, säuselte die heftig geschminkte Dame. »Bioenergie wird den Markt der Zukunft beherrschen, da gibt es für Wissende gar keine zwei Meinungen. Doch es leben so viele dumme Menschen auf dieser Welt, es ist erschreckend.«
Da hatte sie recht. In diesem Fall schien ich allerdings ebenfalls zu dieser Spezies zu gehören, denn mir leuchtete partout nicht ein, was der Aufbau einer Dönerkette mit der Bioenergie als zukunftsträchtiger Kraftquelle zu tun haben könnte.
»Wir sprachen über unser zweites Standbein, Schatz«, tönte Herr Verdoehl in diesem Moment.
»Ach so«, nickte Schatz verständnissinnig und schenkte mir ein strahlendes Lächeln.
Ich verstand immer noch nur Bahnhof, und in diesem Fall sah man es mir wohl deutlich an, denn Rolf Verdoehl lachte laut und herzlich, bevor er mit Verve verkündete: »Wissen Sie, Frau Hemlokk, was meine Frau meint und was ich immer sage, ist Folgendes: Wenn man es richtig anpackt, liegt das Geld sozusagen auf dem Acker.«
»Man muss es nur pressen«, ergänzte die Gattin und schielte bei diesen geheimnisvollen Worten auf ihre Armbanduhr.
»Ich sage nur Dung«, schob er nach.
Dung? Und Döner? Das eine ging vorn hinein, das andere kam hinten wieder heraus. Oder meinte der Mann etwa, Dung in Döner?
»Konkret«, durchschlug Verdoehl in diesem Moment den Gordischen Knoten meiner hilflos festgefahrenen Gedanken, »planen wir zwei Projekte. Klotzen, nicht kleckern ist nämlich meine Devise.«
Ich schwieg. Der Mann hatte zweifellos eine veritable Meise, was ihn allerdings nicht davon abhielt, meine Ungläubigkeit zu bemerken.
»Ah, ich sehe schon, Sie sind skeptisch. Wie Greta. Die hält unsere Pläne ebenfalls für nicht durchführbar. Aber die Frau hat auch keine Visionen.«
»Greta?«, fragte ich verblüfft. »Greta Gallwitz?«
»Keine Ahnung, wie sie mittlerweile mit Nachnamen heißt«, blubberte das kommende Multitalent. »Sie wohnt jedenfalls drüben mit einer Frau zusammen.«
»Sie ist nett«, wandte Bettina ein.
»Aber sie hat keine Ahnung, was Unternehmertum in der heutigen Zeit bedeutet«, echauffierte sich ihr Gatte. »Kreativität, Innovationsfähigkeit, auf den ersten Blick ausgefallene, vielleicht sogar ein bisschen verrückte Ideen. Doch so etwas versteht eben nicht jeder, weil die meisten –«
»Moment noch«, unterbrach ich den zukünftigen D&D-Tycoon barsch, »Sie kennen also Greta Gallwitz. Seit wann?«
Die beiden wechselten einen irritierten Blick.
»Seit heute Morgen«, gestand Bettina dann, was zumindest erklärte, weshalb Greta mir nichts von dem Duo erzählt hatte. »Wir trafen sie beim hiesigen Bäcker, Miesulke oder so ähnlich heißt er, nicht wahr? Dort kamen wir jedenfalls bei einem Käffchen ins Gespräch. Sie ist ja ebenfalls neu zugezogen.«
»Aber als wir ihr von unseren Plänen erzählten – ach, sagte ich bereits, dass wir beabsichtigen, Pferde- und Kuhmist, den es in dieser ländlichen Region ja reichlich gibt, im industriellen Rahmen zu Pellets zu pressen und als Heizstoff zu verkaufen?«
Nein.
»Da liegt nämlich der Markt der Zukunft«, assistierte die Gattin hilfreich.
Natürlich.
»Deshalb sind wir auch auf der Suche nach einer geeigneten Halle. Vielleicht könnten Sie uns da mit Ihren lokalen Kenntnissen helfen? Ihr Schaden wird es nicht sein.«
Hanna Hemlokk als Hallenscout für entsaftete Kuhscheiße? Nein danke. Ich beschloss, das Angebot geflissentlich zu ignorieren. »Und vorher haben Sie Greta Gallwitz noch nie gesehen?«
Rolf Verdoehl stutzte nur kurz, dann lachte er schallend und unverdrossen gut gelaunt. »Sie sind immer im Dienst, was? Ja, in manchen Berufen ist es schwer, auf die private Ebene umzuschalten.«
»Also?«, ließ ich nicht locker.
»Wir haben zusammen Kaffee getrunken und uns unterhalten. Es war alles völlig harmlos. Ich schwöre«, sprang die künftige Milliardärsgattin augenzwinkernd in die Bresche und hob dabei affektiert die Rechte in Herzhöhe. »Und vorher gesehen habe ich sie auch nicht. Bei meinem Leben! Aber ich muss jetzt los.« Sie gönnte mir eines ihrer herzlichsten Lächeln. Ich schauderte erneut.
»Wissen Sie«, erklärte sie mir zum Abschied, »ich engagiere mich ein wenig im Seniorenklub.«
»Und bei den Landfrauen. Weil wir uns hier niederlassen wollen und der Meinung sind, dass ein Unternehmer nicht nur Rechte, sondern auch Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft hat«, dröhnte ihre bessere Hälfte und bedachte die Seine mit einem aufmunternden Blick.
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