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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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»Wiedersehen, Schatz.«
    Sie winkte ihm lässig zu. Mir gab sie die Hand. Sie hätte einen perfekten Richard abgegeben, denn ihr Händedruck war fest und warm. Dann drehte sie sich um und ließ uns allein.
    »Greta«, erinnerte ich Verdoehl sofort, damit er mir nicht noch weiter von den gesellschaftlichen Verpflichtungen seiner Frau schwafelte.
    »Greta. Nun ja. Sie erkundigte sich sofort nach der Finanzierung unserer Projekte«, brummte er, und eine steile Unmutsfalte erschien auf seiner Stirn. »Kein Problem, hab ich gesagt, das Ding steht hundertpro. Wenn ich zur Bank gehe und denen die Sache erkläre, rollt der Rubel.«
    »Und Greta war nicht dieser Meinung?«
    »Nein«, schnaubte Verdoehl plötzlich derart abschätzig, dass die Macherfassade leichte Risse bekam. »Weil sie einfach nichts begriffen hat. Ein Kleingeist, verstehen Sie?«
    »Wie ich«, erwiderte ich herzlich, sprang auf und floh mit einem lauten »Tschüß« auf meinem Rad.
    Ich musste wirklich dringlichst mit Johannes sprechen. Denn mit diesem sauberen Paar stimmte etwas ganz und gar nicht. Ich habe ja durchaus Sinn für ungewöhnliche Lebenswege, doch Dönerkette und Dungfabrik in einem, meinetwegen auch parallel oder zumindest räumlich getrennt? Was war denn das für eine abstruse Kombination? Da musste doch etwas anderes hinterstecken. Und ganz nebenbei sollte man zumindest ihm schnellstmöglich die Lizenz zum Reden entziehen. Dagegen waren andere umweltbelastende Emissionen ja geradezu harmlos.
    Ich beschloss, eine blutdrucksenkende Fahrt auf dem Deich zu unternehmen. Ich kannte solche Leute zwar: Die betrieben niemals nur einen Dönershop, sondern dachten immer gleich in Mengen, Massen und Legionen, sprich in diesem Fall in Ketten und Konzernen und bekamen so todsicher nie etwas auf die Reihe. In der Regel waren sie völlig harmlos, doch sie nervten mich einfach. Denn das sind gleichzeitig die Typen, die mich mit meinen Sülzheimern bereits in der ersten Sekunde der Bekanntschaft wissen lassen, dass sie, sollten sie denn selbst einmal zur Feder greifen, sofort und völlig problemlos einen Bestseller produzieren würden. Darunter ging bei denen gar nichts. Müßig zu sagen, dass die normalerweise nicht einmal einen Einzeiler zu Papier brachten.
    Eine ganze Weile beobachtete ich einen Kormoran auf der Mole vor den renaturierten Salzwiesen, die deichlos zwischen dem Schönberger Strand und Hohenfelde liegen. Er trocknete seine Flügel im Wind, wobei er aussah wie Jesus am Kreuz. Was mich unweigerlich auf die Grundgütige brachte und damit erneut auf Johannes. Was hatten die beiden bloß mit ihm gemacht? Ich zuckte zusammen, als über mir eine Möwe loskreischte. Ob er überhaupt noch lebte? Oder hatten sie ihn bereits samt seiner Mutter verscharrt, um sich Hollbakken in Gänze unter den Nagel reißen zu können? Gesehen hatte ich weder ihn noch die Mama. Und Nirwana war schließlich auch wie vom Erdboden verschluckt gewesen.
    Du spinnst, Hemlokk. Nun mach mal halblang, mahnte eine innere Stimme. Sie hatte ja recht. Trotzdem beschloss ich, Johannes heute Abend anzurufen. Nur so zur Sicherheit.
    Und ich musste natürlich schleunigst Greta fragen, ob sie die Verdoehls tatsächlich erst seit Kurzem kannte. Denn es war schon ein äußerst merkwürdiger Zufall, dass die beiden Multimilliardäre in spe just zu dem Zeitpunkt herzogen, als auch sie sich entschloss, in Bokau Sicherheit und Schutz zu suchen. Existierte da möglicherweise eine Verbindung, die mir weiterhelfen konnte?
    Ein radelnder Senior näherte sich der Mole. An seinem Lenker hing ein Fahrradradio, aus dem schnulzige Weisen das Klatschen der Wellen auf den Stra-ha-hand, die Wei-hei-heite des Meeres und die Seh-he-hensucht nach fer-her-her-nen Ländern beschworen. Und den Seemann mit dem einsamen Herzen, der beim Klabautermann nicht anders kann, als eben Seemann zu sein, weil: siehe oben. Der Rentner dudelte selbstredend leise, wie es sich für einen verantwortungsbewussten Menschen gehört, der nichts mit einem sechzehnjährigen Ghettoblasterträger zu tun haben möchte. Verstehen konnte ich ihn trotzdem nicht. Wieso machte der Mann nicht einfach das Radio aus und die Ohren auf? Dann hatte er sie doch, die maritime Atmosphäre. Live sogar. Zum zweiten Mal an diesen Tag flüchtete ich auf meinem Rad.
    Auf der Autofahrt nach Flensburg am nächsten Tag goss es wie aus Kübeln. Stetig, ständig und zwischendurch auch noch sintflutartig. Ich fuhr langsam, was ausschließlich an den

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