Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
Vom Netzwerk:
hatte sich inzwischen wieder in Marsch gesetzt, hatte Hannelore umrundet, schaute ihr tief in die Augen – und biss ihr in den Kopf. Sie zischte, was ich verstehen konnte, denn sie blutete nach diesem heimtückischen Attentat. Ich sprang auf, schnappte mir Gustav und setzte ihn unsanft beiseite. Das Vieh war ja eindeutig verhaltensgestört!
    »Du musst wohl mal mit ihm zum Doktor«, brachte Harry es auf den Punkt, »obwohl ich ehrlich gesagt wenig Hoffnung hege, dass ihm eine Therapie helfen wird. Aber vielleicht irgendwelche Pillen? Ich weiß, du liebst ihn, Hemlokk, aber dein Schätzchen hat wirklich eindeutig einen Span locker. Ich fürchte, damit musst du dich abfinden.«
    Ich maß meinen Kröterich mit einem unsicheren Blick. Mein Gustav, Gefährte meiner Kindertage und in so manchen schweren Stunden das einzige Lebewesen, dem ich vertrauen konnte. Und nun dies. Das Objekt meiner Trauer kratzte das alles überhaupt nicht. In Windeseile drehte er sich um und nahm erneut Kurs auf Hannelore. Und wieder ging das Spiel von vorn los. Er biss ihr in Kopf und Beine, sie rannte weg, er hinterher, rammte sie mit Wucht in die Seite, sie flüchtete, er versuchte, hinten draufzukommen, rutschte ab … und auf ein Neues.
    Mir reichte es, doch Harry hielt mich kopfschüttelnd zurück. »Lass sie. Ich glaube, es ist okay. Ich erinnere mich gerade an einen Film über Nashörner. Bei denen dachte man auch zunächst, die bringen sich um. Dabei gehörte das zum Vorspiel, wie man jetzt weiß. Ein wenig brachial vielleicht, aber wer’s mag …«
    »Na, Hannelore bestimmt nicht!«, schnappte ich, der Armen ganz in weiblicher Solidarität verbunden. Nur wenn sie Maso und er Sado bevorzugte, hatten beide meiner Meinung nach etwas davon. Sonst näherte sich Gustavs Verhalten eher dem Tatbestand der Vergewaltigung. Mein Kröterich und in meinem Garten! Ich wusste, dass ich das erst einmal verdauen musste.
    Harry, der meine instinktive Reaktion bemerkte, meinte tröstend: »Andere Viecher, andere Sitten, Hemlokk. Hannelore würde es bestimmt überhaupt nicht goutieren können, wenn er mit einem Löwenzahnblatt in der Kauleiste vor ihr stünde und sie anhimmelte wie dein Dauerheld Richard.«
    »Nein«, gab ich zögernd zu. »Aber derart mit roher Gewalt zu wirken …«
    »Und du darfst auch nicht vergessen, dass die in der freien Wildbahn als Einzelgänger leben und nur ganz selten mal aufeinandertreffen. Da geht es nicht ständig so zu wie hier bei dir im Garten.«
    »Ja.«
    Harry seufzte. »Übertrag es doch nicht auf menschliche Verhältnisse, Hemlokk. Es sind Tiere, die als Art Jahrmillionen überlebt haben. Biologisch gesehen muss das also in Ordnung sein, und alles andere ist eine äußerst menschelnde Richard-und-Camilla-Sichtweise.« Das saß. Er wartete ein bis zwei Anstandssekündchen, dann räusperte er sich energisch. »Und wem gilt nun dein detektivisches Interesse, wenn ich nochmals fragen darf?«
    Durch Gustavs verstörende Loverqualitäten war ich dermaßen durcheinander, dass ich ihm widerstandslos alles erzählte: von Rolf Verdoehl, seiner Gattin Bettina und ihren D&D-Plänen sowie von meinem Verdacht, dass er sowohl Holz bei Plattmann klaute als auch möglicherweise Greta bedrohte, weil sie ihn zweifach gekränkt hatte. Ich berichtete von Haukes tragischem Tod und Gretas Gewissenslast, meinen Fahrten an die Westküste und zu Arthur Bebensee.
    »Die Arme«, war Harrys spontane Reaktion. »Der Junge ist zwar tot, aber Greta kann einem leidtun.«
    »Ja«, stimmte ich zu.
    »Und dieser Verdoehl scheint ja ein äußerst komischer Vogel zu sein. Dung und Döner … pfhhh, und bis die Fabrikhallen stehen, klaut er Holz, um zu überleben, meinst du?«
    »Möglich wäre es jedenfalls«, befand ich vorsichtig. So formuliert, klangen meine Schlussfolgerungen nicht gerade übermäßig überzeugend.
    »Ein Loser also«, sagte Harry jedoch nur.
    »Einer, der Dreck am Stecken hat. Das spüre ich«, beharrte ich.
    Harry biss sich auf die Lippen. Das war auch besser so, denn wenn er jetzt wieder Thomas anschwärzte, war der Ofen bei aller neu erwachten Freundschaft aus. Er tat es nicht. »Hat er Vorstrafen?«, erkundigte er sich stattdessen sachlich.
    »Verdoehl? Möglich, aber ich weiß es nicht.«
    »Das prüfen wir als Erstes. Ich kenne da eine Hauptkommissarin in Döhlin an der Diller, die ich anzapfen könnte.«
    »Tu das«, stimmte ich ihm zu, »aber dann weiß ich immer noch nicht, was er aktuell vorhat.«
    Gustav döste

Weitere Kostenlose Bücher