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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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einen ganzen Sack voller Aufträge beschert hätte. Vom überaus dreisten Hühnerdiebstahl – Pinkas natürlich ausgenommen – über den bislang unentdeckten Mord an der betagten schwerreichen Tante …
    Hör auf, wild in der Gegend herumzufantasieren, Hemlokk, sondern setz dich hin und denk nach!, raunzte mich jemand ziemlich genervt an. Es klang ganz nach meiner eigenen Stimme. Also tat ich ihr schleunigst den Gefallen. Dabei ging ich geradezu lobenswert sachlich vor, indem ich mit der Grundfrage anfing: Welche Informationen musste der Täter gehabt haben, um den Diebstahl erfolgreich ausführen zu können? Er musste natürlich genaue Kenntnis darüber besitzen, wo Plattmann seine trockene Buche lagerte. Damit wusste er, dass der Schuppen etwas abseits stand, mit dem Auto erreichbar und vom Wohnhaus nicht einsehbar war. Zudem musste ihm klar gewesen sein, dass bei Plattmanns kein misstrauischer Hofhund wachte und sich die Kehle wund bellte, sobald ein Fremder auftauchte. Die Bäuerin litt nämlich unter einer Hundehaarallergie. An all diese Informationen heranzukommen, war allerdings nicht sonderlich schwer. Nicht einmal für einen erst kürzlich Zugezogenen wie Rolf Verdoehl.
    Entweder hatte der Dieb – ich blieb ganz bewusst bei dieser Formulierung – beim Bauern selbst ganz legal ein paar Kubikmeter Holz erworben und sich dabei möglicherweise sehr interessiert umgeschaut, oder aber er hatte sich einfach im Dorf erkundigt. Man hätte ihm die Informationen garantiert ohne zu zögern gegeben. In Bokau kam niemand auf den Gedanken, einem dreisten Holzräuber gegenüberzustehen, der lediglich mit einem schnackte, weil er einen aushorchen wollte.
    Ratlos und missmutig trat ich schließlich den Rückzug an. Die Verdoehls, so hatte Plattmann auf meine Nachfrage zu allem Überfluss auch noch geknurrt, gehörten nicht zu seinen Kunden. Die kauften ihre Eier sowie ihr Holz drüben bei Heiner, habe er gehört. Und sie seien sehr nette Leute, die Größeres für die Region im Blick hätten, fügte er fast drohend hinzu, als ich den Mund aufklappte. Jedenfalls habe Hein das behauptet, weil sie vielleicht eine Fabrik auf seiner Wiese errichten wollten. Ja, genau auf der, die schon so lange brachlag. Na denn, der gute Mann würde noch früh genug merken, auf was für Schaumschläger er sich da eingelassen hatte.
    Als ich beim Haupthaus abstieg, um mein Rad den Weg zu meiner Villa hinunterzuschieben, vernahm ich plötzlich Stimmen. Das heißt, ich hörte eine Stimme, um genau zu sein, denn die anderen Gesprächsteilnehmer waren der Sprache nicht mächtig. »Bist schon ein flotter Feger, Hannelore«, säuselte Harry in vertraulichem Tonfall. »Wirklich ein klasse Fahrgestell, was Gustav?«
    Sieh an, der verlorene Sohn war heimgekehrt. Ich blieb mucksmäuschenstill stehen und lauschte ungeniert. Was er wohl bei mir wollte? Vielleicht Abbitte leisten für sein unmögliches Benehmen damals beim Brunch und für seine haltlosen Verdächtigungen gegen Thomas? Eher nicht, so gut kannte ich meinen guten alten Freund Harry. Oder hatte er etwa einen neuen Fall für mich? Nicht ausgeschlossen, aber ebenfalls kaum anzunehmen, denn ungelöste Rätsel lagen nicht wie Fallobst auf einer herbstlichen Streuwiese herum. Oder hatte er tatsächlich etwas über meinen Liebsten herausgefunden und war auf der Stelle herbeigeeilt, um es mir brühwarm zu erzählen? Eine Minisekunde wurde mein Mund trocken. Quatsch! Was war denn los mit mir?
    Etwas raschelte in meinem Rücken, und ich schoss herum. Eine Amsel, die zwischen trockenen Blättern nach einem saftigen Wurm pickte. Ich sah schon Gespenster.
    »Mensch, alter Schwede«, Harry hatte jetzt auf Kumpelton umgeschaltet, »Verzeihung, Grieche wollte ich natürlich sagen, nun mach dich doch endlich mal an die Dame ran. Gut gebaut bist du doch. Oder ist deine Männlichkeit am Ende durch die ewig weibliche Gesellschaft verkümmert?«
    Ewig weibliche Gesellschaft? Hannelore teilte unser aufregendes Dasein bekanntlich erst seit einem halben Jahr, also richtig sogar erst seit vier Wochen, denn vorher hatte sie im Kühlwürfel überwintert, was man ja nicht direkt aktive Teilhabe nennen konnte.
    Ich verließ meine Deckung. »Moin, Harry«, begrüßte ich meinen Besucher kühl und schob mein Rad äußerst energisch durch die geöffnete Gartenpforte.
    »Hallo, Hemlokk«, grunzte Harry keineswegs verlegen. In solchen Fällen war er komplett unempfindlich. »Ich dachte, ich lass mich mal wieder bei dir

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