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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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doch –«
    »Blödmann. Es geht in diesem Fall nicht um ihn. Also, wie …?«
    Er lehnte jetzt lässig mit verschränkten Armen in der Tür und hatte sichtlich Oberwasser. »Tja, Verbindungen halt. Wie man die so hat, Hemlokk.«
    Stimmte ja, Harry hatte merkwürdigerweise mit allen wichtigen Menschen dieser Welt einmal die Schulbank gedrückt. Wie das möglich war, wusste ich nicht, aber es war so. Er kannte jeden, der irgendwo etwas zu sagen hatte. Und jeder kannte ihn und konnte sich offensichtlich nichts Schöneres vorstellen, als stundenlang für Harry Gierke in irgendwelchen staubgeplagten Archiven herumzustöbern, in äußerst aufwendigen und zeitintensiven Verfahren nur halb vorhandene Fingerabdrücke zu vervollständigen oder verblichene Urkunden mit einem sensationellen neuen Ionen-Isotopen-Beschleuniger auf ihre Echtheit hin zu überprüfen. Ich besaß solche Verbindungen nicht, was er sehr genau wusste.
    »Na ja, ich habe im Internet recherchiert«, bequemte er sich endlich, mir Genaueres mitzuteilen, »bei Ämtern nachgefragt, deren Unterlagen eingesehen. An was man bei der ganzen Datenschützerei eben noch so herankommt.«
    Der Tee war fertig, und ich drückte ihm wortlos das Tablett mit den Tassen in die Hand. Die Kanne nahm ich selbst. Internet, natürlich, doch im Fall Rolf Verdoehl würde mich das bestimmt nicht sehr viel weiter bringen. Für so ein Foto, wie er nackt und knülle bis zur Halskrause auf einem Sofa schnarcht, war er zu vorsichtig und zu alt. Das findet man nur mit siebzehn brüllend komisch, danach wird es bedenklich. Und der Hinweis, dass die 10b der Realschule Tüttenhausen ihre dreißigjährige Abschlussfeier plane und Rolf V. doch bitte, bitte kommen und seine Mundharmonika mitbringen möge, würde mir auch nicht so direkt weiterhelfen.
    »Was macht der denn da?«, platzte Harry verblüfft in meine Überlegungen und deutete auf Gustav, der sich mittlerweile an Hannelore herangepirscht hatte. Du lieber Gott, das war doch wohl unverkennbar!
    »Hat Vati seinen kleinen Jungen seinerzeit nicht beiseite genommen und ihm das mit den Bienen und den Blümchen erklärt? Oder war es Mutti, die bei euch die roten Ohren bekam?«, säuselte ich im schlimmsten Lillifee-Tonfall, den ich mir ein bisschen wie Camilla-Sprech vorstellte, nur jünger.
    Doch Harry wusste meine Leistung überhaupt nicht zu würdigen. »Jetzt beißt er ihr schon wieder ins Hinterbein«, stellte er entgeistert fest.
    Ich stellte die Kanne ab. Tatsächlich, Gustav schnüffelte an Hannelores Hinterfront herum, und als sie vorsichtig ihr vor Schreck eingezogenes Bein wieder ausfuhr, schnappte er erneut zu. Und zwar feste, soweit ich das beurteilen konnte, und keineswegs zärtlich. Ob das lange Zwangszölibat meinen Kröterich hatte wunderlich werden lassen? Von wegen unterdrückter, nicht ausgelebter Triebe, die sich dann irgendwann tierisch in der Psyche rächten? Auf jeden Fall überredete man so keine Dame zu einer richtig heißen Nacht, und mein Richard wäre entsetzt gewesen. Zu Recht, wie ich fand.
    Harry hatte sich inzwischen schweigend gesetzt und hielt mir zerstreut die Tasse hin. Er war von dem Schauspiel, das die beiden Urzeitviecher boten, völlig fasziniert. Ich auch, muss ich gestehen, und ließ mich neben ihm nieder.
    »Ist das normal?«, erkundigte er sich zweifelnd im Flüsterton, als die verschreckte Hannelore anfing, sich vor ihrem rabiaten Galan in Sicherheit zu bringen. Gustav sauste hochbeinig und in einem Affenzahn hinter ihr her; so hatte ich ihn bislang lediglich rennen sehen, wenn es um eine Banane ging. Und dabei atmete er schwer.
    »Keine Ahnung«, antwortete ich ebenso leise wie wahrheitsgemäß, obwohl mit Sicherheit keinerlei Gefahr bestand, dass wir die beiden Turteltäubchen durch irgendeine Äußerung in ihrem Liebesgeplänkel stören konnten.
    Hannelore blieb jetzt stehen, legte sich friedlich wieder hin, und auch Gustav verharrte.
    »Na, wenn das alles war …«, witzelte Harry prompt. »Wie pflanzen die sich eigentlich fort? Durch Gedankenübertragung oder Zellteilung?«
    Ich würdigte ihn keiner Antwort, sondern überlegte stattdessen fieberhaft, wie ich ihn möglichst geschickt in die richtige Denkrichtung lotsen konnte.
    »Und wen willst du nun ausspionieren, Hemlokk? Sag’s dem guten alten Onkel Harry doch.«
    Mist.
    »Hemlokk?«, setzte er nach einer Weile scheißfreundlich nach.
    Ich deutete stumm auf Gustav. Und das war nicht nur Show, denn mein langjähriger Lebensgefährte

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