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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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offenbar um eine Geschichte, die einfach raus musste. Immer wieder.
    Außerdem war es damals für beide Seiten bestimmt nicht leicht gewesen. Die Flüchtlinge hatten alles verloren und wurden von den Einheimischen nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Ich stellte mir die Reaktion von Bauer Plattmann vor, als die britische Besatzungsmacht ihm eine Familie mit mehreren Kindern in die gute Stube gesetzt hatte. Ich wäre nicht gern an ihrer Stelle gewesen. An seiner allerdings auch nicht, musste ich mir eingestehen und dachte an meine Villa, mein Refugium, das ich möglichst mit keinem Menschen teilen wollte.
    Endlich kam unser Kaffee, und ich nutzte die Pause, um Almuth Pomerenke noch einmal auf den Anrufer zu bringen. Doch es war witzlos. Entweder konnte oder wollte sie nichts sagen, und auch der Name Rolf Verdoehl brachte in ihrem Gedächtnis keine Saite zum Klingen.
    »Was geht Sie das eigentlich alles an, wenn ich so direkt fragen darf?«, wandte sich Almuth stattdessen unvermutet und mit rosigen Wangen an mich. »Eine Freundin von Greta. Ha! Sie hat noch nie von Ihnen erzählt!«
    Es half also nichts. Mutti konnte nicht mehr mit der nervenschonenden Freundinnen-Variante abgespeist werden. Greta als fürsorgliche Tochter hatte darauf bestanden, damit Almuth sich nicht allzu sehr echauffierte. Tat sie jedoch gar nicht, war mein Eindruck.
    »Ich arbeite als Privatdetektivin«, klärte ich sie also umgehend auf.
    Sie stellte ihr Glas so abrupt ab, dass es klirrte. Ihre Augen leuchteten. »Mensch, das hätte ich auch für mein Leben gern getan. Aber in meiner Generation war daran nicht zu denken. Nach der Aufbauphase in den Fünfzigern gehörte eine Frau schleunigst wieder an den Herd. Darauf spendiere ich noch einen Cognac, Hanna.«
    Es war wie ein zweifingerbreiter Ritterschlag, und sicherheitshalber kutschierte uns Greta nach Hause.
    Thomas hatte auf den Anrufbeantworter gesprochen. In der letzten Maiwoche habe er uns ein Haus am Ringkøbing Fjord gemietet. Für eine Woche, wie verabredet. Er hoffe doch sehr, dass der Termin passe. Aber eigentlich sähe er da keinerlei Probleme, weil ich beruflich doch flexibel sei. Apropos flexibel! Da wäre noch eine Kleinigkeit, die er fast vergessen hätte. Sarah, seine Tochter – als ob ich unter fortschreitendem Gedächtnisschwund leiden würde –, habe den Vorschlag unterbreitet, uns drei Tage lang Gesellschaft zu leisten. Zum Kennenlernen. Sie freue sich schon tierisch darauf, und er finde den Gedanken ebenfalls super, weil dann alles so zwanglos ablaufe. Er habe Sarah also gesagt, dass ich bestimmt nichts dagegen hätte. »Oder?«, hängte er rhetorisch an. Ich drückte die Löschtaste. Und ob ich etwas dagegen hatte! Wir waren schließlich kein altes Paar, das sich in Routine flüchten konnte, wenn es brenzlig wurde. Bei uns war alles neu und ungewohnt. Zudem mag ich es nicht, wenn ich über meinen Kopf hinweg verplant werde. Und außerdem hatte ich schlicht und ergreifend Schiss, auch wenn dieser Teenie tatsächlich wie versprochen zur abgeklärten Sorte gehören sollte.

VII
     
    Am nächsten Morgen wachte ich früh auf, öffnete mein Schlafzimmerfenster, lauschte einem Moment dem schmetternden Gesang eines Zaunkönigs und atmete dabei den schweren Rapsduft ein, der von den umliegenden Feldern über den See waberte.
    Es war erst halb sieben, und der Postbote erschien normalerweise nicht vor elf. Allerdings konnte es natürlich Ausnahmen geben; möglicherweise hatte der Bundestag ja unlängst ein Verbot aller Postwurfsendungen beschlossen, die Handys mit integrierter Mikrowelle und angeschlossenem Schnellwaschgang feilboten, was dem guten Mann pro Tag bestimmt fünf Stunden mühseligen Gerennes ersparte.
    Ich sprang hurtig aus dem Bett, duschte ziemlich hastig und schlang mein Frühstück mit krokodilartigen Bissen hinunter, was sonst bekanntlich nicht meine Art ist. Aber heute sollte die Wanze eintrudeln.
    Und ganz theoretisch konnte es eben sein, dass der Postillon tatsächlich bereits innerhalb der nächsten zehn Minuten an meine Tür donnerte. Tat er natürlich nicht. Alles blieb still. Trotzdem schien die Sonne, der Passader See glitzerte unter ihren Strahlen. Ein einsamer Angler dümpelte in seinem Ruderboot vor sich hin, schweigend, brütend, dösend. Ich räumte mein Geschirr weg und beschloss, dem Wohnzimmer meine geneigte Aufmerksamkeit zu widmen, denn von da aus hatte ich den besten Blick auf den Weg, der hinab zu meiner Villa führte.
    Ich kramte Eimer,

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