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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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war allerdings immer noch sichtbar auf der Hut.
    »Könnten wir uns vielleicht irgendwo hinsetzen und in Ruhe reden?« Ich schaute mich demonstrativ in dem leeren Laden um. »Allzu viel los ist ja nicht.«
    »Ja. Gut. Obwohl ich nicht weiß, was das soll. Aber wenn Kundschaft erscheint –«
    »– sausen Sie raus und verkaufen rasch einen Wagen für 50.000 Piepen. Ist schon klar.«
    Er rang sich ein knappes Lächeln ab und führte mich zu einer Sitzgruppe, in der sonst wohl über elfenbeinerne Schaltknüppel oder beheizbare Nappaleder-Sitzflächen verhandelt wurde. Er wartete – ganz Gentleman –, bis ich mich gesetzt hatte, tat es mir nach und schwieg anschließend entschlossen.
    »Herr Gallwitz«, begann ich, »Sie haben bestimmt von der Tragödie um Hauke und Greta gehört, oder irre ich mich da?«
    »Ja, hab ich. Sie hat dem kleinen Jammerlappen mit einem Lenkdrachen den Kopf zertrümmert.« Er lehnte sich entspannt zurück. Die Spur »liebender Stiefvater« war offenbar schon eiskalt, bevor sie überhaupt Raumtemperatur angenommen hatte.
    »Es war ein Unglücksfall«, bemerkte ich pikiert, »der Greta wirklich bös mitgenommen hat.«
    »Kann ich mir vorstellen«, nickte er. Es klang unangemessen gleichmütig. Seine nächsten Worte widerlegten diesen Eindruck, allerdings in einer Art und Weise, mit der ich nicht gerechnet hatte: »War der Junge denn jedenfalls sofort tot? In der Zeitung stand das ja nicht so genau. Direkt durch den Kopf …«, sinnierte er fast schon genussvoll.
    »Ja.«
    »Wumm. Er muss nichts gemerkt haben. Und wenn er noch gelebt hat, war er bestimmt bewusstlos oder hatte einen Schock.«
    »Herr Gallwitz«, sagte ich schwach. War der Mann etwa pervers?
    »Also, ich frage nur, weil es Greta doch so mitgenommen hat.«
    Ich glaubte ihm kein Wort. Er erkundigte sich so ausführlich, weil er die Umstände von Haukes Tod schlicht faszinierend fand. Interessant. Wenn ihm der schiere Horror anderer dermaßen Freude bereitete, war er sicher auch imstande, seine Ex-Frau mit Anrufen zu quälen.
    »Sie hat an dem Kind gehangen.« Er sah demonstrativ auf die Uhr. »Aber was hat das alles nun mit mir zu tun? Die Zeit ist vorbei. Passé. Ich bin wieder verheiratet, und zwar glücklich dieses Mal und ohne pausenlos jammerndes Gör, das einem den Nachtschlaf und die Frau raubt.« Er grinste. Wölfisch, wie er wohl fand. Auf mich wirkte es eher schmierig. »Wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Oh ja, das tat ich. Sie war permanent müde, und er wollte mich wissen lassen, dass er immer konnte und es als echter Mann auch bitter nötig brauchte, weil er sonst am Triebstau erstickt wäre.
    »Greta bekommt seit geraumer Zeit Drohanrufe«, teilte ich ihm betont sachlich mit.
    »Wegen Haukes Tod? Na, das hätte ich ihr nun wirklich nicht zugetraut«, entfuhr es ihm ehrlich verblüfft.
    »Zugetraut?«, insistierte ich. Der Typ war ja noch schlimmer, als gedacht. »Das klingt ja gerade so, als hielten Sie dies für eine Leistung.«
    Er besaß jedenfalls genug Anstand, um verlegen auf seinem Stuhl hin- und herzurutschen. »Unsinn. So habe ich das nicht gemeint. Aber Greta ist nun einmal eher eine kleine graue Maus. Und wer sollte die mit solchen Anrufen belästigen? Und wes–« Er brach ab. »Oder ist das in Wahrheit so ein Spanner, der am Telefon seine sexuellen Fantasien auslebt und gar nicht weiß, wie sie aussieht?«
    »Nein.«
    »Nicht? Und Sie wissen das ganz genau?«
    »Ich habe selbst mit ihm telefoniert. In diese Richtung ging der Anruf nicht.«
    »Okay, gut, war nur so eine Idee von mir. Man hört das ja immer wieder. Und wenn eine Frau allein lebt … Sie hat doch keinen Neuen, oder?«
    Ich ignorierte die Frage und erzählte ihm stattdessen, dass ich bereits mit Arthur Bebensee und Almuth Pomerenke gesprochen hatte, was ihm ein grimmiges »Die alte Hexe hat mich nie gemocht« entlockte. »Aber beide konnten mir keinen Hinweis auf den Täter geben«, schloss ich.
    »Ist ja eigentlich auch Sache der Polizei und nicht der Freundin.«
    Ich klärte ihn nicht über meinen Job auf. Wenn er mich lediglich für eine gute Bekannte Gretas hielt, würde er mich automatisch unterschätzen und mehr ausplaudern. Jetzt schnaubte er auch noch geringschätzig durch die Nase. Ein einzelnes Haar lugte aus dem linken Loch hervor und verdarb den ganzen schönen Eindruck.
    »Und Sie meinen nun, der alte Frieder steckt dahinter? Da kann ich Ihnen nur sagen: never!« Er beugte sich vor. »Ich gebe Ihnen einen Tipp. Wenn es

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