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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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es unfallfrei über die Lippen zu bekommen, »also dieses Zeugs hemmt die Blutgerinnung. Der Junge lief bei der OP fast bis auf den letzten Tropfen aus. Aber Greta hat einfach nicht gewusst, dass Aspirin so wirkt. Sie dachte, dass die Pillen dem Jungen helfen würden.« Er warf einen prüfenden Blick zu den beiden Yuppies, die im Flüsterton vor einer todlangweiligen Limousine palaverten. Gallwitz schürzte leicht die Lippen, bevor er fortfuhr: »Aber das war es gar nicht, was ich erzählen wollte. Als beide wieder zu Hause waren, erschien nämlich Almuth, die gute Samariterin, und kümmerte sich. Und wissen Sie, wie lange die bei uns blieb?« Er wartete die Antwort nicht ab, sondern stöhnte: »Geschlagene dreieinhalb Wochen. Dreieinhalb Wochen! Es war die Hölle auf Erden. Die konnte mich nicht leiden, Greta nicht und den Jungen wahrscheinlich ebenfalls nicht. Trotzdem blieb sie. Da sollten Sie mal bohren, Frau … äh …«
    »Hemlokk.«
    Jetzt endlich stand er auf, nickte mir kurz zu, taxierte das Paar etwas länger, setzte sein Verkäuferlächeln auf und führte sie schnurstracks zu der Flunder, die er auch mir hatte andrehen wollen.
    »… ans Herz gewachsen. Verkaufe sie höchst ungern«, hörte ich ihn im Hinausgehen den Standardspruch abspulen. Aber klar doch.
    Es war noch recht früh am Nachmittag, aber nach den Moorleichen im Landesmuseum oder knüppelschwingenden Wikingern in Haithabu war mir nach der Begegnung mit Frieder Gallwitz irgendwie nicht. So beschloss ich, um den schalen Geschmack im Mund loszuwerden, den die Begegnung mit dem Autohändler hinterlassen hatte, sowie um in Ruhe über alles nachdenken zu können, den hochgelobten Gottorfer Globus in Augenschein zu nehmen.
    Ich schmiss meinen Wagen an, startete Richtung Schloss, querte die baumgesäumte Brücke zum Vorplatz, ließ mein Vehikel dort stehen und spazierte als Erstes an der Halle mit dem Nydamboot vorbei links hinunter zum See. Wahrscheinlich konnte ich gar nicht anders. Durch meine Villa war ich auf Wasser konditioniert wie der Pawlow’sche Hund auf die Glocke.
    Der See lag da wie ein Teller, glatt, glänzend, ja fast wie poliert. Ich setzte mich auf eine Bank und sah versonnen einem Blesshuhn zu, das völlig unbeeindruckt von so viel Kultur um es herum durch das Schilf paddelte. Es war ein friedlicher Anblick und entschädigte ein bisschen für Frieder Gallwitz’ Freude an blutigen Szenarien. War der Mann wirklich ernsthaft pervers und ein Fall für meinen Psychiater-Verehrer Axel? War er vielleicht derjenige, den ich suchte? Ein gestörter Mensch, der sich an Gewalt und Leid berauschte und davon gar nicht genug bekommen konnte? Das Blesshuhn quakelte.
    Es war schon seltsam, ich fand seine Fantasien zwar ohne Zweifel eklig, aber in der milden Sonne, bei ruhiger Überlegung und mit etwas Abstand nicht einmal ansatzweise so bedrohlich wie noch vor einer Stunde in seiner Autobude. Der Mensch war ein egozentrischer Schönling und keineswegs mein Fall, ja; für gefährlich in dem Sinne, dass er persönlich jemanden quälte und sich daran weidete, hielt ich ihn jedoch nicht. Aber Moment! Mit der telefonischen Bedrohung Gretas sah es hingegen schon wieder anders aus. Vielleicht hielt er das Ganze in seinem verdrehten Hirn wirklich nur für einen Scherz. Ich würde Frieda jedenfalls sicherheitshalber im Auge behalten. Nichtsdestotrotz würde ich allerdings seinen Auslassungen über Almuth Pomerenke Beachtung schenken, auch wenn aus ihnen zweifellos der gekränkte und nie akzeptierte Schwiegersohn sprach.
    Gretas Mutter war mir bei meinem Besuch allerdings wie eine ganz normale ältere Frau vorgekommen. Ein bisschen fahrig vielleicht und ein ganzes Stück in der Vergangenheit lebend, aber das war für dieses Alter völlig normal. Wie der Hausmeister an der Hermann-Göring-Schule hieß, war mit Mitte siebzig eben weitaus präsenter als das Mittagessen, das zwei Stunden zurücklag. Da kommen wir alle hin. Doch bösartig, wie Frieder Gallwitz behauptete, hatte Almuth Pomerenke nicht auf mich gewirkt. Gut, das Mutter-Tochter-Verhältnis schien ein wenig gespannt zu sein, doch das hielt sich im normalen Rahmen, soweit ich es beurteilen konnte. Und Greta hatte immer nur liebevoll von ihrer Mutti gesprochen und nie auch nur den Hauch einer Andeutung fallen lassen, dass da noch etwas anderes sein könnte.
    Ganz sicher sollte ich Greta noch einmal zu ihrem Ex-Mann Nummer zwei befragen. Hatte sie an ihm vielleicht hin und wieder sadistische bis

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