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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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jedem Knochen. Ich beobachtete sie eine Weile verstohlen. Nein, dieses pure Entsetzen war nicht gespielt. Das war echt. Darauf hätte ich meine Reputation als private eye verwettet. Und Gustav noch dazu. Zu exakt dem gleichen Schluss war Marga offenbar ebenfalls gekommen, denn ihre Lippen formten ein wortloses »Tut mir leid, hab mich geirrt« in meine Richtung.
    »Hast du etwas gehört, als er … äh … es ablegte?«, fragte ich Greta behutsam, als der Kaffee dampfend vor ihr stand.
    »Nein«, flüsterte sie mit unnatürlich weit aufgerissenen Augen, »ich wollte bloß ein Stück spazieren gehen und wäre fast hineingetreten.« Sie bekam eine Gänsehaut vor Ekel. Ich konnte es mühelos nachempfinden.
    »Als du zu mir heruntergekommen bist, Marga, lag da schon etwas bei Greta auf der Matte?«
    »Nein, ich glaube nicht, aber ich habe überhaupt nicht darauf geachtet, muss ich gestehen.«
    »Heute Morgen war ich bei Bäcker Matulke«, murmelte Greta immer noch völlig aufgelöst. »Da lag noch nichts.«
    Also wurde das Tier irgendwann im Laufe des Tages dort deponiert. Als die Bahn frei war. Und Bettina hatte ihren Rolf gemahnt, ja »alles« zu erledigen. Na bitte. Da war er doch endlich, der lang ersehnte erste Ansatzpunkt. Ich blickte zu Marga hinüber und sah ihr an, dass auch ihr diese Verbindung aufgefallen war.
    Doch dabei blieb es auch dummerweise. Und zwar die ganze nächste Woche über. Der angekündigte Polizeibeamte erschien, stellte Fragen, machte sich Notizen und verschwand wieder. Rolf und Bettina sahen fern, dass das Gerät qualmte, und er beschwor unentwegt seinen bevorstehenden Durchbruch als Dung-und-Döner-Unternehmer, was sie mit bewundernswerter Gelassenheit hinnahm. Doch Plattmanns Holz erwähnten sie ebenso wenig wie Greta. Die erhielt lediglich eine Trost-Essenseinladung von Arthur Bebensee, der sich ganz allgemein nach ihrem Befinden hatte erkundigen wollen und sogleich mit der neuesten Entwicklung bekannt gemacht worden war. Weitere Drohanrufe oder verwesende Liebesgaben gab es nicht.
    Es war – gelinde gesagt – zum Verzweifeln. Nichts rührte sich, der Fall schien festgefahren, und ich beschloss nach dieser Woche entnervt, mich noch einmal mit Almuth Pomerenke zu befassen: Womöglich wusste sie etwas über Gallwitz’ abartige Vorlieben? Und bestimmt äußerte sie sich mir gegenüber freier, wenn ihre Tochter nicht dabeisaß oder ihr jeden Schluck des köstlichen Cognacs in den Schlund zählte und drohte, ihr gesamtes Inneres spiegeln zu lassen.
    Außerdem war Ex-Ehemann Nummer zwei dermaßen schlecht auf die alte Dame zu sprechen gewesen, dass es sich gewiss lohnte, auch in dieser Richtung noch einmal zu bohren. Bösartigkeit ist schließlich ein schwerer Vorwurf. Zwar konnte die gute Almuth ihrer Tochter die blutige Ratte nicht höchstselbst vor die Tür gelegt haben, doch der Junge, dieser Zivi, zu dem sie so ein gutes Verhältnis pflegte, schon.
    In der darauffolgenden Woche machte ich mich also auf den Weg zu Almuth Pomerenke. Es war alles genau wie beim ersten Mal, außer dass ich auf dieser Fahrt in Eckernförde einen Zwischenstopp einlegte, um in weiser Voraussicht am Hafen ein dick belegtes Fischbrötchen zu vertilgen, damit mich der Cognac nicht auf völlig nüchternem Magen erwischte.
    Auf mein geschmettertes »Guten Tag« hin murmelten ein paar der Bewohner in der Eingangshalle tatsächlich einen Gruß. Die anderen schwiegen wie gehabt, und ich hastete den Gang entlang, der zu Almuth Pomerenkes Zimmer führte. Niemand kam mir heute entgegen. Es war Mittagsstunde, und man hielt offenbar Siesta. Doch gerade, als ich die Hand hob, um zu klopfen, meinte eine Stimme hinter mir: »Das ist aber nett, dass Sie Frau Pomerenke schon so bald wieder besuchen.«
    Ich drehte mich um. Der junge Zivi lachte mir arglos ins Gesicht, während er einen Wagen mit diversen Schüsselchen und Schälchen voll mit Pillen an mir vorbeischob.
    »Hallo, Fabian!«, grüßte ich geistesgegenwärtig. Er blieb stehen und sah mich verdutzt an.
    »Sind Sie Lehrerin?«, fragte er verblüfft.
    »Nein, wieso?«, entgegnete ich genauso überrascht.
    Er grinste verlegen. »Na, weil die sich doch in Windeseile zwischen zwanzig und dreißig Namen merken müssen. Und da dachte ich …«
    Er war neunzehn, schätzungsweise. Ein Milchgesicht mit blondem Pferdeschwanz, blitzweißen, weder von zu viel Tee noch zu viel Rotwein angekränkelten Zähnen und einer Haut, auf der es noch pickelte.
    Ich beugte mich vor. Einen

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