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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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Ratten malträtieren sollte?« Sie zuckte mit den Achseln und strich sich eine Haarsträhne aus dem mittlerweile leicht geröteten Gesicht. »Ich sehe nämlich weit und breit kein Motiv für mich. Oder hasse ich Ihrer Meinung nach Greta einfach so?«
    Dies war ja wohl in so einem Fall entschieden die falsche Wortwahl. Gründe gab es immer, und die brauchten nicht unbedingt rational zu sein, was den Rahmen noch einmal um ein erkleckliches Motivbündel erweiterte. Vielleicht neidete Almuth Greta die beiden Ehemänner tatsächlich in keiner Weise, vielleicht hielt sie ihren Spross jedoch für eine Abgesandte des Höllenfürsten? Oder sie rächte sich für eine längst angestaubte Gemeinheit, die ihr die Tochter als Zwanzigjährige zugefügt hatte? Vielleicht meinte sie ja auch … Hör auf, Hemlokk!
    »Wie standen Sie zu Ihrem Stiefenkel, Frau Pomerenke?«, fragte ich stattdessen.
    »Also daher weht der Wind. Das sagte ich Ihnen doch bereits. Ich mochte ihn. Wie übrigens mein Mädchen auch. Obwohl sie mir manchmal gehörig auf die Nerven geht mit ihrer übertriebenen Fürsorge und dem ewigen Arztgequengel.« Sie wandte das Gesicht ab und schaute versonnen in den Innenhof des Heims. Er war bis auf ein paar Spatzen leer. »Hören Sie, Kindchen, Greta hat es nicht immer leicht gehabt in ihrem Leben. Möglicherweise ist das ein Grund …«
    Sie ließ das Ende des Satzes in der Luft hängen, und ich horchte auf. »Was meinen Sie damit, Frau Pomerenke?«, stupste ich sie an. Auf dem Flur lachte jemand laut und herzhaft. Dann wurde eine Tür geschlossen.
    »Bitte?«
    »Was meinen Sie –«
    Jetzt warf sie mir einen gereizten Blick zu.
    »Na, die beiden Männer, mit denen es nicht klappte. Dann die Zeit im Heim, die zwar kurz war, die sie aber trotzdem nicht vergessen kann. Ich musste mich damals um meine Ausbildung kümmern, damit ich uns beide durchbringen konnte. Und auf Mütter mit Kindern nahm man in den Fünfzigerjahren keine Rücksicht. Die galten der Gesellschaft in erster Linie als Moralrisiko. Erst heute sieht man das ein bisschen anders. Na ja, und schließlich Hauke, der Junge, den sie aufnahm und der von Anfang an kränkelte und ihre komplette Fürsorge benötigte. Nein, sie hat es wirklich nicht leicht gehabt, meine Greta. Mit allem nicht, aber besonders mit dem Kind nicht.«
    »Arthur Bebensee und Frieder Gallwitz haben mir da schon einiges erzählt«, stimmte ich zu. »Das muss wirklich eine harte Zeit gewesen sein. Hat Greta manchmal eigentlich bereut, dass sie Hauke nach dem Tod seiner leiblichen Mutter zu sich genommen hat?«
    »Nein, niemals«, kam es wie aus der Pistole geschossen. »Und über was haben die beiden Männer so geplaudert, wenn ich fragen darf?« Es sollte beiläufig klingen, tat es aber nicht. Sie war neugierig, eindeutig. Und um mich milde zu stimmen, schenkte sie uns noch einmal großzügig nach.
    »Die Flasche ist wirklich hübsch«, bemerkte ich, um sie noch ein wenig hinzuhalten. Sie drehte den metallenen Verschluss entschlossen fester.
    »Hat Greta mir geschenkt, als sie ein Kind war. Ich glaube, sie entdeckte sie in dem Tante-Emma-Laden bei uns um die Ecke. Seitdem fülle ich meinen Cognac immer um. Aber Sie wollten von Arthur und Frieder berichten!« Frieder, nicht Frieda. Sie war wirklich neugierig.
    »Ach ja. Also beide haben den Jungen als ewig kränklich geschildert und gesagt, dass sie anfangs erhebliche Schwierigkeiten hatten, sich auf ihn einzustellen, wobei Bebensee wesentlich weniger genervt schien als Gallwitz. Der hat mir geradezu genüsslich und in aller Ausführlichkeit von Haukes Wehleidigkeit und der verkorksten Mandeloperation berichtet, während Arthur lediglich nebenbei von der Pflanze, die Hauke krank gemacht hat –«
    »Der Herkulesstaude. Ja, das war schlimm. Daran kann ich mich bestens erinnern. Und Gallwitz hat sich damals benommen wie ein ungezogenes Kind. Immer hat er gequengelt. Mein Gott, das Kind rang mit dem Tod und er … ach, was soll’s.« Sie zögerte einen winzigen verräterischen Moment, bevor sie fortfuhr: »Das Drama mit dem Salz haben die beiden nicht erwähnt? Nein, Arthur konnte es ja gar nicht wissen, denn das war nach seiner Zeit. Und warten Sie, in diesem Falle habe ich dem Gallwitz auch Unrecht getan. Das war nach der Scheidung, da wohnten Greta und Hauke schon bei mir.«
    »Was für ein Drama war denn das?«, ermunterte ich sie, als sie schwieg. Wenn ich sie am Reden hielt, sprang vielleicht doch noch etwas für meine

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