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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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einfach nicht zu. Na ja, ihr vielleicht noch, doch dem Jungen mit dem unschuldigen Pickelgesicht auf keinen Fall. Wenn Gretas Mutter überhaupt eine Rolle in diesem Drama spielte, musste sie einen anderen Helfershelfer haben. Aber wen? Und die Verdoehls? Es war doch wie verhext! Hatten die bei meiner Lauschaktion womöglich doch von Greta gesprochen und keineswegs von Plattmanns Holz? Hatte mich meine kriminalistische Intuition also an der Nase herumgeführt?
    Ich biss die Zähne zusammen, bis die Plomben schmerzten. Tja, Hemlokk, hörte ich Harry lakonisch sagen, du hast dich also höchstwahrscheinlich geirrt. Und weshalb, teuerste Freundin? Weil du dich nicht an die Fakten gehalten hast. Die sind nämlich das Einzige in diesem Geschäft, worauf du dich verlassen kannst. Alter Besserwisser! Einen kurzen Moment haderte ich ernsthaft mit mir selbst, doch dann erteilte ich mir die Absolution. Ich hätte durch die vagen Andeutungen wirklich nicht wissen können, was Sache war. Und dann hatte ich mich offenbar falsch entschieden. Pech.
    Ich schaute zu Marga hinüber, die die wimmernde Greta sanft hin- und herschaukelte. »Polizei?«, fragte ich lautlos.
    »Keine Zeit«, erwiderte sie ebenso stumm.
    Daraufhin eilte ich in ihre Wohnung und wählte den Notruf. Man stellte mich zum diensthabenden Revier durch, und ich berichtete, was vorgefallen war. Sie versprachen, sofort jemanden zu schicken. Dann wollte ich wieder hinübergehen, doch Marga und Greta kamen mir entgegen.
    Letztere sah wirklich schlimm aus. Wie die sprichwörtliche Leiche auf Urlaub: bleich, fahle Haut und die Augen tief in den Höhlen versunken. Nur der hektische, angstvolle Blick zeigte an, dass die Arme jedenfalls noch halbwegs unter den Lebenden weilte. Marga drückte das zitternde Bündel behutsam auf einen Stuhl. Greta sah mich an.
    »Ich mache, was er will, Hanna. Gleich morgen setze ich eine Anzeige in alle Zeitungen, und da schreibe ich alles hinein, was er will. Alles. Und er hat ja auch recht, ich bin schuld an Haukes Tod. Ich allein.«
    »Greta …«
    »Nein, es stimmt schon, er hat recht. Ich habe es nur nicht wahrhaben wollen. Aber ich habe Hauke doch noch Richtung Wasser geschickt, und da ist es natürlich kein Wunder … bei dem Wind und vor allem bei der Windrichtung. Denn –«
    »Greta«, wiederholte ich sanft.
    Endlich verstummte sie.
    »Das ist kein guter Weg«, erklärte ich ihr mit watteweicher Stimme. »Wir brauchen Fakten. Nur das allein hilft. Alles andere nicht.« Ich vermied das Wort »Selbstanklage« geflissentlich. Man musste dem armen Wesen wahrlich nicht noch mehr zusetzen.
    »Ja«, hauchte sie und schaute mich mit gläubigen Augen an, als ich neben ihr niederkniete und ihre eiskalten Hände ergriff.
    »Hat er dieses Mal irgendetwas hinterlassen, Greta? Eine direkte Drohung? Eine normale Mitteilung vielleicht? Oder ein anderes Zeichen?«
    »In dem Müll?«, mischte sich Marga bitter ein und untergrub so mit einem Schlag meine ausgefeilte Verhörtaktik. »Wir haben uns nicht umgeschaut, aber ich bezweifle sehr, dass du etwas finden wirst. Und die Wohnung ist doch nun wirklich ›Zeichen‹ genug. Was soll das Schwein da noch schreiben?«
    Ich funkelte sie an. Und endlich verstand sie, kreuzte abwehrend die Arme über die Brust und trat ans Fenster, um sich ganz dem idyllischen Anblick des ruhig daliegenden Passader Sees widmen zu können.
    »Greta?«, sagte ich leise.
    »Nein, da war nichts. Ich habe auch nichts gesehen, da hat Marga schon recht. Und Mutti konnte dir ebenfalls nicht helfen, nicht wahr? Du warst doch wegen der Ratte bei ihr, hat sie mir erzählt.«
    So lautete also Almuths harmlose Version. Ich würde mich natürlich, solange es ging, daran halten. Schon allein im Interesse ihrer Tochter. »Ja, ich habe deine Mutter besucht. Und nein, sie hat mir leider nichts Neues erzählen können.«
    »Es ist so gemein«, flüsterte Greta.
    »Ja«, stimmte ich ihr grimmig zu und unterdrückte den fast schon übermächtigen Wunsch, Rolf Verdoehl links und rechts eine runterzuhauen. So ein mieser, dreckiger Hund! Der Mann war ja richtiggehend kriminell und nicht lediglich ein kleiner Gauner, der sich mehr schlecht als recht durchs Leben mogelte und sich dabei auch noch für King Louie hielt. Nein, der Typ war ein Großganove, der, ohne mit der Wimper zu zucken, über Leichen ging und dabei vor nichts zurückschreckte! Aber Stopp mal, das stimmte doch gar nicht …
    Einen Moment hockte ich da wie das Standbild des Denkers

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