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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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von Rodin. Rolf Verdoehl war ein Wicht. Daran gab es keinen Zweifel. Und dieses hier war todsicher eine Nummer zu groß für ihn. Ich konnte mir ums Verrecken nicht vorstellen, dass dieser träge, dauerfernsehguckende Hansel plötzlich derart explodierte, dass er anfing, wie ein Berserker Wohnungen zu verwüsten, weil er sich an Greta rächen wollte.
    Also hatte ich es doch mit Frieder Gallwitz zu tun, der sein perverses Vergnügen langsam steigerte? Und was war eigentlich mit Bettina, Rolfs liebender Gattin? Ich stutzte. Wieso ließ ich die überhaupt völlig links liegen? Weil Männer nun einmal über mehr kriminelle Energie verfügen als Frauen, denen allerdings oft wohl nur der Mumm fehlt? Mensch, Hemlokk, wir leben im 21. Jahrhundert. Zum Teufel mit den Rollenklischees! Denn außer, dass Bettina im Normalfall aussah wie in einen Schminktopf gefallen und dass ihre Nase tropfen konnte wie ein lecker Wasserhahn, wusste ich praktisch nichts von ihr. Gar nichts. Doch, dass sie sich für eine verhinderte Rockefellerin hielt, was ihre »gesellschaftlichen Verpflichtungen« betraf. Das musste man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Da räumte sie beim Seniorencafé die Teller ab, besah sich Bild um Bild mit irgendwelchen zahnlos grinsenden Enkeln und schwafelte hochtrabend von »sozialem Engagement«. Du lieber Gott! Ob sie selbst einen derartigen Unsinn glaubte? So richtig dumm war sie nach meiner Einschätzung nicht. Vielleicht hielt sie sogar bei dieser Sache die Zügel in der Hand und ließ ihren Rolf nach Anweisung springen? Durchaus denkbar, dass sie wie eine dicke Spinne gemütlich im Netz beziehungsweise auf der Verdoehl’schen Wohnzimmercouch saß und geduldig auf Beute wartete, während sie zum Zeitvertreib und so ganz nebenbei Wohnungen zertrümmern ließ. Oder selbst zertrümmerte. Denn ein Hammer in zarter Frauenhand bewirkt in dieser Hinsicht wahre Wunder. Allerdings – weshalb sollte sie so etwas tun? Weil sie von der Eifersucht auf die frühere Bekanntschaft ihres Liebsten mit Greta geplagt wurde?
    »Was ist denn, Hanna?«, erkundigte sich Greta ängstlich.
    Ich lächelte ihr beruhigend zu. »Nichts Konkretes. Ich habe nur nachgedacht. Entschuldige. Lass uns weitermachen, ja? Wo warst du heute Nachmittag, Greta?«
    »In Kiel«, flüsterte sie kaum vernehmbar, als ob wir belauscht würden, »ich wollte für Mutti ein neues Kopfkissen kaufen, weil ihres schon klumpt. Sie hält das natürlich noch nicht für nötig, aber ich dachte …«
    »In Kiel also. Und du, Marga?«
    »Ah, Sprecherlaubnis erteilt?«, stichelte sie, um dann jedoch ernst zu antworten, dass sie im Ferienzentrum Holm gewesen sei, um die dortigen Urlauber mit einem Plakat auf die zunehmende Erwärmung der Meere aufmerksam zu machen. Was die meisten bestimmt äußerst dankbar angenommen hatten, wie ich vermutete, wenn sie gut gelaunt auf dem Weg zum Strand waren oder in Ruhe ein Eis essen wollten. Doch ich ließ das kommentarlos so stehen und setzte meine Überlegungen fort.
    »Der Täter oder die Täterin muss euch also eine ganze Weile beobachtet haben. Bei dir, Marga, war nicht schwer zu erraten, dass du länger wegbleiben würdest.«
    »Wieso?«, erkundigte sie sich neugierig.
    »Das Plakat«, erinnerte ich sie. »Wahrscheinlich hat er oder sie dich vorher gründlich ausspioniert und weiß deshalb genau, dass es eine Weile dauert, wenn du dich mit so einem Teil auf den Weg begibst.«
    »Schon möglich«, kommentierte Marga meinen Schluss nachdenklich.
    »Und du bist zum Bus gegangen, Greta?«
    »Ja.«
    »Ist dir da jemand gefolgt?«
    »Mir ist niemand aufgefallen. Aber ich habe auch nicht darauf geachtet«, meinte sie zaghaft.
    »Natürlich, das ist schon klar«, beruhigte ich sie. »Das tut man ja auch normalerweise nicht.«
    »Schätzelchen«, mischte Marga sich unvermutet ein, »du sprachst eben von ›dem Täter‹ oder ›der Täterin‹. Leidest du nur unter einem akuten Anfall von politischer Korrektheit, oder weißt du etwas? Dann spuck es aus, damit wir mitdenken können!«
    »Es ist nichts«, beschied ich sie nach kurzem Zögern, was ihr nicht entging.
    »Sicher?«, insistierte sie argwöhnisch.
    »Ja.« Meine Bettina-These musste ich erst einmal in Ruhe überdenken, bevor sie das Licht der Öffentlichkeit erblicken durfte. Und in Gretas Beisein würde ich allemal nichts in dieser Richtung von mir geben.
    »Na schön«, meinte Marga skeptisch, was so viel bedeutete wie: »Lass uns erst einmal allein sein, dann reden

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