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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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stoffverkleideten Säulen, den Wandteppichen und den altmodischen Petroleum- und Öllleuchten. Endlich in seiner Wissenskammer angekommen, suchte er in den ewig langen Regalen die Erkenntnisse seiner Spione heraus. Die Klauen bewegten sich mit sehr viel Feingefühl und Exaktheit, um die Aufzeichnungen nicht beschädigen. Viel ist es nicht.
    Tugarin wurde auf nicht einmal zweihundert Jahre geschätzt und war den ersten Spuren nach ein Gleitdrache mit vier Beinen. Er hatte zu Grosznys Lebzeiten Sibirien verwaltet, unter der kurzen Regentschaft von Gorynytsch war er nicht weiter aufgefallen. Vouivre wusste nicht einmal, ob er auf dessen Seite am Triglav gekämpft hatte. Wohl eher nicht, sonst wäre er tot. Er ist also schlau.
    Sein Lebensmittelpunkt befand sich anscheinend in der Nähe von Kiew, wo man den Zaren öfter gesehen hatte. Aber seine Spitzel hatten keinerlei Spuren von ihm ausmachen können. Was verwunderlich war. Gleitdrachen mussten sich gelegentlich am Boden bewegen und hinterließen Zeichen, denen man folgen konnte.
    Wo, zur Hölle, versteckt er sich? Vouivre ging einige Schritte tiefer in die Kammer bis zur Landkartensammlung und suchte die Detailkarte zu Kiew heraus. Er mochte den Geruch der alten Karten, die aus Papier oder Pergament bestanden. Relikte, Dinge, die so alt waren wie er, weswegen er sich mit ihnen verbunden fühlte. Die Karte über das Umland von Kiew war nicht ganz so alt. Er hatte mehrere verdächtige Orte eingekreist, die seine Spione vorsichtig untersuchten.
    Er hat ein Bündnis mit dem Zaren. Vouivre fragte sich, wie er es eingegangen war. Die Altvorderen hatten es stets so eingefädelt, dass niemand von ihrer Existenz wusste. Briefe und diplomatische Schreiben wanderten hin und her, größere Summen flössen, Erpressungen wurden ausgesprochen, kurzum: Die Herrscher der Menschen wurden auf vielfältige Weise manipuliert, damit sie das taten, was die Altvorderen wollten.
    Aber es war ein Tabu, sich einem Herrscher zu zeigen und damit einzugestehen, wie klug die Drachen in Wahrheit werden konnten, sollten sie ein höheres Alter erreichen. Je weniger ein König wusste, für wen er an den Strippen tanzte, desto besser.
    Tugarin ist eine Gefährdung für mich. Nicht auszudenken, was geschieht, wenn er mit dem Zaren zusammen in Sankt Petersburg Hof hält und sich gar wie ein zweiter Zar benimmt. Europa würde aufschreien.
    Vouivre dachte nach. Ich werde ihm seinen lächerlichen Anspruch bestätigen und so tun, als ginge ich auf sein Angebot ein. Vermutlich treffe ich mich sogar mit ihm, um keinen Argwohn zu wecken.
    Zur selben Zeit würde er den revolutionären Zellen in Russland neue Gelder sowie Waffen zukommen lassen, um die Aufständischen in ihrer Arbeit zu unterstützen. Romanows Reformen beschwichtigten die lautesten Schreihälse im Volk, was Vouivre nun nicht mehr recht war. Die Pläne hatten sich geändert.
    Stürze ich den Zaren, entmachte ich meinen impertinenten russischen Aufschneider. Auch wenn es ihm nicht passte, den Kräften des Chaos seinen Beistand zu gewähren, konnte er nicht anders handeln. Es ging um seine Macht.
    Vouivre schob die Karte zurück und verließ die Wissenskammer, um sich zu seinem Schreibpult zu begeben, wo sich nicht nur ein Telefon, sondern auch eine Telegrafenstation befand, die früher dem Kommandanten der Festung gehört hatte.
    Seine Befehle flogen durch den Draht zu seinen Spionen: Sie sollten den Nachfolger suchen, der nach dem Tod des Zaren auf den Thron steigen würde und nicht den Namen Romanow trug.
    Und genau diesen nächsten engen Verwandten werde ich mir schnappen und zu meinem Mann machen. Vouivres Ärger wandelte sich zu Eigenlob und Selbstzufriedenheit. Russland wird mir gehören! Ich lasse Ddraig doch nicht vom Geweih aus dem Weg räumen, damit ich meine Macht mit diesem Dahergelaufenen teile.
    In bester Laune ging er in den Weinkeller, wo ein ganz besonderer Gewürztraminer lagerte. Ihm war nach einem guten Tropfen und dazu einer leckeren Trüffel. Da sah die Welt doch gleich ganz anders aus.
    Zur Vollendung seines Triumphes mussten ihm seine Leute den Weltenstein bringen. Noch war Snickelway nicht in York aufgetaucht.
    Vouivre nahm einen großen Pokal, zapfte sich Wein aus dem Fass, auf dem in geschwungener Schrift Pom le plaisir geschrieben stand, und trank schlürfend. Köstliches Gesöff und viel zu schade für Menschen.
    Er schlenderte zum Kistchen mit dem Trüffelvorrat und wählte sich eine davon, rieb behutsam über die

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