Drachenkaiser
bedanke mich für Euer Lob, Läozi, doch ich bin nur ein Werkzeug des Göttlichen, das ich in Eurer Gestalt vor mir sehe.«
Silena wurde eiskalt. Was haben sie noch vorbereitet? Sie konnte es kaum abwarten, dass sie den Mann in die Finger bekam, um ihn zu befragen.
Der Drache schlug mit den Schwingen und hob ab.
Voss verharrte in der vorgebeugten Haltung, der hellgrüne Kimono flatterte, Blätter wirbelten in dem künstlichen Sturm umher. Als Nie-Lung verschwunden war, kehrte Voss ins Haus zurück.
Silena kroch aus dem Gebüsch, rannte ihm nach und hob die Luger. Er hatte ihre Schritte gehört und wandte sich halb um.
»Keine schnelle Bewegung, Voss«, sagte sie zu ihm und trat näher. »Ich habe zwar nur Ihre Hälfte der Unterredung mitbekommen, aber sie war aufschlussreich genug.« Silena packte seinen Ärmel. »Sie gehen mit mir ins Haus und sagen, welche Pläne Sie verfolgen und wer Ihnen dabei geholfen hat, mich in die Falle zu locken.«
»Sie haben den Lastwagen verfolgt, richtig?«, entgegnete er kaum überrascht, als habe er sie erwartet. »Kann sein.«
Er atmete ein. »Friedrichs, dieser Idiot. Dass er tot ist, tröstet mich dabei nur wenig.« Voss sah auf die Luger. »Wenn Sie hier sind, ist Ihr ägyptischer Freund auch nicht weit. Aber was immer Sie mit mir tun, Sie können von diesem Anwesen nicht mehr entkommen.«
Silena stieß ihn an, sodass er auf das Haus zustolperte. »Solange Sie einen Telefonanschluss haben, und den haben Sie, muss ich nicht entkommen.« Sie presste ihm die Mündung in den Nacken. »Falls einer Ihrer Handlanger auftaucht, sollten Sie ihm sagen, dass ich Sie sofort erschieße, wenn man mich angreift.«
»Was wäre denn, wenn ich gar nicht so viel auf mein Leben geben würde?« Er versuchte, teilnahmslos zu klingen.
Silena lachte. »Oh, das glaube ich nicht. Sie und Ihr Vater helfen dem Geschuppten nicht aus Spaß. Sie wollen Geld, Macht, was auch immer. Da Sie denken, Sie könnten als Sieger aus unserer Begegnung hervorgehen, werden Sie leben wollen.«
Gemeinsam betraten sie die Villa, Silena ließ sich in das Arbeitszimmer führen. Unterwegs begegneten sie niemandem, was Silena nicht weiter störte.
Sie gelangten in einen hohen, großen Raum, in dem viele Regale mit Büchern und Ordnern standen. Am Fenster befand sich ein schwerer Arbeitstisch mit drei Telefonen darauf. Silena wies Voss an, auf dem Stuhl vor dem Tisch Platz zu nehmen, sie selbst setzte sich in seinen Sessel.
»Schau einer an: viele Telefone«, sagte sie gespielt überrascht. »Damit wäre der Kontakt zur Außenwelt sichergestellt.« Ihr Blick wanderte zu Voss. »Wie kann ich Sie dazu bringen, mir zu verraten, was Sie, Ihr Vater und die Drachenanbeter planen?«
Voss legte ein Bein über das andere und rückte den Kimono zurecht. »Das würde ich mich an Ihrer Stelle ebenso fragen.« Er grinste und zog den Hut ab. »Sie haben keine Ahnung, was bald geschehen wird«, sagte er heiter und rieb sich die Hände. »Diese Vorfreude ist unglaublich beglückend.«
»Sie haben eines vergessen: Sie müssten Ihren Vater anrufen, um diese zweite Welle auszulösen.« Sie richtete die Luger auf seine Stirn. »Kein Anruf, keine zweite Welle.«
Er sah auf die Standuhr neben dem offenen Kamin. »Mein Vater pflegt mich anzurufen, meistens gegen kurz nach sieben Uhr abends. Wir haben vereinbart, dass er in dieser wichtigen Phase unserer Mission die nächsten Schritte einleitet, wenn ich mich nicht melden sollte.« Er legte die Hände entspannt hinter den Kopf. »Wir rechnen mit möglichst vielen Eventualitäten, und dazu gehört auch, dass die Polizei oder der Geheimdienst einem von uns auf die Schliche kommen.«
»Dass ich lebe, war nicht eingeplant.«
»Nicht zum derzeitigen Augenblick«, stimmte er ihr zu. »Aber so lange werden Sie nicht mehr auf der Erde weilen. Ihr ägyptischer Freund wird Sie in den Tod begleiten.«
»Denken Sie?« Silena hob den Hörer ab und wählte die Nummer des Officiums in der Hohenzollernstraße.
»Was machen Sie da?«, wollte er wissen, nun nicht mehr ganz so souverän wirkend.
Silena legte den Hahn nach hinten. »Hier ist Zadornova«, sagte sie, als sie die Stimme der Telefondame vernahm. »Ich möchte Großmeister Brieuc sprechen.« »Ich verbinde.«
Voss biss die Zähne fest zusammen, als er verstand, mit wem sie reden würde, aber er wagte nicht, sich zu bewegen. »Hallo?«, hörte sie Brieuc sagen.
»Hier ist Zadornova«, sagte sie rasch. »Hören Sie mir zu: Die Drachenfreunde
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