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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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nicht zu interessieren, wenn sie ihre Rekruten im Luftkampf ausbildete. Grigorij hätte es gewusst und die gesamte Tragweite erfasst.
    Zhiao stellte die Tasse ab. »Wir haben ein Schreiben abfangen können, das an Hjalmar Schacht, den Präsidenten der Reichsbank, gehen sollte. Darin steht, dass er die Direktoren der Berliner Kreditbanken zu einer Besprechung einladen soll, vermutlich am 12. Mai dieses Jahres. Schacht hat den Auftrag, die Kreditvergabe an Wertpapierinvestoren drastisch zu reduzieren. Wir haben den Entwurf eines Kommuniques gefunden, in dem die Kreditbanken daraufhin die Verringerung der Wertpapierkredite um ein Viertel bis Anfang Juli ankündigen. Das wird die Börse zum Absturz bringen!«
    Silena entsann sich der Worte von Müller. »Die Aktien der deutschen Firmen werden spottbillig und können für Investoren aus dem Ausland ein Schnäppchen sein.« Sie hatte verstanden.
    »Und wieder wird der Drachenkaiser zuschlagen und kaufen. Das deutsche Kaiserreich wird ihm gehören, ohne dass er eine einzige Kugel abfeuern muss.« Zhiao nickte ihr zu. »Voss wird sein Stellvertreter in Deutschland sein und sich feiern lassen. Zuerst als Retter, dann als Herrscher. Doch das Schlimmste ist: Es ist nur eine Generalprobe.«
    Silena trank ihren Tee. »Was meinen Sie damit?«
    »Das gleiche Spiel, wenn auch in viel größerem Ausmaß, wird Lung vermutlich in den Vereinigten Staaten betreiben. Wir haben noch kein Datum, aber es wird nicht zu viel Zeit vergehen, bis er die Börse dort in den Ruin jagen wird.«
    Silena fand, dass die Altvorderen in Europa im Vergleich zu den Asiaten nahezu primitiv ihre Macht verteidigten oder ausweiteten. »Ich verstehe nicht, was meine Rolle dabei ist. Ich bin keine Wirtschaffsexpertin, die dagegensteuern könnte. Und mein Wort wiegt nichts beim Kaiser. Voss hat ihm die Augen verblendet.« Müller, durchfuhr es sie, und sie fragte Zhiao nach dem Buchhalter.
    Der Chinese schüttelte den Kopf. »Wir haben nur Sie und Ihren Begleiter mitgenommen. Verzeihen Sie, aber ich konnte nicht ahnen, dass Sie…«
    »Meine Beweise sind verloren!« Sie ärgerte sich. Mit den Akten hätte sie den Kaiser von Voss‘ abgekartetem Spiel überzeugen können. Ich muss dringend Leida erreichen. Vielleicht hat sie ihn ausschalten können. »Was erwarten Sie von mir?«
    »Voss mag eine wichtige Figur sein, aber alles steht und fällt mit dem Drachenkaiser.«
    »Der Kaiser von China ist eine Marionette der Drachen.«
    Zhiao schüttelte betrübt den Kopf. »Nein. Er ist ein Lung. Alle Kaiserdynastien, die auf Chinas Thron saßen, gehen auf traditionsreiche Drachenfamilien zurück.«
    »Dann sind sie in der Lage, menschliche Gestalt anzunehmen?« Sie dachte an die Unterlagen aus dem Officium, in denen sie gelesen hatte.
    »Ja und nein. Sie erscheinen als Menschen, tragen den Drachen aber in sich und können ihn jederzeit erwecken und seine Form wählen. Sie könnten sich allerdings in ein beliebiges anderes Wesen verwandeln, wenn sie es möchten.« Er legte ihr ein Bild des chinesischen Monarchen vor.
    Aisin Gioro Pü Yi, der Drachenkaiser, hatte ein traditionelles, sehr aufwendiges chinesisches Gewand und einen Kopfschmuck angelegt. Er trug eine dicke Brille, wirkte sehr jung und harmlos wie ein Pennäler.
    Plötzlich begriff Silena, was die chinesischen Drachenhasser von ihr und Fayence erwarteten. »Ich soll für Sie den Kaiser von China töten.« Sie atmete tief ein und aus.
    »Ja, das sollen Sie. Aber nicht für uns. Zum Wohle der Menschheit.« Zhiao stand auf und zeigte hinaus. »Wenn sein Plan gelingt, besitzt er die Menschheit! Er lacht über die Drachen, die die Menschen mit Feuer unterjochen, und hat eine Peitsche gefunden, vor der sich alle ducken: Geld. Asien besitzt er schon, bald das deutsche Kaiserreich, danach kommen die Vereinigten Staaten an die Reihe – wer soll ihn aufhalten? Wer kann den wirtschaftlichen Kampf gegen ihn aufnehmen? Wenn er erst die Menschheit so weit in seinen Klauen hält, darf er sich ihr getrost offen zeigen. Viele werden ihm folgen.«
    Furchtbare Vorstellung. Silena sah die Ausmaße des Plans in aller Deutlichkeit vor sich. »Er ist vermutlich abgeschirmt. Ich hörte, dass er in der Verbotenen Stadt lebt und von einer Armee beschützt wird.«
    Zhiao machte ein ernstes Gesicht. »Das ist leider nicht erfunden, Großmeisterin.«
    Es klopfte, und Fayence trat ein.
    Er trug einen Kimono in Schwarz und ein weißes Untergewand, an den Füßen saßen dünne Schuhe. Seine

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