Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
sein?
    »Das wäre doch gut. Vielleicht würde er dir Geld für seine Rettung bezahlen, und wir wären unsere Sorgen los.« Tilda seufzte. »Ich sollte besser aufhören zu träumen.«
    »Ja, das solltest du, mein Weib.« Er deutete auf ihre Finger.
    Sie lachte. »Du bist doch eifersüchtig! Wegen des Handkusses, den er mir gestern gegeben hat?«
    »Pah«, machte Olof wieder und tunkte den nächsten Keks ein. Dabei sah er Grigorij tatsächlich etwas eifersüchtig an.
    Abwehrend hob er eine Hand, zeigte auf sich, dann auf Tilda und machte verneinende Gesten. Ich hoffe, er versteht, was ich damit sagen will.
    Es klopfte, und auf ihren Zuruf hin, trat Ole mit einem weiteren Mann in die Stube. Auch sie trugen dicke Fischerjacken, Wollhosen und hohe schwarze Stiefel. Die Säume hatten sie in den Schaft gesteckt, damit sie nicht dreckig wurden. »Hier habe ich euren Dolmetscher: Lasse«, rief er. »Oh, Kaffee. Da nehmen wir beide einen.«
    Olof verteilte Tassen und schenkte aus.
    »Erzähl doch mal, wie du ihn gefunden hast«, forderte ihn Ole auf. »Lasse kennt die Geschichte noch nicht.«
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich habe ihn vor einigen Tagen aus dem Wasser gezogen. Er hatte sich an eine Signalboje geklammert. Er hat vor sich hin gebrabbelt, als ich ihn gefunden habe, und geschrien hat er die ganze Zeit.« Olof setzte neuen Kaffee auf und stellte die Dose auf den Tisch. »Da habe ich ihn gehörig abgefüllt, und plötzlich wurde er richtig zutraulich.« Er setzte sich. »Das war’s.«
    Grigorij seufzte. Nein, nicht spannend und auch nicht aufschlussreich. Wieder hatte er seine Tasse geleert, und dieses Mal ließ er sich nur noch Wodka einschenken. Der Rausch sollte ihn beflügeln. Nun wartete er ungeduldig, dass ihm der Übersetzer präsentiert wurde, mit dem er hoffentlich sprechen konnte.
    »Das ist aber nicht spannend«, befand Lasse enttäuscht, die Jacke öffnend. »Mein Cousin hat was von einem Wal erzählt, den er dir beschrieben hat.«
    »Ach ja, das. Zufall. Er hat mir die Karte vollgeschmiert. Sollte ein Wal sein. Ich bin spaßeshalber hingefahren, und da war wirklich einer. Reiner Zufall.«
    »Dann frag ihn mal, wer er ist, woher er kommt und so was.« Tilda reichte auch Grigorij eine Handvoll Kekse. »Das hast du dir verdient«, sagte sie zu ihm.
    »Wichtiger ist: wann er gehen möchte«, warf Olof ein, und die beiden Männer lachten.
    Wenn ich wüsste, wohin…
    Lasse nickte Grigorij freundlich zu und fragte ihn: »Woher kommt du?«
    Er lehnte sich nach vorn und beobachtete Lasses Lippen. Etwas erwachte in ihm. Die Antwort kam von selbst, ohne dass er nachdenken musste. Denn es war eine Sprache, die er verstand und in der er antworten konnte! »Ich habe keine Ahnung, wie ich in die Ostsee gelangt bin. Aber ich habe schreckliches Kopfweh und weiß, dass ich gegen irgendetwas geprallt bin. Und du sprichst mit schrecklichem Akzent.« Doch ausgerechnet jetzt machte ihm der Alkohol die Zunge schwer, die Worte fehlten ihm mitunter oder wollten sich nicht formen lassen. »Zettel und Stift, bitte. Ich will aufmalen, was ich nicht sagen kann.« Der vertraute Ton hatte ein neues Bild in seinem Verstand erhellt, aber er kam nicht auf das passende Wort.
    »Was hat er gesagt?«, drängte Tilda.
    »Hat er Geld?«, fügte Olof hinzu. »Gibt er uns was?« Er bekam einen Rempler von seiner Frau.
    Lasses Mundwinkel hingen herab. »Er sagte, dass mein Russisch furchtbar sei, und korrigierte meine Aussprache.«
    »Wie aufmerksam von ihm«, sprach Ole lachend. »Das war alles?«
    »Nein. Er sagte, er habe keine Ahnung, wie sein Name lautet, und wüsste auch nicht, wie er in die Ostsee gelangt wäre. Aber er hat Kopfweh und weiß, dass er gegen irgendetwas geprallt ist. Jetzt will er Zettel und Stift.«
    »Oh, jetzt malt er uns zum Dank ein Bild«, frotzelte Olof.
    »Na, und? Wenn es gut ist.« Tilda brachte Grigorij, was er verlangt hatte. »Was will er damit?«
    »Aufmalen, woran er sich erinnern kann, weil ihm die passenden Worte fehlen.« Lasse sah wie alle gespannt zu, was der Fremde zu Papier brachte. »Ich wette, dass ihm der Schlag das Gedächtnis genommen hat.«
    Grigorij malte indessen, was er erlebt hatte. Ein Luftschiff, ein schlankes Luftschiff, auf dessen Brücke er stand. Seine Bewegungen wurden langsamer, weil die Erinnerung immer stärker wurde und ihm nicht nur die Bilder, sondern auch die Geräusche und Gerüche der Nacht brachte, in der er… Es stank nach Feuer, nach schmorenden Kabeln. Die

Weitere Kostenlose Bücher