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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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du. Ich habe dich im Norden umgangen.«
    »Dann behalte du Russland und lass mir die Deutschen, Österreicher, Ungarn und Italiener«, hob Vouivre sogleich an. »Der Zar besitzt ein derart gewaltiges Reich, dagegen wäre das, was ich dafür bekomme, armselig.«
    »Ein Reich mit einer Grenze zu den Asiaten«, erwiderte sie unverzüglich. »Du würdest eine Abwehrschlacht auf mich abwälzen und im Falle eines Angriffs abwarten. Wäre ich geschwächt«, sie stampfte in den Sand, und die Dünen um sie herum bebten, »würdest du nicht zögern, mich zu vernichten.« »Ist das deine größte Sorge?«
    »Ja. Denn ich stieß bereits auf einen asiatischen Spion. In Finnland. Sie wissen, dass es viel Durcheinander in Europa gibt, und wittern ihre Gelegenheit.« Ddraig sprach ernst, ohne Überheblichkeit.
    »So weit sind sie bereits vorgedrungen?« Vouivre ärgerte sich. Sie sickern ein wie Wasser in einen Stein.
    »Es würde ihnen passen, wenn wir zwei uns in eine Fehde verwickeln würden, Franzose.« Sie kniff die Augen leicht zusammen und ließ das Rot aufleuchten. »Wollen wir das?«
    »Nein«, stimmte er erleichtert zu. »Europa braucht Stabilität. Unsere Stabilität.« Vouivre richtete sich ein wenig mehr auf. »Dann sind wir uns einig, Ddraig?«
    Die Drachin lachte lauthals. Ihr Atem erschuf eine heiße Böe, die über die Dünenspitzen hinwegfegte, dabei Eis und Schnee schmolz. »Nicht so schnell, Feigling. Ich werde Russland und den Zaren gern betreuen und ihm gegen die Revolutionäre beistehen, die Fafnir einst unterstützt hat. Aber ich will Albanien, Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro.«
    »Von mir aus.« Vouivre hatte keinerlei Interesse daran. Zu viele Volksgruppen, zu viele Süppchen. Dass sie ihn Feigling genannt hatte, nahm er ihr übel, doch er würde ihr diese Bemerkung bei passender Gelegenheit heimzahlen.
    »Und das Osmanische Reich.«
    Jetzt wird es gefährlich. In seiner Vorstellung sah er, wie sich aus ihren Ländern Raubtierkiefer bildeten, die sein Reich wie eine Nuss knackten. »Was hast du vor, Ddraig?« Er gab seine geheuchelte Demut auf und reckte sich zu seiner vollen Größe. »Du wirst doch nicht etwa Alleinherrscherin werden wollen?«
    »Dann wäre ich heute erschienen, um dich wirklich zu töten, Vouivre«, gab sie zurück.
    »Sicher würdest du auch gewinnen«, retournierte er herablassend, konnte jedoch nicht verhindern, dass Spannung durch seinen Körper lief.
    Sie erfreute sich offen an seinem Misstrauen. »Ich möchte diesen Teil befrieden, und das gelingt mir nur, wenn ich die Menschen alle kontrolliere. Ist mir das gelungen, schmiede ich Allianzen gegen den Osten, die undurchdringlich sind.« Sie entfaltete ihre Schwingen. »Es ist in deinem
    Interesse, Franzose. Sag ja, und wir sind uns einig. Lehne mein Gesuch ab, und wir verfallen in einen Kampf um Europa, wie du ihn dir weder mit Grendelson noch mit Fafnir geliefert hast. Die Alte Welt wird brennen, ohne aus der Asche aufzuerstehen.« Ddraig tätigte einen Schwungschlag, und wieder peitschte der Wind die Gräser und den Sand.
    »Einverstanden.« Vouivre züngelte aufgeregt und bekam Sand in den Mund. Verflucht.
    »Sehr gut!« Die Drachin stieß sich von dem weichen Untergrund ab und flog in die Höhe, wo sie sich in den Nachthimmel schraubte. Dann war sie verschwunden.
    Vouivre starrte auf das Meer hinaus, lauschte dem Rauschen der Brandung. War das nun ein Erfolg für mich oder nicht? Auf den ersten Blick ja. Auf einen zweiten Blick verzichtete er lieber. Das Herz Europas wird mir gehören! Jetzt bekam er doch noch Appetit auf ein, zwei saftige Lämmchen.
    Vouivre sprang den Abhang hinauf – genau vor einen Mann mit asiatischen Zügen in einfacher Kleidung, der sich in den hohen Binsen verborgen hatte. Ach, Besuch? Und unhöflich noch dazu! Er griff mit der rechten Klaue nach ihm. Bist du etwas anderes als ein asiatischer Spion?
    Der Mann kauerte sich zusammen und haspelte schwer verständliche Worte.
    Sprich so, dass ich dich verstehe, gelbes Menschlein!
    Das Sprachkauderwelsch endete, und der Drache verstand Worte in schlechtem Französisch. »Haltet ein! Ich bitte Euch, hört mich an!« Der Mann hob abwehrend die Arme. »Ich bin Yan-Su Po. Es kostete mich viele Mühen, Euch zu finden und Euch bis ans Meer zu folgen. Mein Herr sendet mich zu Euch, mächtiger Vouivre!«, schrie er gegen Wind und Angst an. »Mein Herr möchte…«
    So bist du ein Chinese? Geh zu Ddraig, der roten Drachin, die eben fortgeflogen ist.

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