Drachenkaiser
neben Grigorij und spuckte aus. »Chaoten, die mit ihren Umtrieben unser Land schwächen.«
Als hätten sie seine Worte vernommen, hielten die Lastwagen mitten auf dem Prospekt an und stellten sich zu einer Sperre auf. Die Seitenwände klappten herunter, und die Männer sprangen auf die Straße, verteilten Zettel und Brot an die Petersburger. Wegen der Waffen wagte es niemand, die Gaben abzulehnen.
Schließlich stand ein Bolschewik in Marineuniform vor Grigorij. »Hier, Tawarisch. Ein Geschenk für das Volk.« Er drückte ihm einen Laib Brot gegen den Körper. »Schließ dich uns an und entmachte den Zarewitsch, damit es uns allen besser geht.«
»Sehe ich so aus, als brauchte ich dein Bestechungsgeschenk?«, entgegnete er, eine Hand auf den Stock gestützt, die andere in der Manteltasche. »Geh und gib es einem Bettler.«
Der Mann machte einen Schritt zurück. »Oho! Ich habe es mir doch gleich gedacht, dass du einer von denen bist, die den Tyrannen stützen.« Er pfiff laut durch die Zähne, und vier weitere Männer in Uniform kamen zu ihm gerannt; dem Alter nach handelte es sich um Veteranen des Weltkriegs. »Der da«, sagte der Bolschewik, »ist ein Anhänger des Zaren. Verpasst ihm eine Abreibung!«
Die Soldaten hoben die Gewehre, um mit den Kolben auf Grigorij einzuschlagen.
Er hob langsam die Arme. »Von mir aus könnt ihr den Zaren tot schlagen, aber mich lasst ihr in Ruhe.«
Die Soldaten lachten ihn aus und griffen ihn an.
Grigorij sprang rückwärts in eine Seitenstraße, um ihren Attacken auszuweichen. »Lasst das! Ich möchte euch nicht verletzen.
Ihr habt den Weltkrieg überstanden, nun sollt ihr nicht meinetwegen sterben müssen.«
»Der Kerl nimmt das Maul aber voll.« Einer der Männer pflanzte mit einer fließenden Bewegung sein Bajonett auf. »Ich gebe dir Eisen zu kauen!«
Neuerliches Motorengeräusch erklang, dieses Mal von der anderen Seite des Prospekts, die Grigorij nicht einsehen konnte. Signalpfeifen ertönten, und die Soldaten ließen sofort von ihm ab.
»Polizei!«, rief einer von den quer gestellten Lastwagen herunter, hob sein Gewehr und legte über das Dach der Führerkabine zum Zielen an. Kurz darauf hallte der Schuss, der von einer anhaltenden Salve beantwortet wurde.
Grigorij sah, wie der Mann von vielen Kugeln zersiebt wurde und fiel. Die Scheiben zerplatzten, die Motorhaube erhielt Unmengen Löcher. Maschinengewehre! Er hatte sich geirrt. Die Polizei war mit geballter Feuerkraft gegen die Umstürzler aufgetaucht.
Schreiend suchten die Menschen Deckung in Hauseingängen, hinter Automobilen und sogar hinter Straßenlaternen, während die Soldaten hinter die Barrikaden sprangen und das Feuer erwiderten. Aber der Beschuss aus den Maschinengewehren war zu übermächtig. Die Projektile durchdrangen alles, was ihnen im Weg stand, Querschläger sirrten neben Grigorij in die Wand. Putz spritzte ab.
Nach wenigen Minuten war es vorbei, das Röhren endete.
Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht. Er sah auf dem Prospekt die durchlöcherten Leichen der aufständischen Soldaten liegen, deren Kleidung sich mit Blut vollsog. Sie waren so gut wie überall getroffen worden. Rot sickerte der Lebenssaft in den Schnee, tropfte von der Ladefläche auf die umherliegenden Brote und tränkte die Flugblätter. Vereinzelt tauchten die ersten Petersburger aus ihrer Deckung auf, zwei hatte es erwischt.
Stiefelschritte eilten heran, Befehle wurden gebrüllt, und dann tauchten die Polizisten vor der Seitenstraße auf. Sie hielten Gewehre mit Bajonetten in den Händen und trugen Armbinden mit dem Wappen der Romanows, um sich von den Aufständischen zweifelsfrei zu unterscheiden. Sie stachen auf die Überlebenden ein und warfen die Toten auf den Lastwagen, der nicht zerstört war.
Ich sollte zum Flugfeld. Grigorij ging rückwärts und sah drei Männer in schwarzen, langen Mänteln und mit Hüten um die Ecke biegen, als hätten sie genau gewusst, wo er sich befand.
Der Mittlere, der beinahe zwei Meter groß und breit wie ein Ringer war, hob einen Ausweis. »Ochrana! Grigorij Wadim Basilius Zadornov, Sie sind verhaftet«, rief er. »Im Namen des Zaren, bleiben Sie stehen und ergeben Sie sich!«
»So? Was wirft er mir vor?«
Der Geheimdienstler nickte nach hinten. »Konspiration und Beteiligung an einem Umsturzversuch. Wir haben gesehen, wie Sie mit den Soldaten sprachen.« Er grinste. »Aber wir brauchen eigentlich keinen Grund, Knjaz. Wir sind die Ochrana.«
Grigorij tippte sich an den Zylinder.
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