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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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sollten, erkannte ein halbwegs guter Beobachter, dass sie zusammengehörten.
    Ealwhina wurde in die Mitte des ein Dutzend Mann starken Trupps geschoben, dann bewegten sie sich auf den Ausgang zu.
    Während sie durch den Bahnhof gingen, dachte sie die ganze Zeit darüber nach, wie sie entkommen konnte. Die Erfahrung mit dem Medium hatte sie vorsichtig werden lassen. Sie kann mich bestimmt schneller aufspüren, als mir lieb ist. Spätestens in der Herengracht würde ihr Schwindel auffliegen. Von mir aus kann sie am anderen Ende der Stadt sein. Bleiben mir weitere Minuten zum Nachdenken.
    Sie traten ins Freie.
    Amsterdam war eine pulsierende Stadt. Unzählige Automobile und Pferdegespanne bevölkerten die schmalen Straßen, überall fuhren Fahrradfahrer, und Ealwhina sah die unzähligen Brücken und das ganze Wasser, das in Grachten dahinfloss. Auf den Kanälen wimmelte es von großen und kleinen Booten. Waren wurden verschifft, Ladungen im nahen Hafen gelöscht und in die Stadt gefahren; Giebelhaus reihte sich an Giebelhaus.
    Das sonnige Wetter konnte nicht über die eisigen Temperaturen hinwegtäuschen, der Wind trieb die kühle Luft unter Kleider. Die Russen schienen eine ganz andere Kälte gewohnt zu sein, sie hatten die Knöpfe ihrer Jacken und Mäntel nicht geschlossen und trugen keine Handschuhe.
    Fröstelnd entsann sie sich, gelesen zu haben, dass Amsterdam um die siebenhunderttausend Menschen beherbergte. Zwei davon waren wichtig für ihr weiteres Leben. Es wird irgendwie gehen. Es muss!
    Sigorskaja hatte sich einen Taxifahrer gesucht und redete auf ihn ein. Geld wechselte den Besitzer, und das Gespräch wurde fortgesetzt. Sie kehrte zu ihrer Gruppe zurück, sagte etwas auf Russisch, und gleich darauf ging der Marsch los.
    Ealwhina lief umschlossen von einer lebendigen Mauer. »Und? Ist es weit?«, erkundigte sie sich.
    »Nein. Die Straße runter, bis zum Königspalast, dann rechts«, erklärte die Russin.
    Es ging an den Giebelhäusern entlang, über Brücken hinweg, am Palast vorbei, wieder über die Grachten, bis sie die Straße erreicht hatten. Herengracht stand auf dem Schild zu lesen. Und zu Ealwhinas Erleichterung war sie sehr, sehr lang.
    »Wohin?«, wollte Sigorskaja wissen.
    Woher soll ich das wissen? Ealwhina deutete nach links. »Vielleicht da entlang.«
    »Vielleicht? Haben die beiden Männer keine Hausnummer genannt?« Die Russin schickte die Hälfte ihrer Leute auf die andere Seite der Gracht. »Sie sind ein Fingerzucken von Ihrem Tod entfernt, Snickelway.«
    »Ich muss einräumen, dass ich lediglich >Herengracht< verstanden habe.« Sie sah auf die Wellen. »Ich kann Sie nur bitten, mir mein Leben zu lassen. Ich habe ebenso Interesse daran, meinen eigentlichen Auftraggeber zu finden. Immerhin schuldet er mir noch Geld.« Wieder eine Lüge, doch darauf kam es nicht an. Ealwhina hielt sich zur Flucht bereit.
    Sigorskaja lachte auf. »Sie machen mir Spaß, Snickelway. Sie haben in Russland eine Straftat von beträchtlicher Schwere begangen und erwarten, dass ich Sie laufen lasse?«
    »Ich helfe Ihnen doch, das Artefakt zu besorgen!«
    Die Russin dachte eine Weile nach. »Schön. Sie haben es am Triglav gefunden, also tun Sie es ein zweites Mal.« Sie zückte ihre halb automatische Pistole und richtete, vom Mantel verborgen, den Lauf auf sie. »Ich gebe Ihnen eine Stunde. Andernfalls wird man Sie tot in den Grachten finden.«
    Was bleibt mir auch sonst? Ich will meinen Fund zurück. Ealwhina nickte. »Gut.« Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf ihre empathischen Kräfte.
    Sie kannte die ektoplasmische Signatur der Artefakte und deren magische Abstrahlung, von denen die Russen nicht wussten, dass es sich um mehrere handelte. Der perfekte Ansatz, um Sigorskaja zu täuschen und mit heiler Haut davonzukommen. Vielleicht gab es Amsterdamer Geister, die sich vor dem Haus versammelt hatten, weil sie die Kraft spürten. Das würde es mir erleichtern.
    Ealwhina hob die Arme, die Handflächen waren nach vorn gerichtet. »Ich fühle etwas«, sagte sie spröde. »Wir müssen wirklich nach links.«
    »Los.« Die Russin lief voran, ihre Soldaten schoben Ealwhina vorwärts.
    Der unsichtbare Kontakt riss nicht ab, sie näherten sich Kugel und Splittern.
    Unvermittelt spürte Ealwhina eine weitere, sehr mächtige Präsenz, die sich ihrer Suche entgegenstemmte. Sie sah das Haus kurz vor sich, in dem sich die gesuchten Gegenstände befanden, dann riss die empathische Verbindung ab.
    Verflucht! Was war das

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