Drachenkampf - Zwergenkrieger
Boer«, erwiderte Aranor. »Doch glaubt Ihr nicht, daß diese Gierhälse ebenso zählen können wie wir? Sie würden einen Kampf begrüßen, denn jetzt haben sie die Oberhand: Sie sind uns an Zahl überlegen; wir sind in ihrem Reich und kennen nicht die Schleichwege durch diesen Irrgarten, den sie geschaffen haben, geschweige denn den Weg in die Freiheit; wir wissen nicht, wo die Vorräte aufbewahrt werden und das Futter für die Tiere, nicht einmal, wie wir an genügend Trinkwasser kommen können. Und vergeßt nicht — selbst wenn wir den Weg in die Freiheit finden, lauert draußen der Drache auf uns.«
»Glaubt Ihr, daß sie diese Zweikämpfe als Anlaß nehmen können, einen Krieg in ihren eigenen Hallen anzuzetteln, Herr?« fiel Boers Frage in die stille Luft.
»Ja, Boer, das wäre möglich«, antwortete Aranor.
»Was, mein König«, fragte Gannor, »sollen wir dann tun? Sie nennen uns Diebe und Plünderer. Sie sagen, wir hätten keine Ehre. Sollen wir denn diese Schmähungen einfach hinnehmen? Sollen wir uns den Mantel dessen umlegen, des sie uns zeihen? Sollen wir ohne Ehre weiterleben?«
Aranors Gesicht war rot angelaufen. »Bei der Hèl, Gannor ...«
»Herr«, unterbrach ihn Waffenmeister Ruric, »der Streit hier geht nicht zwischen uns. Vielmehr liegt er zwischen Vanadurin und Zwergen.«
Langsam schwand der Zorn aus Aranors Gesicht. »Ihr habt recht, Waffenmeister. Ihr habt recht. Statt uns selbst zu zerfleischen, sollten wir zu Rate gehen, wie wir die Vorteile, die die Zwerge uns gegenüber haben, zunichte machen können.
Und, Marschall Gannor, Hauptmann Reynor, laßt uns auch überlegen, wie wir die Strategie des Feindes durchkreuzen können, immer unter der Annahme, daß er uns in einen Krieg in diesem unterirdischen Irrgarten verwickeln will, wo er uns eindeutig überlegen ist. Darum ist Langmut geboten. Wir müssen das heiße Blut unserer Krieger kühlen. Dabei will auch ich nicht den Mantel umlegen, den der Feind uns hinwirft. Daher müssen wir gleichzeitig einen Entschluß fassen, wie wir in diesen Dingen verfahren sollen, mit Beleidigungen und Schmähungen, Spott und Herausforderungen, denn wir müssen irgendwo die Grenze ziehen.« Und so saßen die Vanadurin bis tief in die Nacht um den Tisch zusammen und suchten nach Lösungen, die den klaren Vorteil des Feindes zu ihren Gunsten wenden mochten.
Thork brach am folgenden Vormittag auf, nachdem Kalgalath der Schwarze seine morgendliche Belagerungsrunde beendet hatte. Mit seinem Pony, Steiger, beladen mit Proviant und Waffen, zog Thork durch den langen, felsgehauenen Tunnel zum fernen Osttor, einer geheimen Pforte, bekannt nur den Châkka von Kachar. Baran begleitete seinen Bruder bis zum Ausgang, doch was sie zueinander sagten, ist nicht aufgezeichnet. Es ist nur überliefert, daß Thork hinaustrat in das Licht der Sonne, sein Reittier bestieg und durch die Asche des Silberwalds den Berghang hinabritt. Und als er zum Fuß des Hanges kam und Steiger, sein Pony, zügelte und zurückblickte, war Baran bereits wieder in das Geberg verschwunden. Und so schnalzte Thork mit der Zunge und trieb das Pony voran, Richtung Osten, wohin der Drache entschwunden war.
Und als Kalgalath am nächsten Morgen westwärts geflogen kam, war der Prinz bereits dreißig Meilen von Kachar entfernt.
Fünf weitere Tage sah Thork Kalgalath jeden Morgen gen Kachar gleiten; im Morgengrauen flog er in Richtung der Châkkafeste, am frühen Vormittag dann wieder zurück. Am sechsten Tag und danach sah er den Drachen nicht mehr.
Tag um Tag zog er ostwärts, nächtigte bei Bauern und Jägern, manchmal in einem Dorf, lebte vom Land, wenn nötig: als Sammler oder als Jäger mit der Armbrust, legte Schlingen oder warf an den Bächen die Leine aus. Und immer, wenn sich die Gelegenheit bot, füllte Thork seine Vorräte bei den Leuten auf, die er traf, und erkundigte sich über den Weg nach Xian, doch erhielt als Antwort selten mehr als eine vage Handbewegung gen Osten.
Der Sommer zog langsam über das Land, und Thork und Steiger taten desgleichen, und die Tage wurden länger und die Nächte kürzer. Doch immer schien das Ziel, die Schwarzen Berge, nicht näher zu rücken. Doch der Prinz und sein Pony zogen weiter.
Und es kam eine Nacht, da Thork am Rande der Khalischen Sümpfe sein Lager aufschlug, dem äußersten Punkt, bis zu dem die Karten reichten, die Thork in Kachar studiert hatte, ehe er aufbrach. Über das Moorland selbst fand sich dort nichts, nur ein kryptischer Hinweis auf
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