Drachenkampf
Teufel!«
Er hieß den Spanier vor Ort bleiben und eilte in das Zimmer am Ende des Gangs zurück.
Es war leer.
»Verflucht!«
Die kleine hintere Tür stand ein wenig offen.
Hinter dieser Tür führte eine schmale Treppe auf den Dachboden. La Fargue kletterte sie nach oben und zog sich hinter einer Falltür empor, hinein in das wütende und ohrenbetäubende Gewitter. Wie er vermutet hatte, fehlte ein Stück des Dachs, sodass sich das Dachgeschoss unter freiem Himmel befand, der Witterung ausgesetzt. Und dort zwang Alessandra, die bereits im Sattel saß, mühsam eine Wyverne, sich nach draußen zu bewegen. Das große Reptil hatte die Flügel ausgebreitet, um das Gleichgewicht zu halten, und sträubte sich auf seinen zwei krallenbewehrten Pranken. Das Unwetter beunruhigte es.
»Das ist Wahnsinn!«, schrie der Edelmann.
Die junge Frau, die die Zügel, die vom Hals der Wyverne zum Gebiss führten, fest in der Hand hielt, warf dem alten Hauptmann ein selbstsicheres Lächeln zu. »Kümmert Euch lieber um das Komplott und tretet beim Kardinal als mein Anwalt auf: Ihr müsst mir glauben, und der Kardinal muss Euch glauben … seid wortgewandt! Es geht um die Zukunft Frankreichs!«
» Haltet ein, Madame !«, rief La Fargue beharrlich, bevor er einen Windstoß abbekam, der ihn beinahe umgestoßen hätte.
Der Blitz schlug jetzt ganz in der Nähe ein. Nicht weit entfernt ging ein Baum in Flammen auf.
» Informiert den Kardinal. Dann treffen wir uns schon bald in Paris wieder .«
» Wo ? Wie ?«
Sie verstanden einander kaum, obwohl sie sich fast heiser schrien.
» Morgen Abend. Sorgt Euch nicht. Ich werde Euch finden .«
» Madame !«
Alessandra hatte ihre Wyverne angetrieben und entfernte sich bereits durch das Gewitter, gefolgt von den grazilen und umherwirbelnden Umrissen der kleinen Zwillingsdragune.
Vergeblich schimpfte La Fargue.
Dann dachte er an die Reiter, ging wieder in die Herberge hinunter, sammelte Almadès ein und begab sich mit ihm zusammen ins Erdgeschoss und den Hof, der mittlerweile nur noch eine große dreckige Lache war, durch die sie im strömenden Regen waten mussten.
Mit dem Rücken zur Tür sah sich Saint-Lucq sieben Reitern gegenüber, die sich halbkreisförmig aufgestellt und ihre Degen gezogen hatten. Sie waren auf der Hut und für den Krieg gerüstet: breitkrempige Hüte, robuste Wämser aus Büffelleder, verstärkte Hosen und Reitstiefel.
Aber vor allem waren sie nicht menschlich.
»Draqs«, erkannte La Fargue, als er dank eines Blitzes die groben und schuppigen Gesichtszüge unter dem triefenden Filz erkannte. Schwarzdraqs obendrein.
Draqs waren eine Rasse, die die Drachenahnen einst gezeugt hatten, damit sie ihnen dienten und für sie kämpften. Im Laufe der Zeitalter hatten sie sich vom Gängelband ihrer Erschaffer befreien können, doch sie blieben brutale und grausame Geschöpfe, die man zu Recht fürchtete. Draqs liebten die Gewalt. Sie waren viel stärker und zäher als Menschen, und Schwarzdraqs waren noch stärker und zäher als gewöhnliche Draqs.
»Wir sind da, Saint-Lucq«, sagte La Fargue, als er näher kam.
Ohne sich umzudrehen oder die Draqs aus den Augen zu lassen, machte das Mischblut zwei Schritte nach rechts. Sein Hauptmann kam und übernahm seinen Platz, während Almadès seine linke Flanke deckte. Alle drei hielten ihre Degen in den Händen, warteten aber noch ein wenig, bevor sie angriffen.
Jetzt bemerkte La Fargue, dass die Draqs bis zu den Knöcheln in einer Lache aus schwarzem Nebel standen, der sich nicht verzog.
Hexerei , dachte er.
»Die Frau!«, fauchte der Draq, der dem Hauptmann gegenüberstand, rau und zischend. »Wir wollen die Frau!«
Er war der größte und muskulöseste der sieben, was ihm ohne Zweifel die Befehlsgewalt sicherte. Sein Gesicht war markant. Linien in kräftigem Gelb folgten den Konturen einiger seiner Gesichtsschuppen und bildeten komplexe, symmetrische Motive, die La Fargue kannte.
»Unmöglich«, sagte er. »Sie ist nicht mehr da.«
»Wo ist sie?«
»Weg. Entflogen.«
»Was?«
Obwohl sich La Fargue nur für seinen Gesprächspartner interessierte, behielten Saint-Lucq und Almadès die sechs anderen im Auge. Die Draqs waren angespannt und nervös. Sie hatten große Mühe, den Kriegseifer zu zügeln, der sie verzehrte. Einen Kampf zu vermeiden oder gar zu verzögern, widersprach allen Instinkten ihrer Rasse. Sie bebten fast, wie es hungrige Hunde tun, denen man untersagt, sich auf ein blutiges Stück Fleisch zu stürzen.
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