Drachenkampf
Herzogin von Chevreuse? Intrigiert gegen die Königin? Unmöglich!«
»Soweit ich mich erinnere …«, begann Almadès, der sich nur selten zu Wort meldete und dem schon allein deshalb alle Aufmerksamkeit sicher war. »Soweit ich mich erinnere, hat die Königin immer von einem Komplott ›gegen den Thron‹ gesprochen. Sie hat nie ein Komplott ›gegen den König‹ erwähnt. Wir selbst waren es, die daraus folgerten, dass der König persönlich in Gefahr ist.«
»Trotzdem«, betonte die junge Baronin von Vaudreuil, »die Chevreuse und die Königin verbindet eine aufrichtige Freundschaft. Jedes Mal, wenn die Herzogin intrigiert hat, war es gegen den König oder den Kardinal gerichtet. Niemals gegen die Königin.«
Damit hatte Agnès recht.
»Wie dem auch sei«, sagte La Fargue nach einem Moment des Schweigens, »wir können nichts tun. Es tut mir leid, Agnès, aber wenn die Ordensvorsteherin dich bloß aus dem Weg haben wollte, dann ist es ihr gelungen.«
»Das werden wir noch sehen«, behauptete Agnès, bevor sie mit großen Schritten davonmarschierte.
»Wohin gehst du?«, rief La Fargue ihr hinterher.
»Einen Schneider suchen, der Wunder bewirken kann, natürlich! Ich brauche eine Garderobe, die sich für den Königshof eignet …«
Von ihrem Ausflug in die Tuileries kehrten Laincourt und Aude de Saint-Avold glücklich und als Komplizen zurück, die das reizende Gefühl nicht loswurden, sich einer pikanten Dummheit schuldig gemacht zu haben. Als sie vor dem Hôtel de Chevreuse aus der Kutsche stiegen, lachten sie noch wie die unbekümmerten jungen Leute, die sie nun mal waren, beschwingt von einem schönen Tag im Juni des Jahres 1633. Ein paar sonnige Stunden lang hatte Laincourt seine Mission völlig vergessen. Vergessen waren die Gefahren, die Frankreich drohten, das Komplott, das der Alchemist einfädelte, die Machenschaften der Herzogin von Chevreuse und der Krieg, der gegen Lothringen bevorstand. Er hatte vergessen, dass er ein Spion war, eine Rolle, die ihm sowieso nicht gerade gefiel. Er hatte sich wie ein Schuljunge gefühlt.
Was hatten sie denn schon getan, als heimlich auszubüxen? Das war kein großes Vergehen, und die Herzogin, die sich selbst schon schlimmerer Vergehen schuldig gemacht hatte, würde es ihnen sicher nachsehen. Vielleicht wäre sie sogar amüsiert über diese kleine Eskapade, sie, die selbst immer den Vergnügungen den Vorzug gab.
Und was Madame de Jarville betraf, die Anstandsdame, die sie wohlweislich nicht geweckt hatten – sie würde sich der Herzogin sicher beugen. Im Übrigen hatte sich Laincourt wie ein vollendeter Gentleman benommen. Höflich und zuvorkommend hatte er Aude den Arm angeboten, als sie durch den viel besuchten Park flaniert waren. Dann, in Sorge darüber, dass die Sonne zu stark schien und zu heiß herunterbrannte, hatte er Aude einen Schirm geschenkt, den er bei einer der fliegenden Händlerinnen erstanden hatte. Da es sich nur um billigen Ramsch handelte, war der Schirm bereits beim ersten Aufspannen zerbrochen, doch das junge Mädchen war darüber bloß amüsiert gewesen und hatte darauf bestanden, ihn dennoch zu behalten. Daraufhin hatten sie eine kalte Orangeade in einem Pavillon getrunken, in der Nähe der Grube mit den Hydren, die die Königinmutter einst dem König geschenkt hatte.
Und das war auch schon alles gewesen, wenn man einmal von den Blicken und dem Lächeln absah …
Aude de Saint-Avold war hübsch, liebenswürdig, geistreich und kultiviert. Abgesehen davon bediente sie sich gern auf bezaubernd unschuldige Weise der Ironie, die Laincourt mehrmals bei kleinen Verfehlungen traf. Aber vor allem hatte sie etwas Strahlendes, Lebhaftes an sich, wie eine leuchtende Flamme, die sich in ihren Augen und ihrem Lächeln fortsetzte.
Stets Kavalier, begleitete Laincourt Aude bis in das prächtige Vestibül des Hôtel de Chevreuse , wo der Butler die junge Frau informierte, dass Madame de Chevreuse sie erwarte. Also wollte sich Laincourt zurückziehen, aber die Lothringerin hielt ihn zurück.
»Oh, nein, Monsieur! Verlasst mich nicht!«
»Euch verlassen, Madame?«
»Man wird mir zweifellos Vorwürfe wegen unseres Ausflugs machen«, erklärte Aude süßsauer. »Ich werde sagen, dass Ihr mich entführt habt, und Ihr müsst das bestätigen.«
»Madame!«, entgegnete Laincourt mit gespielter Sorge. »Ich? Ich soll mich selbst der Entführung bezichtigen? Aber man würde mich sofort ins Gefängnis werfen.«
»Sorgt Euch nicht. Ich würde Euch zum
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