Drachenkampf
allzu sichtbar zu sein, und schob in dem Moment einen der Flügel seines schon halb geöffneten Fensters auf, in dem zwei Reiter vor dem Haus ankamen.
Einer war Mirebeau, wie immer ganz elegant in Beige gekleidet. Er sprang aus dem Sattel und verschwand, nach Bertrand rufend, im Haus. Der andere sah aus wie ein x-beliebiger Söldner: Stiefel und Beinkleider aus grobem Stoff, ein Wams aus Büffelleder, den Degen an der Seite und einen alten, abgetragenen Hut auf dem Kopf. Leprat nahm an, dass es sich um diesen Rauvin handelte, von dem Mirebeau zuvor gesprochen hatte, um denjenigen also, der ihn im Hof hinter dem Bronzenen Schwert aus dem Hinterhalt niedergeschlagen hatte. Ein Mann, der krankhaft vorsichtig war, wie der Edelmann gesagt hatte und vor dem man sich demnach ganz besonders in Acht nehmen musste.
Rauvin – falls er es wirklich war – saß ganz entspannt im Sattel und nahm seinen Hut ab, um sich mit der Rückseite des Ärmels die Stirn abzuwischen. So konnte Leprat flüchtig den glatzköpfigen Scheitel und das spitze Gesicht eines Mannes um die dreißig erkennen, der einen langen schwarzen Haarkranz trug. Der Mann zog eine Maultrommel aus der Tasche, setzte sie an die Lippen, ließ den Zapfen vibrieren, und eine seltsame Melodie erklang.
Und während er noch spielte, hob er den Blick hinauf zum Fenster, von wo aus der Musketier ihn beobachtete, wie um ihm zu zeigen, dass er es schon seit einer Weile bemerkt hatte und es ihn nicht kümmerte.
Ihre Blicke kreuzten sich, und Leprat erkannte mit absoluter Sicherheit, dass Rauvin eine tödliche Gefahr darstellte.
»Guéret!«, rief Mirebeau von der Treppe aus. »Guéret!«
Der falsche Agent der Königinmutter wandte sich in dem Moment vom Fenster ab, als Mirebeau eintrat.
»Wenn Ihr Euch bereit machen wollt«, sagte der Edelmann mit dem beigen Wams. »Wir brechen auf.«
»Wir?«
»Ihr, ich und Rauvin, der unten auf uns wartet.«
»Wohin geht es?«
»In die Nähe von Neuilly.«
»Und was machen wir dort?«
»Fragen über Fragen!«, rief Mirebeau mit gutmütiger Miene. »Kommt, Monsieur! Bertrand sattelt bereits ein Pferd für Euch.«
3
Z urück im Palais Épervier , warteten Agnès und Marciac auf La Fargue, der eine knappe Viertelstunde zuvor zusammen mit Almadès aus dem Kardinalspalais zurückgekehrt war.
»Ich weiß Bescheid«, sagte er, als er Agnès sah, die ihn mit besorgter und verärgerter Miene zugleich erwartete. »Der Kardinal hat mich zu sich bestellt, um mir … deine Mission mitzuteilen.«
»Aber zum Teufel, Hauptmann! Was geht denn da vor sich? … Und Ihr unterstützt das auch noch?«
»Zügle dich, Agnès. Ich unterstütze überhaupt nichts. Wie ich dir soeben erklärt habe, wurde ich ins Palais-Cardinal gerufen und vor vollendete Tatsachen gestellt.«
Sie waren im Waffensaal, und die junge Frau marschierte unruhig auf und ab. »Und Ihr habt eingewilligt?«, fragte sie empört, als hätte La Fargue sie verraten.
»Ja«, sagte er. »Aus dem einfachen Grund, weil wir die Klingen des Kardinals sind. Nicht La Fargues Klingen, und schon gar nicht die Klingen der Baronin von Vaudreuil … Seine Eminenz befiehlt – wir gehorchen …«
Resigniert ließ sich Agnès auf einen Sessel fallen. »Verdammt!«
»Du wirst dich für eine gewisse Zeit dem Gefolge der Königin anschließen«, erklärte der alte Edelmann geduldig. »Deine einzige Aufgabe wird darin bestehen, Augen und Ohren offen zu halten. So schrecklich ist das nun auch wieder nicht …«
»Aber das ist doch ganz klar ein Ränkespiel, Hauptmann! Ein Ränkespiel!«
»Das kann sein.«
»Nein, das ist sicher! … An einem Abend treffe ich mich mit der früheren Ordensvorsteherin in einer Angelegenheit, die die Burgschwestern durchaus in Verlegenheit bringen könnte, und just am nächsten Tag werde ich von der gegenwärtigen Ordensvorsteherin einbestellt? Und umgehend dorthin geschickt, wo ich niemandem mehr in die Quere komme? Kommt, Hauptmann! Das können die einer anderen weismachen, aber nicht mir!«
La Fargue nickte. »Vielleicht will die ehrwürdige Mutter Vaussambre dich abseitshalten, gut. Aber sie hat nicht gezögert, sich an den Kardinal zu wenden, um ihr Ziel zu erreichen: Das könnte doch durchaus ein Beweis dafür sein, dass der Königin Gefahr droht …«
»Daran glaube ich nicht.«
»Und wenn das Komplott, von dem die Italienerin spricht, vielmehr die Königin bedroht als den König?«, mischte sich Marciac ein.
Agnès zuckte mit den Schultern. »Die
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