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Drachenkampf

Drachenkampf

Titel: Drachenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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Teufel persönlich, nicht zu sündigen.
    »Und wenn wir uns davonschlichen?«, fragte Aude de Saint-Avold, als sie fort war, mit einem schelmischen Leuchten in den Augen.
    »Verzeihung, Madame?«
    »Entführt mich. Madame de Chevreuse hat mir eine Kutsche zur Verfügung gestellt. Nehmen wir sie. Und fahren … fahren wir auf die Cours !«
    »Auf die Cours ?«
    »Wie? Sagt man das hier nicht so?«
    »Doch, gewiss, Madame. Aber …«
    Die »Cours«, nahe dem Stadttor zu Saint-Antoine , waren einer der Lieblingsausflugsorte der Pariser. Reich oder arm, adlig oder bürgerlich, alle kamen her, um zu flanieren, suchten Zerstreuung oder wollten sich zeigen. Man plauderte, scherzte, umwarb sich gegenseitig. Man spielte Verstecken, Kegeln oder »Mail«, eine zeitgenössische Form von Krocket. Besonders an schönen Tagen war der Ort sehr gut besucht. Die Idee der jungen Frau war so schlecht also nicht. Doch die Cours seien nie vergnüglicher als am Sonntag, erklärte Laincourt der erst kürzlich in Paris angekommenen Aude.
    »Oh … Seht, wie wenig vertraut ich mit all diesen Dingen doch bin … Es dauert wohl noch lange, bis eine echte Pariserin aus mir geworden ist, nicht wahr?«
    Audes Enttäuschung bekümmerte Laincourt, und er verspürte das dringende Bedürfnis, sie zu trösten. »Aber wir könnten in die Gärten der Tuileries fahren«, hörte er sich vorschlagen.
    »Wirklich?«
    »Aber ja! Kommt, es gilt!«
    »Aber … Aber Madame de Jarville?«, flüsterte das junge Mädchen in verschwörerischem, besorgtem Ton.
    »Lassen wir sie doch noch etwas ausruhen.«
    Der Ordensdistrikt Temple , wie er noch immer genannt wurde, war eine frühere Templerkomturei in Paris, auf der rechten Seineseite nördlich des Stadtviertels Marais . Nach der Auflösung der Templer im Jahre 1314 wurde er den Johannitern überlassen und schließlich unter François I. an die Ordensschwestern von Heilig-Georg ver kauft. Im Jahre 1633 war er noch immer in ihrem Besitz, genauso wie er noch immer von einer hohen, zinnenbewehrten Mauer mit mehreren Erkertürmchen umgeben war und von einem imposanten Wehrturm mit vier angeschlossenen Ecktürmen bewacht wurde – dem berühmten Tour du Temple . Man betrat den Ordensdistrikt über eine Zugbrücke, und im Inneren fand sich alles, was für das Leben einer religiösen Gemeinschaft nötig war: eine große Kirche, ein Kloster, ein Refektorium und Schlafsäle; Küchen, Vorratsspeicher und Speisekammern; Werkstätten, Ställe; Gärten für Gemüse und weitläufige Anbauflächen, und dazu sogar einige Wohnhäuser und Kaufläden.
    Und all das innerhalb einer mittelalterlichen Ringmauer in Paris, an der Rue du Temple ganz in der Nähe des Stadttors mit demselben Namen.
    Nachdem sie an der Place de Grève gegessen hatten, betraten Marciac und Agnès gemeinsam den Ordensdistrikt, aber nur die junge Baronin wurde zur Ordensvorsteherin vorgelassen. Die beiden Klingen hatten sich einen angenehmen Moment gegönnt, in dem der Gascogner Agnès auf heitere Art mit den Geschichten seiner Liebesschmach unterhalten hatte. Er wusste, dass sie beinahe dem Orden der Burgschwestern beigetreten wäre, aber die Umstände, die sie dazu veranlasst hatten, einen anderen Weg einzuschlagen und sich den Klingen des Kardinals anzuschließen, kannte er nicht. Allein eine Sache war gewiss: Seither war sie auf die Schwestern vom Heilig-Georg-Orden nicht gerade gut zu sprechen und schien sogar einen besonderen Groll gegen die Ordensvorsteherin zu hegen, die gefürchtete Thérèse de Vaussambre.
    Während Marciac wartete, wurde Agnès in den Saal geführt, in dem früher das Domkapitel getagt hatte. Der Raum war riesig, weit und hoch. Durch große, bunte Spitzbogenfenster fiel Licht herein. Am Ende erstreckte sich ein langer Tisch, bedeckt von mehreren weißen Tischtüchern. Er verlief entlang einer Mauer, die ein riesiger mittelalter licher Wandteppich zierte, darauf prangte der heilige Georg, der den Drachen besiegte. In der Mitte dieses Tischs saß mit dem Rücken zum Wandbehang die Ordensvorsteherin. Sie war groß, schlank, ja hager, und sie hatte denselben durchdringenden Blick wie ihr Cousin, der Kardinal. Sie war noch keine fünfzig Jahre alt, leitete den Heilig-Georg-Orden mit eiserner Hand und hatte dem Kloster zu mehr Einfluss verholfen als je zuvor.
    »Tretet näher, Marie-Agnès.«
    In der einen Hand den Hut, die andere am Griff ihres Degens, trat Agnès de Vaudreuil vor, begrüßte die Vorsteherin und sagte dann: »Mittlerweile

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