Drachenkampf
letzter Minute hatte Savelda die Kerzen im Untergrund anzünden lassen, von denen nebenbei nun auch Leprat profitiert hatte.
Leprat war ein Musketier.
Er wusste nicht viel über den Drachenzauber, aber einen Beschwörungssaal vermochte er zu erkennen: Wandbehänge, bestickt mit esoterischen Motiven. Große, schwarze Wachskerzen, die nur darauf warteten, angezündet zu werden. Ein kleiner Tisch voll mit rituellen Objekten. Das Pult, auf dem das schwere Zauberbuch lag, aus dem der Zeremonienmeister bei der Beschwörung die magischen Formeln lesen würde. Der Altar, der aus einem Steinblock gehauen worden war. Und schließlich das Pentagramm, dessen Linien sich in goldener und scharlachroter Farbe vom schwarzen Steinboden abhoben.
Aber vor allem herrschte an diesem Ort eine unheilvolle Atmosphäre. Welche Gefahr dem König auch drohen mochte, welches Komplott der Alchemist auch immer ausgeheckt hatte, es musste mit diesem Saal zusammenhängen, der nur noch auf einen Magier wartete und womöglich auf ein Opfer.
»Verflixt!«, fluchte Leprat mit unterdrückter Stimme.
Er fühlte sich plötzlich unwohl.
Mit einem Mal wurde ihm sehr heiß, und er sah nur noch verschwommen. Von einem Schwindelgefühl erfasst, spürte er, wie seine Beine schwach wurden. Er verstand nicht, was da mit ihm passierte, hatte überhaupt Mühe, einen klaren Gedanken zu fassen. Da erwachte der nagende Schmerz in seinem Rücken. Es war, als würde der Ranzfleck zum Leben erwachen und sich tiefer in sein Fleisch verbeißen. Leprat verzog das Gesicht, musste ein schmerzvolles Stöhnen unterdrücken. In einem fiebernden Delirium aus wirren Gedanken erhob sich das instinktive Gefühl, dass er diesen verwünschten Saal verlassen musste. Er musste an die Oberfläche zurückkehren, sich von diesem Ort entfernen, der sein Leiden immens verschlimmerte. Er zwang sich, an nichts anderes mehr zu denken, sich allein auf diese dringende Notwendigkeit zu konzentrieren, und taumelte durch den Vorhang hinaus.
Der Schmerz ließ etwas nach, nicht aber sein Unbehagen. Keuchend und mit schweißnasser Stirn torkelte er von Säule zu Säule auf die Treppe und den Ausgang zu. Er konnte kaum etwas sehen, und seine Ohren brummten so sehr, dass er nicht hörte, dass ihm jemand entgegenkam. Seiner Kräfte beraubt, stolperte er weiter auf die Tür zu, die Savelda jeden Moment von der anderen Seite öffnen würde …
… als er spürte, wie ihn ein Paar Arme hastig zur Seite zog.
Eine behandschuhte Hand hielt ihm den Mund zu.
»Ich bin es«, flüsterte ihm eine bekannte Stimme ins Ohr.
Saint-Lucq .
Vollkommen in Schwarz gekleidet, zog das Mischblut mit den roten Brillengläsern Leprat gerade noch in einen stockfinsteren Winkel, bevor Savelda den Raum betrat. Der Agent der Schwarzen Kralle ging vor Madame de Chevreuse und ihrem vermeintlichen Zaubermeister her. Er hielt eine Laterne in der linken Hand. Die Kerzen im Säulensaal hatten weniger die Aufgabe, den Raum zu erhellen, als dass sie eher den Weg zum Beschwörungssaal wiesen.
Auf halbem Wege zum roten Vorhang wurde Savelda immer langsamer und blieb dann ganz stehen. Die beiden anderen taten es ihm, stutzig geworden, gleich. Er drehte sich um und sah sich mit der Miene eines Mannes um, der das vage Gefühl hatte, etwas vergessen zu haben. Die lederne Augenklappe war nicht groß genug, um den Ranzfleck ganz zu verdecken, der sich sternförmig über seine Stirn, die Schläfe und den Wangenknochen erstreckte. Seine Hand legte sich fester um den Griff seines Rapiers.
»Was ist?«, fragte Madame de Chevreuse.
»Ich glaube … ich glaubte zu hören … ich weiß nicht. Irgendetwas …«
Der Blick des Einäugigen streifte Leprat und Saint-Lucq, ohne sie zu sehen. Das Mischblut hielt den Musketier noch immer fest und hatte auch die Hand noch nicht von seinem Mund genommen. Nur unter größter Anstrengung gelang es Leprat, sein zuckendes Bein zu kontrollieren, das sie zu verraten drohte.
» Ich habe nichts gehört«, sagte die Herzogin. »Und Ihr, Maudit?«
»Ich auch nicht, Madame.«
»Sicher bloße eine Syle«, räumte Savelda ein.
»Mein Gott! Gibt es hier etwa Salamander?«
»Dieser Ort ist sicher, Madame«, beruhigte sie der Spanier und ging widerstrebend weiter. »Meine Männer haben sich dessen vergewissert. Weiter unten allerdings …«
Die Herzogin und ihre beiden Begleiter schickten sich an, hinter dem Vorhang zu verschwinden.
»Ihr werdet sehen«, verhieß Madame de Chevreuse, »alles wurde peinlich
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