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Drachenkampf

Drachenkampf

Titel: Drachenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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trottete mit langsamem, gleichmäßigem Schritt eine Tarasque vorbei.
    Das riesige gepanzerte Reptil zog fügsam einen Zug aus drei Wagen hinter sich her, auf denen Stämme der Bäume aufgestapelt lagen, die man gefällt hatte, um den Blick in den Park zu verschönern. Zwei Tarasquenführer dirigierten das Tier mit Stimme und Pike. Es bewegte sich unter dem Klirren schwerer Ketten vorwärts, die seine sechs Beine mit dem Zaumzeug um seinen Hals verbanden.
    Noch immer lächelnd, betrachteten Leprat und Mirebeau aufs Neue den Teich, ohne es für nötig zu befinden, etwas zu sagen. Seit er wusste, dass er im Dienst des Marquis de Châteauneuf stand, fühlte sich Leprat dem Edelmann mit dem beigen Wams noch näher. Nun gab es nichts mehr, das sie ernsthaft trennte, außer den Herren, denen sie mit gleicher Loyalität dienten. Das Leben hätte ihnen leicht die Rolle des jeweils anderen zuteilen oder es Mirebeau erlauben können, ein Mitglied der Klingen des Kardinals zu werden. Es hätte wahrscheinlich keinen großen Unterschied gemacht.
    Leprats Blick wurde von einer Insel am anderen Ende des Weihers angezogen, einer Insel, auf der er Ruinen und die Gestalten von Wachen zu erkennen glaubte.
    »Was ist das?«, fragte er und zeigte mit dem Finger hinüber.
    »Das ist die Insel von Dampierre. Eine Insel, die nicht wirklich eine ist, denn ein Weg, den man von unserer Position aus nicht sehen kann, verbindet sie mit dem Ufer. Der Herzog lässt dort Pavillons errichten.«
    Demnach waren die Ruinen also eine Baustelle.
    »Der Legende nach«, fuhr Mirebeau fort, »bewohnte ein Adliger zur Zeit Karls des Großen einen schwarzen Turm auf dieser Insel. Er gab sich dort schändlichen Ritualen hin und terrorisierte das Land. Dies ging so weit, dass eines Tages kühne Ritter kamen und ihm die Stirn boten. Doch zum Leidwesen der Ritter war der Adlige nicht nur ein grausamer Zauberer, sondern auch ein Drache … In Dampierre gibt es einen Wandteppich, auf dem der heldenhafte Kampf dargestellt ist, den die Ritter gegen das Monster ausfochten.«
    »Konnten die Ritter den Drachen bezwingen?«
    »Gewinnen im Märchen nicht immer die edlen Ritter?«
    »Und der Turm? Von dem scheint nichts übrig zu sein.«
    »Er wurde abgerissen, und seine Steine, die man für verwunschen hielt, im Weiher versenkt, auf dass sie nie wieder Verwendung finden.«
    »Die Legenden haben immer auf alles eine Antwort.«
    »Es scheint so, als hätten diese verwunschenen Steine Dampierre seinen Namen gegeben, aber ich verstehe nichts von Latein …«
    Was nun den Musketier anging – der verfügte lediglich über dürftiges Kirchenlatein. Er verzog den Mund, und die beiden Männer schwiegen wieder.
    »Genug des Müßiggangs«, bestimmte Mirebeau dann plötzlich. »Kommt, wir müssen zum Schloss von Mauvières und uns vergewissern, ob dort alles bereit ist, um das Gefolge Monsieur de Châteuneufs zu empfangen.«
    »Wir übernachten nicht auf Dampierre?«
    »Im Schloss?«, sagte der Edelmann amüsiert. »Heute Nacht wäre das vielleicht noch möglich. Aber morgen werden die Nebengebäude voller Marquis sein, das Dach voller Gräfinnen, und selbst auf den Strohsäcken werden Barone nächtigen. Also wo, meint Ihr, sollte man uns da noch unterbringen? Nein, glaubt mir, wir haben es in Mauvières viel besser. Außerdem ist es ganz in der Nähe.«
    Leprat löste den Blick nur ungern von dem Weiher und seiner Insel. Dennoch folgte er Mirebeau, der sich mit energischem Schritt entfernte, und hörte dann plötzlich den Klang einer Maultrommel.
    Er blieb stehen und erkannte Rauvin, der sich im Schatten hielt.
    Leprat hatte von Mirebeau erfahren, dass der Auftragsmörder entkommen konnte, aber er hatte ihn seit der besagten Nacht, in der Rochefort ihnen eine Falle gestellt hatte, nicht mehr gesehen. Wie lange stand er da schon und bespitzelte sie? Und warum hatte er sich absichtlich bemerkbar gemacht, wenn nicht, um Leprat zu verstehen zu geben, dass er ihn noch immer im Auge hatte?
    Ohne mit dem Spielen aufzuhören oder den Blick von dem Musketier abzuwenden, nickte Rauvin Leprat zu.
    Das Lehen der Adelsfamilie von Chevreuse wurde im Jahre 1555 zum Herzogtum erhoben, zugunsten von Kardinal Charles von Lothringen, der es seinerzeit erworben hatte. Der damalige herrschaftliche Wohnsitz war das Château de la Madeleine , eine schmucklose mittelalterliche Festung, die die Stadt überragte und deren einziger Vorzug der unverstellte Blick übers Land war. Das so unkomfortable Schloss

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