Drachenkampf
Pistole hat.«
»Ich habe Euch meine Freundschaft angeboten. Ich habe Euch meine Freundschaft angeboten, und Ihr habt sie angenommen.«
»Ja.«
»Ihr habt mein Vertrauen missbraucht.«
»Ich weiß.«
»Aber täuscht Euch nicht. Ihr seid es nicht, dem ich einen Vorwurf mache. Sondern mir selbst. Mir, der ich mich habe täuschen lassen. Wie konnte ich Rauvins Warnungen nur kein Gehör schenken? Im Gegensatz zu mir hat er Euch nämlich von Anfang an durchschaut. Stellt Euch vor, ich habe Euch sogar noch verteidigt, als Rauvin heute Morgen behauptete, Euch vor Tagesanbruch von einem geheimnisvollen Ausritt zurückkommen gesehen zu haben? Ich dachte, er verleumde Euch aus Missgunst, weil er Euch nicht verziehen hat, dass Ihr in jener Nacht, als Graf Rochefort mich gefangen genommen hatte, besser reagiert habt als er. Immerhin ist er damals geflohen, während Ihr bliebt und mich befreitet. Aber ich nehme an, dass es Euch nur darum ging, Eure Mission zu schützen, nicht wahr? Und darum, mein Vertrauen zu gewinnen …«
Leprat erwiderte nichts darauf, und Mirebeau stieß einen bedauernden Seufzer aus.
»Glücklicherweise hat mich die Freundschaft, die ich Euch entgegenbrachte, nicht gänzlich blind gemacht. Und wo stehen wir jetzt … was fange ich jetzt bloß mit Euch an, Chevalier? Rauvin an meiner Stelle würde Euch erschießen.«
»Aber Ihr werdet das nicht tun. Ihr seid ein Edelmann.«
»Und Ihr genauso, also lasst uns diese Angelegenheit auch wie Edelmänner regeln.«
Der Musketier schüttelte den Kopf. »Ich empfinde Achtung und Freundschaft für Euch, Mirebeau. Zwingt mich nicht, die Klingen mit Euch zu kreuzen … Im Übrigen wäre es auch völlig sinnlos.«
»Sinnlos?«
»Morgen früh bei Tagesanbruch wird der Marquis de Châteauneuf unter anderem wegen Verrats verhaftet werden. Und mit ihm auch die Herzogin von Chevreuse und alle, die sich gegen den König oder den Kardinal verschworen haben. Es ist alles bereit. Die Befehle sind bereits unterzeichnet, Trévilles Musketiere sind bereits die Herren von Dampierre. Seine Majestät hat so gut wie gewonnen. Aber Ihr habt Euch nichts anderes zuschulden kommen lassen, als treu Eurem Herrn zu dienen, der Eure Treue nicht verdiente.«
»Was wisst Ihr schon davon?«
»Ich weiß, dass Ihr ein Ehrenmann seid, Mirebeau. Nichts zwingt Euch, den Preis für Châteauneufs Unwürdigkeit zu zahlen. Nichts.«
»Man hat nicht immer die Wahl.«
»Châteauneuf hat geglaubt, er könne eines Tages des Kardinals Platz einnehmen. Seine Pflichten vergessend, hat er intrigiert. Sein Geltungsdrang hat ihn ins Verderben gestürzt. Folgt ihm nicht in den Untergang.«
Mirebeau zögerte. »Es … es ist zu spät«, sagte er.
»Nein!«
Leprat spürte, dass er den Edelmann überzeugen, ihn retten konnte. »Flieht«, sagte er. »Noch heute Nacht. Nehmt ein Pferd und brecht auf, ohne lange zu überlegen. Lasst nicht zu, dass die königliche Gerichtsbarkeit Euch zu fassen bekommt. Und schon bald werdet Ihr in Vergessenheit geraten sein …«
Mirebeau dachte nach, und der Arm, mit dem er die Pistole auf Leprat richtete, war sich seiner Sache schon nicht mehr ganz so sicher, als plötzlich eine Klinge aus seiner Brust hervorbrach. Sein Körper versteifte sich, mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf den blutigen Stahl hinunter, der fast im selben Augenblick wieder verschwunden war. Er ächzte, spuckte Blut, blickte Leprat ungläubig an, sank auf die Knie und schließlich mit dem Gesicht voran zu Boden.
Mit dem Degen in der Hand stieg Rauvin über den Körper hinweg und kam, gefolgt von fünf Söldnern, auf Leprat zu.
»Ich glaube, er hätte Euren Vorschlag angenommen«, sagte er. »Aber ich war des Wartens überdrüssig …«
Nachdem er den Ball zusammen mit der Königin eröffnet und seiner Gemahlin ein vielbeachtetes Kompliment gemacht hatte, hatte sich der König in seine Gemächer zurückgezogen. Er hatte verkündet, dass er beabsichtige, die wildreichen Wälder des Tals von Chevreuse zu nutzen und ganz früh am nächsten Morgen jagen gehen wolle. Doch er hatte eingeräumt, von seinem Fenster aus noch das große Feuerwerk verfolgen zu wollen, das den Höhepunkt des Abends markierte. Die Edelmänner, die ihm am nächsten standen, darunter Tréville, waren ihm gefolgt. Und da das Schloss nicht erstürmt werden konnte, ließen die Musketiere die Umgebung weitgehend außer Acht und bewachten umso wachsamer die Türen und die Vorzimmer im oberen Stockwerk.
Arnaud de Laincourt
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