Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenkampf

Drachenkampf

Titel: Drachenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
Vom Netzwerk:
gefunden, Euch einen Besuch abzustatten. Ihr mögt es mir vergeben.«
    »Meinem Verdruss …«, sagte die alte Frau. »Das drückt die Sache aber freundlich aus …«
    »Zu meiner Verteidigung möchte ich noch anfügen, dass es kein Leichtes war, Euch zu finden.«
    »Was wollt Ihr? Madame de Chantegrelle ist weitaus diskreter als die Marquise de Malicorne. Und wer macht sich schon Sorgen um eine dem Tode Nahestehende, die ihre letzten Tage in einem Kloster verlebt, umgeben von Schwestern, deren Zuneigung ihr garantiert ist, angesichts des Vermögens, das sie ihnen überlässt?«
    Über das Gesicht des Alchemisten huschte ein seltenes Lächeln, bei dem sich die Winkel seines schmalen Munds kaum merklich anhoben. Wie alle Drachen amüsierte er sich nur zu gern über die Religionen der Menschen und die Fehler ihrer Vertreter. Seine Spezies ließ nur den Ahnenkult gelten, erkannte keine anderen Gottheiten an als die Drachenahnen, deren Existenz, auch wenn sie Drachengedenken zurücklag, nicht angezweifelt wurde.
    »Fehlt es Euch an Geld, Madame?«
    »Nein, ich danke Euch. Eure Fürsorge rührt mich, aber dennoch scheint es mir nicht so, als wäre Euer Besuch bloß der Höflichkeit geschuldet …«
    »Madame, ich …«
    »Nein, Monsieur. Verteidigt Euch diesbezüglich lieber nicht, Ihr würdet mich doch bloß belügen …« Sie seufzte. »Doch es ist undankbar von mir, Euch Vorwürfe zu machen. Seit … seit meinem Verdruss sind Besuche bei mir rar geworden. Die Schwarze Kralle vergisst diejenigen, die ihr nicht mehr nutzen können, ohne Umschweife. Doch ich bedaure es nicht. Zu froh bin ich darüber, noch am Leben zu sein. Ich nehme an, dass ich dies meiner Abstammung verdanke, meinem Rang. Vielleicht auch, weil man mich endgültig für harmlos hält …«
    »Ich wette, dass man sich in diesem Punkt irrt.«
    »Denkt Ihr das wirklich?«
    Die frühere Marquise sah den Alchemisten direkt an.
    »Ja«, sagte dieser und hielt ihrem Blick stand, ohne schwach zu werden.
    Was nichts zu bedeuten hatte, das wusste sie.
    Dennoch beschloss sie, seinen Worten Glauben zu schenken.
    »Ich brauche bloß ein wenig Ruhe, daher auch der Rückzug, den ich mir hier auferlegt habe. Und eines Tages, eines Tages, wenn ich mich wieder erholt haben werde, wird dies nur ein Abglanz meiner früheren Macht …«
    Sie sprach den Satz nicht zu Ende, und ihre glänzenden Augen verloren sich in der Ferne …
    Der Alchemist wartete, bis sie wieder aus ihren Tagträumen von wiedererlangtem Ansehen erwacht war. Aber vielleicht hatten sie diese Träume zu weit fortgetragen. Nach einer Weile hörte er, wie sie unter mattem Kopfnicken murmelte: »Ja … Ruhe … Ich brauche nur etwas Ruhe.«
    Der Gasthof unweit von Vincennes an der Route de la Champagne war voller Soldaten, die auf dem Weg nach Châlons-sur-Marne waren, wo sie auf ihr Regiment stoßen würden. Auf allen Tischen lagen Degen, Dolche und Pistolen herum. Musketen und Hellebarden lehnten an den Wänden. Lärmend und kriegerisch hallten die Unterhaltungen durch den großen Gästesaal, in den goldenes Licht durch die Fenster hereinflutete. Im Rauch der Pfeifen warf man sich über die Köpfe hinweg spöttische Bemerkungen zu, die wiederum mit anderen Scherzen beantwortet wurden. Großes Gelächter brach aus.
    Hauptmann La Fargue trat ein. Von der Schwelle aus hob sich seine imposante Gestalt im Gegenlicht ab und versperrte den Eingang. Er ließ den Blick über die Versammelten schweifen und kniff die Augen zusammen, fand aber nicht denjenigen, den er suchte. Die Blicke, die man ihm vorsichtig zuwarf, ließen ihn unberührt. Ein anderer als er hätte bei den Anwesenden sicher Überlegungen provoziert, die sie zu Querelen verleitet hätten. Aber keiner der versammelten Soldaten war dumm oder auch nur betrunken genug, mit einem Mann wie La Fargue Streit zu suchen.
    Denn ein Mann wie er war selten, respekteinflößend und gefährlich.
    Dann trat Almadès hinter dem alten Edelmann ein und raunte ihm zu: »Hinten.«
    La Fargue nickte und erreichte in Begleitung des Spaniers den sonnigen Hinterhof. Dort traf er auf den Grafen Rochefort, der mit anderen Edelmännern ins Kegelspiel vertieft war.
    Als er sah, wer da angekommen war, nahm sich der ergebene Gefolgsmann des Kardinals die Zeit, sorgfältig zu zielen, ließ die Kugel rollen und bekam einen recht guten Wurf hin. Zufrieden rieb er sich die Hände, während seine Kameraden ihn beglückwünschten. Er bedankte sich bei ihnen und empfahl sich. Erst dann

Weitere Kostenlose Bücher