Drachenkampf
Überraschungsmoment auf seiner Seite, sondern wurde auch von einem Siegesdrang getrieben, der noch von der Kraft der Verzweiflung verstärkt wurde. Zu spät merkte Kh’Shak, dass er von La Fargue zum offenen Fenster hin mitgerissen wurde.
»Alter Narr! Du wirst uns …«
Mit seinen blutverschmierten Zähnen verzog sich La Fargues Gesicht zu einem triumphierenden Lächeln der Rache, als sie beide in die Tiefe stürzten.
Regen flog voraus und Traufe neben Alessandra, als sie zusah, dass sie so schnell sie konnte von Schloss Fuchsbau wegkam und im Wald verschwand. Nachdem sie ihre Kammerzofe bewusstlos geschlagen hatte, um ihr den Schlüssel für die kleine Geheimtür abzunehmen, war sie die enge und feuchte Treppe dahinter hinuntergehastet. Sie hatte sich das Durcheinander, das im Jagdschloss herrschte, zunutze gemacht, um sich heimlich davonzustehlen.
Traufe stieß einen heiseren Schrei aus: Sie kamen näher. Und tatsächlich entdeckte die Italienerin bald darauf die Lichtung, auf der Aubusson, ihr Freund und Komplize, wie verabredet mit zwei Pferden auf sie wartete, die er am selben Tag vom Postmeister in Dammartin geliehen hatte.
Sie umarmten sich lange und feierlich.
»Endlich!«, sagte der Maler. »Du hast es geschafft!«
»Noch nicht.«
»Aber wieso? Du bist doch frei, oder?«
»Ich werde es nie ganz sein, solange dieser Zauberer am Leben ist.«
»Sag mir nicht, du hast vor …«
»Sorge dich nicht und reite wieder nach Hause. Die Gendarmen des Kardinals werden dir schon bald viele drängende Fragen stellen.«
»Nein. Ich begleite dich.«
»Nein. Du hast schon genug getan. Bis bald, mein Freund.«
Sie schürzte ihren Rock, unter dem sie vorsorglich Beinkleider und Stiefel angezogen hatte, bevor sie ihre Gemächer verlassen hatte, stieg auf ein Pferd und gab ihm die Sporen.
»Hauptmann! Hauptmann!«
La Fargue kam nur langsam wieder zu sich. Die letzte Sache, an die er sich noch erinnerte, war das Knacken, das der Brustkorb des Draqs unter ihm von sich gegeben hatte, als er am Boden aufgeschlagen war.
Ächzend registrierte er unzählige schmerzende Stellen an seinem Körper, als er sich aufrichtete und sah, wie Leprat zu ihm in den Schlossgraben geklettert kam.
»Hauptmann! Geht es Euch gut!«
»Ich lebe. Und er?«
Er stützte sich auf einem Ellbogen auf und zeigte auf den Draq, der ausgestreckt neben ihm lag.
»Tot«, sagte der Musketier.
»Gut. Und die anderen?«
»Auch tot. Aber es waren bloß fünf. Sechs mit diesem hier.«
»Also fehlt noch einer. Pech … Und die Italienerin?«, erkundigte sich La Fargue, als der andere ihm aufhalf.
»Unauffindbar.«
Beim Zaubermeister des Kardinals dösten Agnès und Laincourt in einem Vorzimmer vor sich hin – die eine auf einer Bank, der andere auf einem Stuhl –, als sie von einer rücksichtslos aufgerissenen Tür aus ihrem Dämmerzustand gerissen wurden.
Es war Meister Teyssier, der kam, um sie abzuholen.
Er wirkte abgespannt, hatte tiefe Ringe unter den Augen und zerzauste Haare. Seine Finger waren voller Tinte, und er hielt zerknitterte Papiere in der Hand, die mit einer engen Schrift beschrieben und mehrfach verbessert worden waren. Schlecht rasiert, hatte er eine ganze Nacht damit verbracht, die Dokumente, die die Italienerin der Schwarzen Kralle gestohlen hatte, zu untersuchen.
»Ihr müsst mich ins Kardinalspalais begleiten«, sagte er mit einer Stimme, aus der Dringlichkeit sprach. »Ich muss Seine Eminenz unbedingt sprechen, sobald er aufgestanden ist.«
Laincourt drehte sich zum Fenster um.
Am Nachthimmel gab es noch kein Anzeichen auf das Morgengrauen.
Über Paris und der Schuppeninsel brach der Tag an.
In dem nach Aas stinkenden Keller hockte der alte Draq, seinen Zeremonienstab auf dem Schoß, in Meditationshaltung am Boden. Er machte keine Anstalten, sich zu rühren, und hielt die Augen geschlossen, als er Schritte hinter sich vernahm.
»Ich habe dich erwartet«, sagte er auf Draconisch.
»Ruf deine Götter ein letztes Mal an!«, sagte die Italienerin zu ihm und zog einen langen Dolch.
Der Magier erhob sich und wandte sich ihr zu.
Sie trug Jagdbekleidung aus Leder und war allein gekommen, ohne ihre kleinen Gefährten, die sie lieber nicht mitgenommen hatte, aus Angst, an den Toren von Paris erkannt zu werden. Eine hübsche, junge Rothaarige mit zwei Dragunen wäre sofort aufgefallen. Außerdem hatte sie gute Gründe zu glauben, dass alle Informanten des Kardinals – auch wenn sie nicht ahnten, warum – bereits
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