Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenkampf

Drachenkampf

Titel: Drachenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
Vom Netzwerk:
wussten, dass sie ihr Auftauchen zu melden hatten. Aber auch ohne Regen und Traufe bedeutete die Rückkehr nach Paris für sie, ein leichtsinniges Wagnis einzugehen.
    Doch Alessandra di Santi wusste, dass diese Geschichte noch ein Nachspiel für sie hatte, bevor sie sie wirklich hinter sich lassen konnte.
    Der alte Draq verzog das Gesicht zu einem zahnlosen Grinsen.
    »Was ist, Zauberer? Glaubst du etwa, ich würde zögern, dich zu erdolchen, wenn du mir das Gesicht zuwendest? Da kennst du mich aber schlecht …«
    Ihrer selbst zu sicher, bemerkte sie nicht die Gefahr, die sich in den dunklen Winkeln des Kellers zusammenbraute und bereits auf sie zukroch. Lautlos und tödlich näherten sich ihr schlängelnd Tentakel aus schwarzem Nebel, züngelten an ihren Stiefeln hoch, wanden sich um ihre Knöchel.
    »Deine Dragune hätten es gewittert …«, sagte der Draq.
    »Gewittert? Was gewittert?«
    »Dies …«
    Die Augen des Magiers fingen an zu glitzern. Seine Fäuste krallten sich um seinen Zeremonienstab, plötzlich schwenkte er ihn. Sofort bemächtigten sich die Nebelzungen der jungen Frau, wie Efeu, das blitzschnell eine Säule umwuchert. Sie packten sie und drückten ihr die Arme an den Körper. Unfähig, sich auch nur im Geringsten zu rühren, spürte sie, wie sie vom Boden hochgehoben wurde.
    »Ich habe es zu spät begriffen«, sagte der alte Draq. »Ich habe zu spät begriffen, dass du die Flucht aufgegeben hast. Ich habe zu spät begriffen, dass du dich nur so lange versteckst, bis du mein Refugium gefunden hast … Wie ist dir das im Übrigen gelungen? Zweifellos mit Hilfe deiner vermaledeiten Dragune …«
    Erneut schwenkte er seinen Stab und schüttelte den Firlefanz – Knöchelchen, Schuppen, Perlen, Krallen –, der daran befestigt war. Die Italienerin verkrampfte sich. Sie versuchte zu sprechen, konnte aber nur noch japsen. Wie ein Schraubstock zerquetschten die Nebelschwaden ihren Brustkorb. Allmählich bekam sie keine Luft mehr.
    »Aber es genügte dir nicht, meine Krieger in einen Hinterhalt zu locken. Selbst als du sie abgeschüttelt hattest, war dir klar, dass deine Flucht niemals enden würde, solange das Stückchen Seele, das ich dir gestohlen habe, noch in meinem Besitz ist. Du wusstest, dass du mich erst töten müsstest, und das ist der Grund, warum ich dich erwartet habe.«
    Wieder schwenkte der Magier seinen Zeremonienstab. Alessandra zuckte zusammen. Mit vor Angst weit aufgerissenen Augen spürte sie den schwarzen Nebel, der seine dünnen, flinken Finger nach ihrem Hals und ihrem Gesicht ausstreckte, nach ihren Lippen und Nasenlöchern.
    Wenn diese Abscheulichkeit in sie eindrang …
    »An der plötzlichen Ranz zu sterben, ist äußerst schmerz haft, weißt du.«
    Die Italienerin sammelte ihre letzten Kräfte, um sich von dem schwarzen Nebel loszureißen, der schon bald in ihre Nase, ihren Mund, ihren Hals und ihr ganzes Wesen dringen würde. Vergeblich. Sie stieß ein langes, schmerzliches Ächzen aus, das einem Flehen gleichkam. Tränen traten ihr aus den Augenwinkeln.
    Das Schlimmste war, dass sie und der Magier nicht mehr allein in dem Kellergewölbe waren. Die Italienerin hatte eine Gestalt gesehen, die sich hinter dem Rücken des Draqs langsam aus dem Dunkeln löste. Und sie hatte sie auch erkannt. Aber warum unternahm er nichts? Würde er sich damit begnügen, sie sterben zu sehen? Und warum? Womit hatte sie das verdient?
    Tu etwas … ich flehe dich an, tu etwas …
    Als der Nebel plötzlich seine Umklammerung löste, verlor sie das Bewusstsein. Die junge Frau sank zu Boden, und wie durch einen Schleier sah sie den alten Magier noch vor Verblüffung erstarren, als plötzlich eine Klinge aus seiner Brust ragte. Gleich darauf verschwand die Klinge wieder mit dem kratzenden Geräusch von Stahl, der durch Knochen und Schuppen fährt, und der alte Draq sank tot zu Boden. Erst auf die Knie. Dann auf den Bauch.
    Der schwarze Nebel verflog.
    Hustend und spuckend, aber ihre Gesichtsfarbe schnell wiedererlangend, rappelte sich die Italienerin auf, in gehörigem Abstand von der Leiche des Alten und der Blutlache, die sich unter ihm breitmachte.
    »Auf … auf was habt Ihr bloß so lange gewartet?«, gelang es ihr zwischen zwei tiefen Atemzügen zu fragen.
    »Ich wollte erst die ganze Geschichte hören«, erwiderte Saint-Lucq.
    »Hundsfott.«
    »Ich bitte Euch.«
    Das Mischblut ging in die Hocke, um seine Klinge an der verschmutzten, stinkenden Kleidung des Zauberers abzuwischen. Dann richtete er

Weitere Kostenlose Bücher