Drachenkampf
Oberin von den Sorgen des Marquis d’Aubremont, von seinem Besuch bei den Klingen und dem Versprechen, das sie ihm gegeben hatte.
Die Mutter Oberin überlegte einen Moment lang. »Ein Feldzug ins Elsass, sagst du? … Ja, mir scheint, davon habe ich reden gehört. Soweit ich weiß, bestand die Mission darin, einen mächtigen Drachen zu vernichten. Und wie üblich führte eine Wölfin die Jagd an.«
Innerhalb des Burgordens gab es eine kleine Anzahl von außergewöhnlichen Schwestern, die aufgrund eines päpstlichen Sondererlasses die Kunst der Magie genauso gut wie die Kunst des Schwerts ausübten, um gegen die Bedrohung durch die Drachen zu kämpfen. Man nannte sie »Wölfinnen«, denn ihr Hauptquartier befand sich auf Schloss Heiligwolf unweit von Poitiers. Sie hatten ihren Spitznamen auch und vor allem deshalb bekommen, weil sie einsame und gnadenlose Jägerinnen waren. Der Grund, warum Agnès beinahe ihr Gelübde abgelegt hatte, war, dass sie eine Wölfin werden wollte.
»Aber ich kenne keine Details über diese Sache«, fuhr Mutter Emmanuelle fort. »Und vor allem weiß ich nicht, welchen Ausgang diese Mission genommen hat … Aber wenn du es wünschst, kann ich mich erkundigen und dir bald von meinen Erkenntnissen berichten.«
»Danke, ehrwürdige Mutter.«
»Aber … sieh dich vor, Marie- Agnès. Die Ordensvorsteherin wird schon bald den Grund für deinen Besuch hier erfahren, und ich bezweifle, dass sie deine Einmischung in die Angelegenheiten des Ordens mit Wohlwollen betrachtet …«
In der Rue Saint-Thomas-du-Louvre , im Zauberkabinett des prächtigen Hôtel de Chevreuse, beugte sich ein Mann über ein gemaltes Porträt, das ihm die Herzogin zeigte, und betrachtete es eingehend. Er war groß, hager, aschfahl und schien um die fünfzig Jahre alt zu sein. Er trug die schwarze Robe eines Gelehrten und eine Tellermütze, ebenfalls aus schwarzem Stoff und mit gezackten und gerafften Rändern.
»Seht, Meister«, sagte Madame de Chevreuse.
Er war ihr Zaubermeister und übte auf sie einen schleichenden, aber enormen Einfluss aus. Sie glaubte, sein Name sei Maudit, dass er italienischer Abstammung sei und lange Jahre damit verbracht habe, im Ausland die okkulten Künste zu studieren. Aber in Wahrheit war er ein Drache und Agent der Schwarzen Kralle.
Während er das Porträt im Schein einer Kerze betrachtete, füllte die Herzogin zwei kleine Gläser mit einem goldfarbenen Likör von betörendem Geruch. Als er das Kristall klirren hörte und den Duft des Bilsenkrauts roch, weiteten sich die Nasenlöcher des Alchemisten, und ein begehrliches Funkeln erhellte flüchtig seinen Blick, während eine rosige Zungenspitze über seine Lippen glitt. Doch er gewann sogleich die Kontrolle über sich zurück, und es gelang ihm, ein Verlangen zu verbergen, das ihm längst zum Drang geworden war. Mit einer Hand, die nicht zitterte, nahm er – wie nebenbei, ohne seine Augen von dem Gemälde zu lösen – das Glas entgegen, das die Herzogin ihm reichte. Er benetzte seine blutleeren Lippen damit und unterdrückte einen wohligen Schauder, der ihn zwang, kurz die Lider zu schließen.
»Ihr müsst mir bald wieder etwas von diesem köstlichen Bilsenkrautlikör aus Lothringen zukommen lassen«, sagte Madame de Chevreuse.
»Aber gewiss, Madame.«
»Werdet Ihr mir eines Tages verraten, wer ihn Euch liefert?«
»Madame, was wäre ein Zaubermeister ohne das eine oder andere Geheimnis?«
Sie erhob sich lächelnd, tat ein paar Schritte in dem Zimmer und ließ den Blick wie unbeteiligt über die Zauberbücher und die verschiedenen alchemistischen und esoterischen Gegenstände schweifen, die dort herumstanden.
Daraufhin fragte sie: »Nun? Was haltet ihr von meiner Entdeckung? Ich kann Euch versichern, dass es sich um ein äußerst naturgetreues Abbild handelt …«
Der Alchemist der Schatten verzog das Gesicht. »Gewiss, Madame. Aber diese junge Frau ist viel zu hübsch. Sie wird niemanden täuschen können.«
Die Herzogin war auf diese Reaktion gefasst und hatte etwas vorbereitet. Lächelnd holte sie ein Stück Karton hervor, das in Form einer Halbmaske zugeschnitten war. Sie hielt es vor das Porträt. »Und nun, Meister?«
Der Zaubermeister betrachtete das Gemälde erneut und konnte seine Überraschung nicht verbergen.
»Erstaunlich!«, rief er. Dann legte sich ein Schatten über sein Gesicht. »Aber die Größe? Die Figur?«
»Sie stimmt in allem überein«, beruhigte ihn Madame de Chevreuse.
»Genauso wie die Augen …
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