Drachenkampf
leistete Folge und nahm Platz. Der alte Edelmann saß hinter seinem Schreibtisch und schien zunächst nach den richtigen Worten zu suchen, dann fragte er: »Was macht dein Oberschenkel?«
»Er bereitet mir noch manchmal Schmerzen, aber das ist alles.«
»Dieser Kampf mit den Draqs hat uns ganz schön mitgenommen, nicht wahr?«, fragte La Fargue mit leicht gezwungener Heiterkeit.
»Das kann man wohl sagen!«, stimmte Leprat ihm zu.
Stille trat ein, breitete sich aus …
Bis der Hauptmann der Klingen schließlich ernst sagte: »Ich habe dir eine Mission anzuvertrauen, Antoine. Eine ausgesprochen gefährliche Mission, die du aus freien Stücken ablehnen kannst, sobald ich sie dir eröffnet habe. Ich würde es verstehen. Jeder würde es verstehen …«
Mehr neugierig als beunruhigt kniff der Musketier die Augen zusammen.
»Aber lies zuvor erst einmal dies hier«, sagte La Fargue und reichte ihm ein handbeschriebenes Blatt Papier.
»Was ist das?«
»Die Entzifferung des verschlüsselten Briefs, den wir bei Guéret gefunden haben.«
Als er Laincourts Gekritzel las, legte Leprat die Stirn in Falten.
Der Brief begann mit einigen Begrüßungsfloskeln von Maria de’ Medici an Madame de Chevreuse. Dann versicherte die Königinmutter der Herzogin in schwülstigen Worten ihre Freundschaft und wünschte ihr Erfolg bei all ihren Vorhaben, was auch »gewisse lothringische Angelegenheiten« einschloss. Sie betonte, dass sie ihrer »lieben Freundin« helfen wolle, und aus diesem Grunde stelle sie ihr einen mittellosen französischen Edelmann an die Seite, einen »ergebenen, fähigen Mann«, der ihr »große Dienste erweisen« könne. Es handelte sich um den Boten Guéret, den die Königinmutter präzise beschrieb. Sie gab an, dass er zunächst nach Lothringen ginge und dann in Paris sei, wo er jeden Abend im Gasthaus Zum Bronzenen Schwert warten werde. Er werde, wie bereits vereinbart, einen Opal am Finger tragen. Die Königin Mutter beendete ihren Brief mit einem Hinweis auf ihre äußerst prekäre finanzielle Situation, über die sie sich nicht in ihrem eigenen Interesse beklage, sondern im Interesse derer, die ihr ins Exil gefolgt seien. Es folgten die gebräuchlichen Schlussfloskeln.
»Nun?«, fragte La Fargue. »Was hältst du davon?«
Leprat verzog das Gesicht. »Dieses Schreiben ist kaum der Entschlüsselung wert.«
»Zugegeben. Aber was sagt es uns über Guéret?«
Der Musketier überlegte, und um sich selbst auf die Sprünge zu helfen, überflog er den Brief noch einmal.
»Zunächst einmal, dass es sich bei ihm wirklich um einen Agenten der Königinmutter handelt«, sagte er. »Und dann … dass die Herzogin von Chevreuse ihn noch nie gesehen hat, weil die Königinmutter ihn ihr beschreibt.«
»Ganz genau.«
Da begriff Leprat: »Und die Beschreibung Guérets entspricht ziemlich genau der meinen …«
»Exakt.«
Barfuß und mit nacktem Oberkörper schob Marciac den Vorhang vorsichtig nur so weit zur Seite, dass er auf die Straße hinausblicken konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Hinter ihm im Zimmer hatte sich Gabrielle bereits wieder angekleidet und steckte neben einem zerwühlten Bett ihre Frisur zurecht. Nach einem Nachmittag voll Leidenschaft und vertrauter Zärtlichkeit musste sie den Gascogner nun bald wieder verlassen. Sie war die Inhaberin und Hausmutter des Fröschchen , einem Etablissement, deren junge und liebenswürdige Bewohnerinnen sich ihren hauptsächlich nächtlichen Aktivitäten widmeten. Die ersten Kunden des heutigen Abends würden nicht mehr lange auf sich warten lassen.
»Auf was lauerst du denn da?«, fragte sie und steckte sich eine letzte Haarnadel in die rotblonden Locken.
Obwohl sie schön war, ging ihr Zauber weniger von ihrer Schönheit aus, als von ihrer natürlichen Anmut. Sie hatte Charme und das gewisse Etwas, und ihre stolze Erscheinung machte auf Männer und Frauen gleichermaßen Eindruck. Man konnte sie für kalt und hochmütig halten, besonders, wenn der Zorn in ihren königsblauen Augen aufflackerte und ihr Gesicht zu einer eisigen Maske wurde. Aber Marciac kannte ihre Zweifel, ihre Ängste und Schwächen. Sie war nicht nur die einzige Frau, die er liebte, sondern auch die einzige, bei der er sich nicht zwanghaft zum Verführer berufen fühlte. Selbst Agnès musste hin und wieder seine Avancen zurückweisen.
»Hm?«, machte er abwesend.
»Ich habe gefragt, auf was du da lauerst«, sagte Gabrielle.
»Nichts.«
Er war mit seinen Gedanken sichtlich woanders, und
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