Drachenklänge
wirklich ans Herz, nicht wahr?«
meinte der Bronzereiter und wischte sich die Augen.
»So hatte ich mir das nicht vorgestellt …« Mittlerweile überquerten sie den heißen Sand, mit dem die Brutstätte bedeckt war. Trotz der festen Lederstiefel spürte Robinton die Hitze unter den Fußsohlen. »Das ist wohl der erhebendste Moment im Leben eines
Menschen.«
»Du hast Recht«, stimmte F'lon zu. Dabei spähte
er liebevoll zu Simanith hinauf, der die Brutstätte durch einen hoch gelegenen Ausgang verließ. Die
meisten Drachen begaben sich wieder in ihre eigenen 298
Weyr, und Robinton staunte über die Geschmeidig—
keit und Anmut, mit der die mächtigen Tiere durch das dunkle Loch glitten, das ins Freie führte. Die Kaverne besaß gewaltige Abmessungen, und die Größe dieser Höhlung erlaubte es den Drachen zu fliegen.
Doch niemals kam es zu einer Kollision zwischen den Giganten.
F'lon legte lässig den Arm um Robintons Schultern.
»Heute ist ein guter Tag. In der allgemeinen Euphorie sind alte Streitpunkte vergessen. Sogar Raid war da.«
»Wieso wundert dich das?« hakte Robinton nach.
Er hoffte, den Grund für die Entfremdung zwischen F'lon und Raid zu erfahren. Früher waren die beiden Freunde gewesen. Es hatte eine Weile gedauert, bis Robinton auffiel, dass die beiden sich tunlichst aus dem Weg gingen. Doch F'lon konnte mit seinen spöttischen Bemerkungen verletzen, und auch Raid hatte seine Eigenheiten und Fehler. »Seit die Nachricht von einem neuen Gelege eintraf, konnten Maidir und Hayara von nichts anderem mehr reden.«
»Wahrscheinlich ging es Maizella und ihrem fisch-gesichtigen Ehemann genauso.« F'lon schnitt eine Grimasse. »Sie ist so hübsch, dass sie einen besseren ab-bekommen hätte.«
»Cording besitzt ein großes, einträgliches Pachtgut am Ostmeer. Er schenkt ihr Schmuck und kann den
Blick nicht von ihr abwenden, wenn sie für ihn singt.«
Robinton bemühte sich um einen neutralen Tonfall. Er mochte Maizella, und auch an Cording fand er nichts auszusetzen. Der junge Mann bemühte sich um Lord Maidir und Lady Hayara und hatte zu deren zahlreicher Nachkommenschaft ein gutes Verhältnis. Seinem Burgherrn, dem er unterstand, begegnete er mit höflichem Respekt, ohne indessen unterwürfig zu sein. Leider ähnelte er in der Tat einem Fisch, dafür sorgten das von der Sonne ausgebleichte Haar und die kontur-299
losen Gesichtszüge. Aber als Harfner durfte Robinton keinen gesellschaftlichen Patzer begehen, selbst mit dem, was er einem Freund anvertraute, musste er vorsichtig sein.
»Das mag ja sein, aber er glaubt nicht an die Fäden«, entgegnete F'lon kurz und bündig.
Da dies genügte, um F'lon gegen jeden einzunehmen, egal, ob Mann oder Frau, verzichtete Robinton darauf, weitere Vorzüge Cordings aufzuzählen. Doch nun schwante ihm, was die Ursache für den Konflikt zwischen Burg und Weyr war.
»Sind die Fäden Schuld daran, dass es zwischen den Drachenreitern und der Burg nicht mehr so gut klappt wie früher?« fragte er rundheraus. Schließlich fungierte ein Harfner oftmals als Vermittler und Schlichter und musste sich über mögliche Reibereien auf dem Laufenden halten.
»Was denn sonst?« F'lon knirschte mit den Zähnen.
»Keiner von der Burg will auf S'loner oder mich hö-
ren. Dabei sind wir nicht die einzigen Drachenreiter, die vor der Gefahr warnen. M'odon behauptet, nach spätestens dreißig Planetenumläufen ist es wieder so weit, und die Fäden kehren zurück. Ich habe seine Kalkulationen mehrmals nachgerechnet und kam zu
demselben Schluss.« Gereizt blickte er in die Runde, wie wenn er nach etwas suchte, dem er einen Fußtritt verpassen konnte. Er entdeckte einen Stein und kickte ihn so kräftig, dass er von der Kraterwand abprallte.
F'lon stieß ein zufriedenes Grunzen aus. Dann schlug seine Stimmung jählings um, und er zeigte auf einen Tisch vor dem Eingang zur Unteren Kaverne. »Komm, wir setzen uns dort hin, ehe uns ein anderer den Platz wegnimmt.«
Robinton wollte eine günstigere Gelegenheit abwarten, um F'lon nach näheren Einzelheiten auszufragen.
Sein Freund war nicht besonders taktvoll – und das 300
Gleiche konnte man von S'loner behaupten – aber vielleicht ergab sich eine Möglichkeit, den Bruch zu kitten.
Die meisten der geladenen Gäste standen noch in
Grüppchen herum, Weingläser oder Klahbecher in den Händen, derweil die verlockendsten Aromen aus der Küche drangen. Ein gutes Stück weit entfernt, bei den Weyrling-Kasernen, entdeckte
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