Drachenklänge
Spezialität, wie man hört … und bitte keine falsche Bescheidenheit.«
Robinton schmunzelte.
»Bist du gut untergebracht?«
Robinton neigte dankbar den Kopf. Man hatte ihm
ein Quartier an der Außenseite der Festung zugeteilt.
Das Zimmer war klein, aber ruhig gelegen, und das Fenster ging nach Osten. Nebenan befand sich das Bad.
351
»Brauchst du noch etwas?«
Robinton schüttelte den Kopf.
»Gut. Tillek ist nicht so labyrinthartig verzweigt wie viele der größeren Burgen. Dieses Klippenmassiv besitzt nämlich nicht viele natürliche Höhlen. Deshalb hat man mit dem hier vorkommenden Gestein feste, fädensichere Häuser gebaut.«
Robinton blickte ihn scharf an. Zum ersten Mal seit langer Zeit erwähnte jemand die Fäden.
»Du hast richtig gehört, Harfner. Ich glaube daran, dass wir noch einen Fädenfall erleben werden«, be-kräftigte Minnarden ernst. »Ich habe zu viel darüber gelesen, um diese Gefahr leugnen zu können. Pern wird von den Fäden heimgesucht werden – wenn die Zeit dafür gekommen ist. Teilst du meine Ansicht?
Nicht jeder glaubt an eine Bedrohung, die vom Himmel regnet, und leider gehört auch Melongel zu diesen Skeptikern, obwohl er sehr belesen ist.«
»Die Drachen haben es mir erzählt. Und ich habe
Freunde im Benden Weyr …« gestand Robinton zö-
gernd ein. Doch wenn Minnarden an eine Rückkehr
der Fäden glaubte, hatte er sicher nichts gegen Robintons Freundschaft mit einem Drachenreiter einzuwenden.
»Diese Freundschaften musst du pflegen«, riet Minnarden ihm. Dann legte er den Kopf schräg. »Ist das vielleicht der Grund, weshalb Lord Raid dich nicht länger in seiner Burg haben wollte?« Er hob eine Hand, als Robinton nervös auf seinem Stuhl hin und her rutschte. »Ich weiß, ich weiß. Aber bewahre dir deinen Glauben.« Er erhob sich von seinem Platz.
»Falls du irgendwelche Fragen hast, dann wende dich ruhig an mich. Für Beschwerden habe ich auch ein offenes Ohr. Wenn meinen Harfnern etwas nicht passt, dann sollen sie direkt damit zu mir kommen und sich nicht gegenseitig ihr Leid klagen. Da wäre noch etwas.
352
Die Haupteinnahmequelle dieser Burg ist die Fischerei. Deshalb solltest du so viel wie möglich über diesen Berufszweig lernen. Neues Wissen kann niemals schaden. Auch eine Schiffswand hat zwei Seiten.«
Robinton stöhnte leise. Dieser Vorfall würde ihn wohl noch lange verfolgen. Doch er lächelte Minnarden zu, der sich offensichtlich über das Abenteuer seines gewitzten neuen Harfners freute.
Minnarden fasste in das Bücherregal, zog ein dickes, in Leder gebundenes Buch heraus und legte es vor Robinton auf den Tisch. »Wenn du die Charta bis jetzt noch nicht auswendig kennst, dann wird es
höchste Zeit, dass du sie dir einprägst. Und mach dich mit den am häufigsten vorkommenden Rechtsverlet-zungen vertraut.« Minnarden stieß einen Seufzer aus.
»Dieser Aspekt unseres Berufs kann mitunter sehr interessant sein. Aber auch ziemlich lästig, wenn man es mit Leuten zu tun hat, die zu dumm oder zu stur sind, um Einsicht zu zeigen.
*
Einige von Melongels Kindern – er hatte neun –
gehörten dem Chor an, mit dem Robinton probte.
Die beiden Jungen und das Mädchen waren intelligent, aufgeweckt und wissbegierig. Außerdem so musikalisch, dass sie in der Harfnerhalle eine Lehre hätten absolvieren können. Der älteste Sohn, er war um eine Planetenumdrehung jünger als Robinton,
hieß Oterel. Dieser hoch aufgeschossene, schlaksige Bursche wirkte so linkisch, als könne er sein langes Knochengestell noch nicht richtig koordinieren.
Oterel freute sich darüber, dass Groghe sein Zimmer und seine Pflichten mit ihm teilte, denn er wirkte bereits in der Verwaltung der Burg mit und hatte viel zu tun.
353
Und dann war da noch Kasia, Lady Juvanas jüngste Schwester. Sie wohnte erst seit kurzem in Tillek.
Gleich bei ihrem ersten Zusammentreffen fühlte sich Robinton stark zu der attraktiven jungen Frau hin-gezogen. Einen Planetenumlauf zuvor hatte sie ihren Liebsten in einem Sturm auf hoher See verloren. Das Unglück passierte vor der Küste von Nerat, zwei Siebenspannen vor ihrer geplanten Vermählung. Ihre Eltern hatten sie zu Juvana geschickt, um sich ein wenig von ihrem Kummer abzulenken.
Robinton fiel auf, wie traurig das Mädchen oft
dreinblickte, er erkannte den Schmerz, der in ihren wunderschönen meergrünen Augen lag. Nur wenn sie lachte, schien für eine kurze Weile die Schwermut von ihr abzufallen. Doch sie gab sich heiter, war
Weitere Kostenlose Bücher