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Drachenklänge

Drachenklänge

Titel: Drachenklänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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warten, erfordern von einem Meisterharfner bestimmte Eigenschaften, die ich nicht mehr aufbringe.
    Ich habe nicht die Kraft, jemandem wie Fax die Stirn zu bieten.«
    »Ich danke dir für dein Vertrauen, Meister«, entgegnete Robinton verlegen.
    »In dem Augenblick, als ich sah, wie du mit den
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    Drachen sprachst, hielt ich dich für meinen möglichen Nachfolger. Erinnerst du dich noch an den Tag?«
    Robinton nickte. Es war einer der Höhepunkte in
    seinem Leben gewesen. Er hatte sich auserwählt und glücklich gefühlt, denn die Drachen unterhielten sich nicht mit jedem. »Ich wusste gar nicht, dass ich beobachtet wurde.«
    Gennell schmunzelte. »Ich behielt dich im Auge, seit deine Mutter mir erzählte, du würdest auf der Flöte Variationen über ein musikalisches Thema spielen.«
    »Ich habe dir viel zu verdanken, Meister Gennell«, erwiderte Robinton schlicht.
    Gennell winkte ab. »Übe dein neues Amt nach bestem Wissen und Gewissen aus, dann fühle ich mich reichlich belohnt. Lass es nicht zu, dass ein Tyrann wie Fax weiterhin die Harfner schikaniert.«
    Darauf schwor Robinton einen feierlichen Eid.
    »Hast du heute morgen die Trommelbotschaft gehört?« wechselte Gennell abrupt das Thema.
    »Ja.« Robinton lächelte. »In Burg Ruatha kam ein Kind zur Welt. Ein Mädchen, klein aber gesund.«
*
    Zwei Tage später wurden Robinton und Gennell gebeten, so rasch wie möglich in die Burg zu kommen.
    Lord Grogellan verweigerte einen chirurgischen Ein-griff, der von der Meisterheilerin Ginia, ihrem tüchtigen Assistenten Oldive und dem Heiler von Burg Fort für unabdingbar gehalten wurde.
    »Vielleicht kannst du ihn zur Einsicht bringen, Gennell.« Ginias Gesicht war vor Aufregung gerötet. »Oldive und ich haben diese Operation schon so oft
    durchgeführt – sie dauert nur wenige Minuten. Wenn wir den entzündeten Blinddarm nicht entfernen, stirbt Grogellan.«
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    »Ihr könnt ihn doch nicht aufschneiden!« protestierte Lady Winalla weinend. »Da lasse ich nicht zu. Es ist barbarisch.«
    Ginia schüttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil. Es ist so einfach wie das Entfernen entzündeter Mandeln.
    Du hattest nichts dagegen, dass ich sie bei deinen Kindern wegoperierte.«
    »Ich will nicht, dass der Körper meines Mannes verstümmelt wird …« Lady Winalla schüttelte sich bei der bloßen Vorstellung. Störrisch fuhr sie fort: »Einem Menschen kann man nicht mit einem Messer den
    Bauch aufschlitzen wie einem Tier.«
    »Mutter, wenn es eine Frage des Überlebens ist …«
    wandte Groghe in sachlichem Ton ein. »In Tillek sah ich einmal, wie es gemacht wird. Stimmt's, Rob?«
    Robinton nickte. »Clostan operierte einen Seemann, der mit schrecklichen Bauchschmerzen zu ihm kam.
    Eine Woche später verrichtete er wieder Dienst auf seinem Schiff.«
    Lady "Winalla schüttelte unentwegt den Kopf und kniff die Lippen zusammen.
    »Wir werden es nicht erlauben«, beharrte sie und drückte sich ein Taschentuch vor den Mund, als sie die Tür zum Krankenzimmer öffnete. Man hörte Grogellan stöhnen. »Ach, er muss fürchterliche Schmerzen leiden. Ginia, gib ihm bitte mehr Fellis-Saft. Wie kannst du ihn so quälen?«
    »Er würde von seinen Schmerzen erlöst, wenn ich
    ihn operieren dürfte …«
    »Nein, niemals! Wie kannst du so etwas vorschla—
    gen?«
    »Als er eine Schnittverletzung hatte, durfte ich die Wunde doch auch nähen. Im Grunde ist es dasselbe«, wagte Ginia einen neuerlichen Vorstoß.
    »Keineswegs. Die andere Wunde war auf natürlichem Wege entstanden«, widersprach Lady Winalla.
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    »Hör doch, wie er jammert. Du kannst ihm doch mehr Fellis geben!«
    »Gewiss kann ich das«, zischte Ginia. »Ich kann ihm so viel Fellis geben, dass er einschläft und nie wieder aufwacht.«
    »Sag doch so etwas nicht, Ginia. So etwas darf man gar nicht aussprechen.«
    »Es ist meine Pflicht, offen und ehrlich zu sein, Winalla. Wenn ich nicht operiere …«
    Winalla hielt sich die Ohren zu, stieß einen trotzigen Schrei aus und eilte an das Bett ihres Mannes, der sich vor Schmerzen krümmte.
    Er starb noch am selben Tag, unter entsetzlichen Qualen, die nicht einmal massive Gaben von Fellis oder Umschläge mit Taubkraut lindern konnten.
    »Kein Aufschneiden, keine Verstümmelung, dafür
    der Tod«, murmelte Ginia, als sie ermattet den Ort der Tragödie verließ. »Früher waren die Menschen aufge-klärter …« Sie schüttelte den Kopf und stützte sich auf Oldive.
*
    Die Versammlung in Telgar wurde abgesagt. Stattdessen kamen die

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