Drachenklänge
Tesner von Igen, der älteste der Burgherren, fand ihr Ansin-nen unverschämt und ließ sie hinauswerfen. Die anderen Burgherren und Meister stimmten mit Tesner voll überein.
Während der anschließenden Feier hielt Robinton
nach Thella Ausschau. Er wollte die Frau sehen, die den Mut besessen hatte, aufgrund ihres Geblüts Erb-ansprüche geltend zu machen, doch sie ließ sich nicht blicken. Später fragte er sich oft, was aus ihr geworden sein mochte, denn kurz nach diesem Vorfall verließ sie Burg Telgar.
Es gab die üblichen Feiern zur Sonnenwende, Versammlungen, und in seiner Eigenschaft als Meisterharfner war Robinton viel unterwegs. C'gan besuchte ihn häufig und war immer ein gern gesehener Gast.
Jedes Mal brachte der blaue Reiter Camo Geschenke mit – ein Spielzeug oder süßes Gebäck aus der Weyr-Küche. Er zeigte Camo sogar, wie man Flöte spielt.
»Es tut mir gut, mit dir zu sprechen, Robinton«, pflegte C'gan zu sagen. »Du bist der Einzige, der sich einen Schlangenschiss darum kümmert, was aus dem Weyr wird.« Oft schwärmte er wehmütig von
den Zeiten, als F'lon noch Weyrführer war und die Drachenreiter auf Trab hielt. R'gul neigte dazu, den Weyr vor der Außenwelt abzuschütten und erlaubte es den Drachenreitern nur selten, Versammlungen
zu besuchen, die nicht in Benden oder Nerat statt-fanden.
»Er hat Angst, die Burgherren zu verärgern«, erklärte C'gan. »Besonders die von Benden oder Nerat.
Diese Burgen erfüllen treu ihre Tributpflicht dem Weyr gegenüber – und auch Bitra lässt sich nicht lumpen, wenn Lord Sifer geruht, sich an seine Obliegenheiten zu erinnern.«
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»Wie geht es F'lons Söhnen, F'lar und F'nor?« erkundigte sich Robinton. Er nahm sich vor, die nächste Versammlung in Nerat zu besuchen. Vielleicht traf er dort die beiden Jungen.
»Sie entwickeln sich prächtig. F'lar ist jetzt schon vernünftiger, als sein Vater es je war«, erwiderte C'gan. »Und sie glauben an die Wiederkehr der Fäden.
Das weiß ich mit Bestimmtheit.« Dann seufzte er. »Im Weyr hat es noch mehr Verluste gegeben. Jora ist einfach nicht dazu geschaffen, als Weyrherrin zu fungieren. Sie ist viel zu träge. Ich fürchte, wenn der nächste Fädenfall einsetzt, sind wir gar nicht für den Kampf gerüstet.«
Robinton nickte verstehend. Am Ende des letzten
Fädenfalls hatte es sechs Weyr mit insgesamt über dreitausend Drachen gegeben. Jetzt standen höchstens noch dreihundert zur Verfügung. Und nicht alle waren ausgebildet, gegen die Gefahr zu kämpfen. C'gan kam langsam in das Alter, in dem er für ein Geschwader eine Belastung darstellte. Eine Zeile aus dem Lied der Fragen kreiste in Robintons Kopf:
»Wo weilt ihr, Drachen? In anderen Welten?«
*
Doch Robinton hatte anderes zu tun, als sich um un-beantwortete Fragen zu kümmern. Viel Freude bereitete ihm Sebell, der große Fortschritte machte. Nicht mehr lange, und er würde vermutlich die Tische wechseln.
Nach einer Weile drangen mit beunruhigender Regelmäßigkeit Gerüchte über Fax an Robintons Ohren.
Er behandelte seine Pächter schändlich, doch nur sehr wenigen gelang die Flucht.
Nip erstattete getreulich Bericht. Robinton erhielt sogar eine kurze Nachricht von Bargen, in der er ihm 535
mitteilte, er wolle alles daransetzen, um Fax zu vertreiben und seine eigenen Ansprüche auf Burg Hochland geltend machen. Immerhin war er der legale
Erbe.
Eines Nachts erschien Nip, völlig entkräftet, weil er beinahe ohne Pause von Nabol bis zur Harfnerhalle gerannt war.
»Fax plant etwas …« keuchte er, als er in Robintons Zimmer stürmte.
Der Harfner setzte Nip in den nächsten Sessel und schenkte ihm ein Glas Wein ein.
»Der Kerl ist raffiniert wie die Sünde«, fuhr Nip nach dem ersten Schluck fort. »Bei Nacht und Nebel brach er mit einer Horde Waffenknechte auf, und keiner weiß, wohin. Selbst seine eigenen Leute, die er in der Kaserne von Nabol zurückließ, tappen diesbezüglich im Dunkeln.«
»Ruatha!« schoss es Robinton blitzartig durch den Kopf.
»Du hast Recht!« bekräftigte Nip erschrocken. »Gib mir den schnellsten Renner, den ihr habt.«
»Ich komme mit.«
»Nein, Robinton. Ich bin es gewöhnt, mich quasi unsichtbar zu machen, und gleich zwei Reiter …«
»Ich komme mit!« Robinton zog sich dunkle Bekleidung an und warf Nip eine warme Jacke zu.
Aus der Küche holte Robinton Proviant, hinterließ eine Nachricht an Silvina und dann polterten er und Nip zur Tür hinaus. Ihr überstürzter Abgang scheuchte den
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