Drachenklänge
vor Eifer. »Ich kann gar nicht aufhören, Lieder zu schreiben.«
»Das ist gut so. Wir müssen dringend unser Repertoire mit flotten, mitreißenden Weisen auffrischen. Die Leute lechzen nach neuen Liedern, die sie mitsingen oder mitpfeifen können. Dein Einfallsreichtum in dieser Hinsicht ist unübertroffen, Rob. Ich erwarte von dir, dass du nicht nachlässt …«
»So lange es niemanden stört …« murmelte Robinton.
»Hör auf mit diesem Unsinn, Rob. Dein Beitrag zur Musik auf Pern kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Und gewöhne dir ab, ständig rot zu werden, du glühst ja wie ein Leuchtkorb. Du musst lernen, ein aufrichtig gemeintes Kompliment genauso gelassen entgegenzunehmen, wie du die Nörgeleien deines Vaters ertragen hast.« Abrupt verstummte Gennell und räusperte sich. »Nun, das wäre wohl entschieden, aber ich wollte wissen, ob du lieber in der Harfnerhalle geblieben wärst. Wenn ja, dann hätten wir schon eine sinnvolle Tätigkeit für dich gefunden.
Und ich meine, du kannst beruhigt fortgehen, denn deine Mutter hat sich während des Sommers gut erholt.«
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Robinton blickte in Meister Gennells gütige Augen und lächelte dankbar. »Ich bin nur ein Lehrling, Meister Gennell, ich muss jede Stelle antreten, die man mir zuweist. Doch ich möchte gern irgendwohin, wo ich mich nützlich machen kann.« Denn hier kann ich mich nicht nützlich machen. Dieser Gedanke hing unausgesprochen in der Luft.
»Die Angelegenheit wäre hiermit erledigt. Ich
ziehe Erkundigungen ein, wer einen Harfnergehilfen braucht.«
Draußen auf dem Korridor versuchte Robinton, die überwältigende Neuigkeit zu verkraften.
Er freute sich darauf, die Harfnerhalle verlassen zu können, um nicht dauernd den strafenden Blicken seines Vaters ausgesetzt zu sein. Insgeheim war er davon überzeugt, dass hierin die Krankheit seiner Mutter be-gründet lag. Die ständige Spannung, zwischen Ehegemahl und Sohn vermitteln zu müssen, zerfraß sie innerlich und raubte ihr jede Energie.
Robinton sehnte sich danach, sein eigenes Leben
führen zu können – ohne sich ständig aus Rücksicht auf seine Eltern bremsen zu müssen. Und da Meister Gennell ihm versprochen hatte, ihn über den Gesund-heitszustand seiner Mutter auf dem Laufenden zu halten, konnte er reinen Gewissens in die Welt ziehen.
Für seine Mutter wäre es sicherlich auch eine Erleichterung, wenn sie sich nicht ständig um ihn sorgen musste.
Er ging an seine Arbeit zurück und trug eine letzte Schicht Firnis auf die Bogenharfe auf, die er anfertigte.
Er wollte das Instrument mitnehmen, obwohl es eigentlich für den Verkauf bestimmt war. Mit seinen Arbeiten hatte er sich auf Versammlungen schon etliche Marken verdient. Als Jerint ihn fragte, worüber er mit Meister Gennell gesprochen hatte, zuckte Robinton wegwerfend die Achseln.
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»Ach, es ging darum, was ich als Nächstes tun soll«, antwortete er und brauchte nicht einmal zu lügen.
Für Robinton war es zur Gewohnheit geworden,
seine Gedanken und Gefühle für sich zu behalten.
Zwar drängte es ihn, seiner Mutter die Neuigkeit zu erzählen, doch sie gab gerade Unterricht. Eine Weile musste er seine Freude noch allein genießen. Und er befand sich in bester Stimmung. Zum einen brauchte er sich nicht länger von seinem Vater schikanieren zu lassen, zum anderen fasste er es als ein großes Abenteuer auf, seine erste offizielle Stelle anzutreten.
Außerdem glaubte er, dass Meister Gennell schon
sehr bald verkünden würde, wer die Tische wechseln durfte – für viele die schönste Tradition in der Harfnerhalle. Jeden Tag konnte man damit rechnen, dass die Namen der frisch gebackenen Gesellen bekannt gegeben wurden. In den Schlafsälen der Lehrlinge war dies das Hauptgesprächsthema.
Mitunter gab man den Glücklichen einen Wink und
riet ihnen, ihre Siebensachen für eine längere Reise zu packen, doch es kam auch vor, dass kein Sterbens-wörtchen verraten wurde, bis Meister Gennell die Namen ausrief. Es war immer ein bedeutungsvoller Abend. Die Meister liebten es, sich die Überraschung bis zum allerletzten Augenblick aufzusparen, sie lie-
ßen die Kandidaten schwitzen, ehe sie ihnen die Belohnung für vier Planetenumläufe harter Arbeit zubil-ligten. Robinton konnte wenigstens seine Mutter vor-warnen, dass er im Begriff stand, die Halle zu verlassen. Er wusste, dass sie sich mit ihm freuen würde.
Selbst ein Posten als Harfnergehilfe galt als hohe Auszeichnung.
Robinton legte eine Pause ein und
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