Drachenklänge
hohe Anforderungen an dich stelle, junger Mann. Woher kommst du?
Wer sind deine Eltern?«
Robinton antwortete bereitwillig, in der Hoffnung, seinen neuen Meister milde zu stimmen. Seine Mutter fand Lobirns uneingeschränkte Billigung, doch über Petiron äußerte er sich weniger günstig. Robinton war entsetzt, wie freimütig er seine Meinung zum Besten gab – und das noch vor dem Sohn dieses Mannes, den er gnadenlos kritisierte. Lobirn hielt Petirons Kompositionen für viel zu verschnörkelt und kompliziert, um jemandem von Nutzen zu sein.
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Zwar hegte Robinton die gleiche Ansicht, doch niemals hätte er dies zugegeben, weil dies für ihn einem Verrat gleichgekommen wäre. Er erschrak ein zweites Mal, als Lobirn ihm erklärte, welche Art von Musik er bei seiner Arbeit bevorzugte – es handelte sich um seine, Robintons, Werke, obwohl Lobirn den Verfasser dieser Musikstücke gar nicht kannte.
Robinton hätte sich eher die Zunge abgebissen, als Lobirn über seine Urheberschaft aufzuklären, doch das Wissen, dass seine Musik gefiel, trug erheblich dazu bei, mit dem schrulligen alten Mann auszukommen. Denn Meister Lobirn war launisch, unberechenbar, verschroben und machte kein Hehl aus seiner Abneigung, einen »unreifen Grünschnabel, der noch nass hinter den Ohren ist«, in die Geheimnisse seiner Zunft einzuweihen.
Doch als Lobirn merkte, mit welcher Geduld sich
Robinton den schwächeren Schülern widmete, änderte sich allmählich seine Einstellung. Nicht lange, und er äußerte dann und wann ein paar lobende
Worte. Er selbst besaß ein aufbrausendes, cholerisches Temperament und bestrafte unaufmerksame
Schüler schon einmal mit einem leichten Klaps. Deshalb unterrichtete Robinton nicht nur die Kinder, die mit dem Pensum hinterher hinkten, sondern auch die ganz jungen Schüler, denen erst noch die grundlegen-den Lehrballaden beigebracht werden mussten. Ihm war diese Regelung recht. Und mit Vergnügen sang er die von ihm geschriebenen Balladen und Lieder, die Meister Gennell in den Lehrplan aufgenommen
hatte. Es stimmte ihn glücklich, seine eigenen Werke nutzen zu dürfen, ohne Petirons Zorn und Verachtung zu fürchten.
Außerdem verpflichtete man ihn, ein paar Tage in jeder Siebenspanne in entlegene Ansiedlungen zu gehen, deren Bewohner manchmal mit keinem Außen—
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stehenden in Kontakt kamen. Diese Ausflüge wurden eingestellt, sowie das Wetter umschlug und der Winter das Hochland fest im eisigen Griff hielt. Deshalb kopierte er eigens für diese abgeschieden lebenden Siedler Lehrballaden, die sie bis zu seinem nächsten Besuch auswendig lernen sollten. Über jede seiner Reisen musste Robinton einen ausführlichen Bericht schreiben, und er war überrascht, mit welcher Sorgfalt Meister Lobirn diese Unterlagen prüfte.
Außer Robinton und Lobirns drei Gehilfen gab es
noch einen Harfnergesellen – Mallan – der aus dem Hochland stammte und ähnliche Aufgaben übernahm
wie Rob. Die beiden teilten sich ein kleines Innen-quartier auf der Wohnebene des Burgherrn; es bestand aus zwei Schlafkammern und einem Aufenthaltsraum.
Das Bad und die sanitären Anlagen benutzten sie gemeinsam mit den drei Gehilfen, die in einem einzigen großen Innenraum untergebracht waren.
Meister Lobirn und seine Gemahlin Lotricia bewohnten ein Außenappartement mit Fenstern. Lotricia war eine verblühte Frau, doch wenn sie lächel-te, strahlte sie über das ganze Gesicht, und mit ihrem freundlichen, hilfsbereiten Wesen erinnerte sie Rob an Betrice. Als sie Lobirn kennen lernte, hatte sie den Beruf der Heilerin studiert, aber nach der Heirat gab sie das Studium auf und begleitete ihn ins Hochland, wo sie sich darauf beschränkte, die vier Kinder großzuziehen, die dieser Verbindung ent-sprangen.
Die Tochter heiratete einen Grundbesitzer aus dem Hochland und kam gelegentlich mit ihren Kindern die Eltern besuchen. Die Söhne übten handwerkliche Berufe aus und ließen sich regelmäßig zu Versammlungen und Feiern blicken.
»Keiner von ihnen kann auch nur eine einzige richtige Note singen«, äußerte Lobirn einmal in wegwer-249
fendem Ton. »Das haben sie von ihrer Mutter geerbt.
Aber sie haben es im Leben zu etwas gebracht. Aus ihnen ist trotzdem etwas geworden.«
Lotricia versorgte ihre »Buben«, wie sie die Lehrlinge und Gesellen nannte, immer mit besonderen Leckereien. »Ihr müsst alle noch wachsen und braucht ordentlich was zu essen«, meinte sie. »Höchste Zeit, dass ihr ein bisschen Speck auf die Rippen
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