Drachenklänge
kriegt.«
Und ein jeder der jungen Burschen nahm die Sonder-zuteilungen dankbar an.
*
Bei dem ausgefüllten Stundenplan und der Herumreiserei blieb Robinton kaum Zeit zum Komponieren.
Unterwegs blieb er mitunter stehen und kritzelte die Weisen, die ihm in den Sinn kamen, auf einen Fetzen Pergament. Und wenn er dann die steilen Wege hinauf-oder hinunterkraxelte, sang und pfiff er seine jüngsten Kompositionen.
Gelegentlich führten nur schmale Viehpfade in luftige Höhen, und einige Male wäre er um ein Haar
abgestürzt, weil er sich von der Musik ablenken ließ.
Doch es gefiel ihm, draußen im Freien neue Lieder zu ersinnen, die er aus voller Kehle schmettern konnte, ohne jemanden zu stören. Und oftmals hallte von den umliegenden Felswänden ein Echo zurück.
Nach dem ersten heftigen Schneesturm nahmen
seine Reisen ein Ende. Der erste Blizzard hielt ihn drei Tage und Nächte in Burg Murfy gefangen, eine winzige Festung, in der fünfzehn Leute auf engstem Raum zusammen hausten.
Murfytwen, der zwanzigste Mann, der das Anwesen bewirtschaftete, machte Rob den Weg frei, als der Sturm endlich abflaute. Er begleitete ihn zurück zur Burg Hochland, um dort dringend benötigte Vorräte 250
abzuholen. Schon viel zu lange hatte er dieses Vorha-ben auf die lange Bank geschoben.
»Obwohl das Zeug sich viel einfacher transportieren lässt, wenn Schnee liegt«, erklärte Murfytwen fröhlich, während er die Sachen auf den Schlitten packte. »Bis auf bald, Harfner. Wir sehen uns, wenn die Wege wieder begehbar sind. Und vielen Dank für die neuen Lieder. Wir werden sie gut lernen. Ich verspreche, dass Twenone sein Pensum bis zum nächsten Frühling beherrscht!«
Zum Abschied hob Murfytwen die Hand, die in
einem Fäustling steckte, und stapfte den verschneiten Weg zurück, den sie gekommen waren.
*
Burg Hochland duckte sich auf der Bergspitze wie ein dickbauchiger, gestrandeter Fischtrawler. Die Festung hatte schon vielen Winterstürmen getrotzt, und die wuchtigen Mauern dämpften das Heulen des Windes, der um die Felszinnen tobte.
Doch das Leben in dieser Burg unterschied sich
stark von der Realität in der Harfnerhalle oder auch in Burg Benden. Wie vorgesehen, war die Festung im Hochland autark, und das bedeutete, dass dort sämtliche handwerklichen Stände vertreten waren. Es gab sogar einen Bergwerksmeister, Furlo, der mit seinen Bergleuten hauptsächlich Kupfer abbaute, ein häufig verwendetes Metall.
Unter den Grubenarbeitern gab es viele Männer,
die schöne Stimmen hatten, und Meister Furlo hatte zwei Quartette gegründet, die an den meisten Abenden sangen. Furlo spielte ausgezeichnet Gitarre und pflegte seine Sänger selbst zu begleiten, doch als sich Robinton erbot, ihn zu vertreten, nahm er den Vorschlag dankbar an.
251
Meister Lobirn hatte dafür gesorgt, dass die Burg mit einem kompletten Orchester aufwarten konnte, und die langen Winterabende verbrachte man in fröhlicher Stimmung. Lord Faroguy, der Burgherr, und seine Gemahlin, Lady Evelene, wirkten bei der Unterhaltung begeistert mit. Drei ihrer zwölf Kinder waren versierte Musiker und Sänger.
Allerdings beschränkte man sich nicht auf musikalische Ereignisse, sondern auch der Sport spielte eine wichtige Rolle. Ringerwettkämpfe und andere körperliche Übungen fanden nahezu jeden Abend statt. Die Hallenrennen bereiteten Robinton ein besonderes Vergnügen, und er machte voller Enthusiasmus mit. Seine langen Beine und die durch Gesangsübungen gekräftigten Lungen verschafften ihm beträchtliche Vorteile.
Zuvor hatte er noch nie von Hallenrennen gehört. In Fort konnte man selbst mitten im Winter draußen
Sport treiben. Doch hier im Hochland, wo man sich dem Wetter und dem gebirgigen Terrain anpassen
musste, benutzte man die langen Korridore als Sprint-strecken oder Langlaufbahnen.
Selbst auf den Treppenfluchten wurden Wettspiele ausgetragen – es ging darum, wer als Erster oben und wieder unten war, möglichst ohne sich ein Bein zu brechen. Verstauchte Knöchel gehörten zum Alltag, desgleichen Schulterzerrungen, die man sich zuzog, wenn man sich krampfhaft an einem Treppengeländer festhielt, um einen schlimmen Sturz zu vermeiden.
Bei den Wettläufen schnitt Robinton zumeist gut
ab, doch vor den Zweikämpfen scheute er zurück.
Die meisten Harfner ließen sich nicht auf Rangeleien ein. Eine Ausnahme bildete Shonagar, der bei sich zu Hause und in der Harfnerhalle einen Meistertitel im Ringen erkämpft hatte und bereits dreimal den
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