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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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bist du? stürmen die Fragen auf ihn ein, und immer wieder: Warum schweigst du?
    Die Eindringlichkeit lähmt vorübergehend seine Widerstandskraft, er muß antworten!
    Ganz vorsichtig öffnet er sich dem tastenden Suchen des fremden Meisters. “Hier bin ich”, flüstert er heiser, “hier – und ich komme zu dir.”
    Der Jubelschrei will ihn wie eine Explosion zerfetzen, dann braust es einer Sturmflut gleich über ihn hinweg: Wo bist du, wie viele Schritte sind es bis zu dir, welchen Namen hat der letzte Schritt, bist du innerhalb der Welt oder hinter dem letzten Schritt in der Welt, wo…, wie viele…, woher…, wohin…, warum…?
    Marigg stöhnt unter der Willensanstrengung und umgibt sich mit einem mentalen Schutzwall aus Gedanken. Aber unentwegt prallen die Fragen des Fremden gegen diesen Panzer, und Marigg wird auf einmal klar, wie recht er gehandelt hat, als er sich entschloß, das Elixier zu benutzen.
    Der Fremde vervielfacht seine Anstrengungen, und Mariggs Kräfte schwinden. Noch einmal öffnet er seine Deckung einen Spalt und keucht verzweifelt: “Ich brauche meine Kraft für den Weg, versteh mich doch! Schweig, bitte schweig.”
    Plötzlich ist es ganz ruhig, und Marigg hört sogar das millionenfache Wispern des das ganze All umfassenden Hintergrundfeldes. Und dann fragt der Fremde leise, zaghaft beinahe: “Welche Kraft brauchst du? Ist es Warmkraft? Davon kann ich dir geben, wenn du zu mir kommst.”
    Dieses Angebot berührt Marigg eigenartig. Die Macht der Stimme konnte er von seinem Fühlen fernhalten, aber der Sinn ihrer Worte füllt ihm die Brust. Er bietet mir Wärme! Die Worte klopfen in ihm wie ein gewaltiger Herzschlag. “Schweig bitte…”, flüstert er entkräftet.
    Der Fremde verstummt, nur noch das feine Zirpen und Singen seines Gedankenfeldes weist den Weg.
    Marigg läßt den Lander sinken, bis sich die gesplitterten Wälle der Krater vor ihm türmen wie die Mauern einer verwüsteten Festung. Nun sind auch die Risse und Spalten deutlich zu erkennen, die diesen Bereich der Merkuroberfläche furchen wie Falten das Gesicht eines Menschen. Hier tobten die Gezeitenkräfte der Sonnenbeben am ärgsten.
    Die auseinandergeplatzten Plantagenkuppeln funkeln wie Eis.
    Marigg hat den wissenschaftlich-technischen Komplex Thot erreicht. Das Innere der zerstörten Kuppeln gleicht dem Aufbau eines Bienenstocks, Marigg erkennt Hunderte von Zellen, wie Waben oder wie Poren eines Schwamms. Jede dieser Zellen war einst ein blühender Garten, ein Getreidefeld oder eine Gemüsekultur. Jetzt ist hier alles tot, verbrannt vom höllischen Hauch der Sonne, die plötzlich zum Leben erwachte und zu atmen begann, tödliche Hitzeströme und mörderische Schwerewellen ausspie.
    Der Lander jagt über ein Relief hinweg, das Marigg wie ein plötzlich zu Eis erstarrter und zersplitterter Spiegel eines schäumenden Sees vorkommt. Links von ihm glänzen die zerknitterten oder aufgerissenen Dächer der heliophysikalischen Pavillons, die eingestürzten Verbindungstunnel sehen aus wie die halbverschütteten Kanäle eines Bewässerungssystems.
    Der sternförmige Grundriß des Forschungskomplexes bleibt hinter dem Lander zurück. Marigg folgt dem längsten Strahl dieser Struktur, der den ebenfalls eingestürzten Haupttunnel zwischen Nabu und Thot kennzeichnet.
    Bald schon erkennt er die konzentrischen Ringe des Wohn- und Sozialtrakts. Auch hier furchen tiefe Risse den Boden, haben die Kavernen und Kasematten zerrissen, wie Seifenblasen platzen lassen.
    Marigg verringert die Geschwindigkeit des Flugkörpers. Ring für Ring gleitet ein Panorama unter ihm vorbei, das wie ein Triumphbogen der siegreichen Naturgewalten in diese leblose Landschaft gesetzt ist. Nein, korrigiert er sich sofort, es ist kein Triumphbogen, sondern ein Mahnmal.
    Und irgendwie imponiert ihm an diesen Terranern, daß sie diese Ruinen, Zeugnis einer ihrer schwersten Niederlagen im ewigen Ringen mit der Natur, nicht einfach einebnen, sondern zur fortwährenden Warnungvor allzuviel Selbstgefälligkeit und Übermut ihren Nachfahren hinterlassen.
    Marigg überfliegt das Zentrum und entdeckt einige halbwegs brauchbare Landefelder. Der Fremde schweigt weiterhin, aber Marigg meint an den Schwingungen des Gedankenfeldes die Kraft ermessen zu können, mit der sein fremder Freund die Ungeduld zügelt. Sie muß unermeßlich sein.
    Der dritte Ring, der vierte – da, an dieser Stelle muß sich die Stationsklinik befinden. Nur ein einzelner dünner Spalt klafft im

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