Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
Vom Netzwerk:
aller Gewalt gegen die Gittertür, bar jeder Vernunft, die ihm sagen müßte, daß dies das untauglichste Mittel ist.
    Plötzlich verharrt er. Das Außenmikrofon überträgt ein Geräusch, das ihm eisige Schauer über den Rücken rinnen läßt, ein hohes, klagendes Jammern, das gleich darauf in schrilles, geradezu frenetisches Kreischen übergeht. Mariggs Finger krampfen sich um die Gitterstäbe, sein Hals wird trocken. Ein irrsinniger Gedanke durchzuckt ihn: Das klingt ja fast wie eine Mundharmonika! Die Töne nähern sich, begleitet von einem rhythmischen Platschen wie von nackten Füßen.
    Marigg preßt sich gegen das Gitter, auf einmal weiß er: Er kommt, sie kommen, es kommt…
    Das Klatschen wird zu einem Schurren und Schlurfen, als wälze sich ein riesiger Tausendfüßer durch den Gang hinter der Bioschleuse. Angst befällt Marigg. Die Fremden schweigen noch immer, und Marigg denkt gar nicht mehr daran, daß er selbst dieses Schweigen stöhnend gefordert hat und es mit einem einzigen gedanklichen Impuls durchbrechen könnte. Nur das Schurren und Knistern des gewaltigen Gedankenfeldes hüllt ihn ein, Oh, großer Dual, hilf mir! fleht er inständig. Hilf mir, stark zu bleiben! Was ist das, was da zu mir kommt, was wird es tun, was soll ich machen?
    Da! Ein gewaltiger Schatten schwankt heran.
    Marigg befällt ein Zittern, das seinen ganzen Körper schüttelt, seine Augen weiten sich vor Entsetzen, und ein unartikulierter Schrei löst sich aus seiner Kehle. Das erste Wesen muß weit über zwei Meter groß sein, sein Kopf berührt beim Gehen fast die Decke des Korridors.
    Marigg fühlt, wie seine Knie weich werden.
    Platsch, platsch – die nackten Füße des Wesens klatschen auf den reifbedeckten Boden, die säulenartigen Beine sind beim Gehen immer etwas eingeknickt. Der Körper ähnelt entfernt dem eines Menschen, nur sticht das Brustbein spitz hervor, und der Oberkörper ist seltsam schief, geht links gleich in einen kurzen Hals über, schulterlos, während sich rechts die Muskelstränge eines gewaltigen Armes runden. Auf der rechten, einzigen Schulter hockt irgend etwas Undefinierbares, das Marigg noch nicht klar erkennen kann, der Arm jedoch ist zurückgebogen und schleppt ein Gebilde hinter sich her, das wie ein Wurm aus Dutzenden Leibern erscheint.
    Die Zähne schlagen Marigg klappernd aufeinander, ein Ruck geht durch seinen Körper, er will aufspringen, davonlaufen, denn das Abscheulichste an diesem Wesen ist der Kopf!
    Ein mißgestaltes Ding mit Beulen und Schwielen sitzt auf dem Hals, anstelle der Nase gähnen zwei dunkle Löcher, und unter diesen schrecklichen Höhlen zucken zwei mehrfach gespaltene Lippen.
    Aber Marigg kann nicht davonlaufen. Die mächtige Aura des Wesens hält ihn gefangen.
    Du bist kalt! Soll ich dir Wärme geben? peitschen die fremden Gedanken durch sein Gehirn.
    Ja, Marigg fühlt wirklich eisige Kälte, die wie ein Klumpen in seinem Bauch liegt. Aber er spürt auch sofort den Strom von Güte, der aus der Aura des schrecklichen Geschöpfs quillt, noch bevor er antworten kann. “Wer bist du?” stößt er fassungslos hervor und weicht langsam zurück.
    Der Fremde stampft schwerfällig auf ihn zu. Nun erkennt Marigg, was er hinter sich herschleppt: Die sieben Finger seiner einzigen Hand umklammern den Oberarm eines zweiten, kleineren Wesens, das beinahe nur aus Speckfalten zu bestehen scheint und irgend etwas noch Winzigeres, Quakendes an sich preßt. Unter der zusammengequetschten Stirn dieser Kreatur funkelt ein milchiges Auge, anstelle des zweiten hat dieses unmenschliche Gesicht eine Geschwulst, die speckig glänzend die ganze Gesichtshälfte bedeckt.
    Und immer mehr bizarre, groteske Gestalten kommen herangeschlurft, gekrochen, gehumpelt. Ineinander verkrallt, sich umschlingend, wälzt es sich heran. Da sind Arme und Beine, aber auch Klauen und Pranken, mißförmige Köpfe mit Nasen, Ohren und Augen, deren Entstellungen wie Inkarnationen eines Fiebertraums anmuten.
    Marigg schwindelt es, und er fühlt, wie sein Körper in tödlicher Kälte erstarrt. Und als er den Mund des zweiten Wesens ansieht, da packt ihn ein wahnsinniger Lachkrampf, denn was dort zwischen den wulstigen Lippen schimmert, das sieht tatsächlich aus wie eine Mundharmonika, und die Töne kommen ganz gewiß dorther!
    Seine Augen irren hin und her. Das ist nicht wahr! brüllt es in ihm. Das muß an dem verfluchten Elixier liegen! Es verzerrt das Wahrnehmungsvermögen! So muß es sein! Das alles ist einfach nicht

Weitere Kostenlose Bücher