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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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Stille… Vegards Bewußtsein erfaßt diesen Widerspruch längst nicht mehr, es löst sich auf in diesem Schrillen und Kreischen, es schrumpft und bläht sich zugleich wie eine Seifenblase, und aus dem Nichts wächst eine stählern glänzende Saite, und sie schwingt, sie zittert, zittert, zittert… “Doktor! Doktor! Beim Großen Sirius, Doktor Quadrangel!”
    Die grauenvolle Vision verblaßt, Vegard spürt, wie ihn jemand heftig schüttelt, dann sieht er eine sattbraune Beule vor sich, darüber den Schirm einer gestreiften Baseballmütze und unter Beule und Mützenschirm zwei ängstlich glitzernde Augen.
    Als Styx erleichtert aufatmet, fühlt Quadrangel den warmen Lufthauch, der seine rechte Wange streift, und irgendwie ist ihm diese Empfindung diesmal angenehm, obwohl er sonst nichts abscheulicher findet als den Atem eines anderen Menschen. “Was ist denn los?” fragt er matt, immer noch unter dem Eindruck des furchtbaren Erlebnisses.
    Styx schaut ihn beunruhigt an, dann flüstert er verwirrt: “Sie haben gebrüllt, als wenn Sie jemand abstechen wollte, wenn Sie mir diesen dummen Vergleich erlauben, Doktor. Sie haben ganz mörderisch geschrien und um sich geschlagen, hier, sehen Sie mal…” Die letzten Worte klingen vorwurfsvoll, und Styx zeigt auf sein Jochbein, das eine hellrote Schramme ziert. “Ich meine, das hat ja nicht weh getan, aber Sie hätten auch das Auge treffen können… Ich glaube, Sie sollten mal einen Tag so richtig abschalten, Doktor, Sie rackern sich noch tot!”
    Die Stimme des Superproximers wirkt angenehm beruhigend. Vegard Quadrangel merkt auf einmal, daß sein ganzer Körper verkrampft ist, er läßt sich stöhnend zurücksinken und versucht sich zu konzentrieren. Nein, er ist nicht so überarbeitet, wie Styx glaubt, er hat ja das Toka-Toka. Er schreckt kurz auf: Die Droge? Aber nein, auch daran kann es nicht liegen – sie ist alles in allem harmlos.
    “Dieses Geräusch”, murmelt er nachdenklich, “es war dieses schreckliche Geräusch.”
    Styx sieht ihn verwundert an. “Aber das waren doch nur die Ortungsgeräte, Doktor. Bruno hat von den Ortungsgeräten geträumt, die pfeifen so, wenn der Kontakt verlorengeht, es ist gewissermaßen ein Alarmsignal.”
    “Schönes Alarmsignal!” schimpft Vegard und stemmt sich aus dem Sessel. Anfangs sind seine Knie noch etwas weich, aber er gewinnt seine Haltung schnell wieder. “Da bleibt einem ja das Herz stehen. Das muß unbedingt geändert werden, ich werde das Flakke sagen.
    Meinetwegen sollen die Geräte klingeln oder rülpsen, aber dieses nervtötende Pfeifen werde ich verbieten, wer hat sich das bloß ausgedacht…”
    “So schlimm ist es doch gar nicht, ich habe das schon oft gehört, Doktor, aber wenn Sie…” Styx verstummt sofort, als Quadrangel ihm einen finsteren Blick zuwirft.
    “Haben Sie den Encephalovisor abgeschaltet?” fragt Vegard barsch.
    “Na ja, ich dachte…”, druckst Styx herum und zieht reumütig den Kopf ein.
    Aber Vegard antwortet zu seiner eigenen Überraschung ganz anders, als er es vorhatte: “Gut, Superproximer, das war wahrscheinlich das Beste, was Sie tun konnten…, und – nun ja, wie soll ich es sagen? – die Schweigepflicht bezieht sich natürlich auch auf diesen Vorfall, kapiert?” Er fühlt, wie seine Ohrmuscheln heiß werden, doch Styx nickt nur.
    Skamander hätte jetzt frech gegrinst, denkt der Bordarzt, dieser Styx hingegen ist anscheinend für meine Zwecke brauchbar.
    Bruno von der Hohen Aue atmet tief und ruhig, seiner bleichen Stirn ist nicht anzusehen, welche gräßlichen Träume sich dahinter verbergen. Der Blick in das fahle Gesicht bringt Vegard auf eine Idee: Bisher hat er sich nur auf die Berichte des Subproximers Marigg Ellis, genannt Schnuckchen, verlassen. Wenn sie das nächste Mal die Tagseite des Merkurs passieren, wird er Ellis an den Encephalovisor anschließen. Nur so kann er herausfinden, was die seltsamen Halluzinationen des Mannes zu bedeuten haben. Und er wird dabei nicht allein sein. Vielleicht war es eine deutliche Warnung, was heute geschehen ist. Möglicherweise ist er übersensibel, ein Indiz dafür wären auch die ungemein intensiven Selbstspielerlebnisse. Aber ein Traumteufel ist etwas anderes als ein Encephalovisor. Wenn man in ein Selbstspiel einsteigt, ist die Verbindung zwischen Gehirn und Spielmodell reaktiv, man bewegt sich selbständig in einer elektronischen Simulation, während der Betrachter des Encephalovisorbildes eben nur Beobachter ist, ohne auf

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