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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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Kommandanten…” Flakkes Stimme klingt mehr traurig als verbittert. Das regt Vegard auf.
    “Verdammt noch mal, Flakke, da müssen Sie eben mit der Faust auf den Tisch schlagen und klarstellen, daß man ein dynamisches System, wie es der Mensch in allen seinen Anhäufungen nun mal ist, nicht nach statischen Regeln organisieren kann. Da wird immer von der evolvieren-den Persönlichkeit geredet, und wenn einer mal wirklich über sich hinauswächst, Entscheidungen für sich und andere trifft, die nicht in ein moralisches Nullachtfünfzehnkorsett passen – damit meine ich nicht nur von der Hohen Aue und diesen…, diesen Skamander, sondern vor allem auch Sie, Flakke –, dann zeigen irgendwelche Kleingeister mit saurer Miene auf die zerbrochenen Korsettstangen und verlangen Schadenersatz. Das lassen Sie sich gefallen?” Vegard atmet tief durch, doch mitten in dieser Bewegung hält er inne. Bin ich total verrückt? denkt er erschrocken, was rede ich da eigentlich? Das sind doch haargenau die Gesetze, nach denen ich mein Leben eingerichtet habe: Gefährde nie dich selbst, wenn es um die Interessen anderer geht.
    Aber irgendwie klingt das, was Flakke gesagt hat, anders. Er spricht mehr von den anderen, weniger über sich selbst, mehr von Pflichten als von Rechten, und Vegard Quadrangel schmeckt der Vergleich plötzlich recht fade, der sich ihm aufdrängte: Er hat doch auch anderen geholfen, indem er sich über Vorschriften hinwegsetzte – den Mungos und Bruno von der Hohen Aue! Diese sechs Männer behalten ihren Platz auf der Ikaros – vorläufig wenigstens – nur weil er schweigt! Doch dem Bordarzt ist genauso deutlich bewußt, daß es da einen gewaltigen Unterschied gibt. Flakke, Bruno und Skamander haben überhaupt nichts davon, daß sie anderen halfen – er hingegen hat es weniger aus Kollegialität oder gar Menschlichkeit getan. Obwohl – ist sein Verhalten nicht wirklich menschlich? Indem er sich – gegen die Vorschrift – hervorragende Forschungsbedingungen schafft, hilft er doch auch der Gemeinschaft, nur der Gemeinschaft, genaugenommen…
    Da schüttelt ihn eine schreckliche Erkenntnis. Bei allen Göttern des Olymps – wenn Flakke den Vorfall meldet, dann fegt der nachfolgende Gewittersturm auch sein Kartenhaus wie welkes Laub hinweg, dann wird Bruno von der Hohen Aue in die Zentralklinik der Basis überwiesen, und alles kommt heraus! Es würde ohnehin schon kompliziert werden, den MOBS zu täuschen!
    Quadrangel spürt, wie die Angst siedendheiß in ihm aufsteigt. Kein Mensch würde ihm abkaufen, er hätte von Brunos Kunstherz nichts gewußt, das wäre das Ende…
    Automatisch greift er nach der Phiole und träufelt etwas Toka-Toka auf einen Wattebausch, dann massiert er sich das Tonikum in die Haut über den Schläfen ein.
    Verflucht, wie konnte ich das übersehen? denkt er, aber seine Erregung weicht bereits kühler Überlegung. Er faßt einen Entschluß. “Weshalb muß die Basis unbedingt von diesem Vorfall erfahren?” fragt er Flakke betont sachlich.
    “Machen Sie Witze?” erwidert der Kosmander. “Spätestens bei der Logbuchkontrolle würde es sowieso herauskommen. Aber wundern würde es mich nicht, wenn die jetzt schon Bescheid wüßten. So eine Sache schwirrt doch durch Kantinen und Büros, ohne daß jemand genau sagen könnte, aus welcher Quelle die Neuigkeit eigentlich sprudelte… Nein, nein, das kann und darf ich nicht verheimlichen, wenn Sie das meinten. Irgendwo gibt es immer die Grenze zwischen Kompromiß und Disziplin, und wenn es einen Vorgesetzten betrifft, liegt diese Markierung immer in Sichtweite – das ist nun mal so.”
    “Blödsinn, Flakke, das ist gar nicht so!” begehrt Quadrangel leidenschaftlich auf. “In Ihrem Gehirn mag das so sein, aber die Zeiten, als edle Ritter das Schnupftuch der Geliebten um ihre Lanze wanden, sind doch wohl vergessen! Lassen Sie mich ausreden, Mann!” Er brüllt Flakke, der zu einer Erwiderung ansetzt, wütend an, und der Kosmander macht ein reichlich irritiertes Gesicht. “Es liegt doch allein bei Ihnen! Was im Logbuch steht, ist Wirklichkeit, und zwar so, wie es drinsteht, das wissen Sie besser als ich. Und was nicht im Logbuch steht, ist nie geschehen! Mann, Flakke, die sind doch nur froh, wenn Sie ihnen die Aufregung ersparen! Glauben Sie mir, Sie tun niemandem einen Gefallen mit Ihrer perversen Ehrlichkeit.”
    Nun unterbricht ihn der Kosmander recht energisch. “Schweigen Sie, Doktor! Was Sie mir da raten, ist einfach unmoralisch.

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