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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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objektiven Notwendigkeiten seien.
    Und auf einmal interessieren sie Goffs Darlegungen. “… im Menschen hat die Materie sich selbst erkannt und ist dabei, sich durch den Menschen selbst zu gestalten. Was also kann es Größeres geben, als auch den Menschen zu verändern? Was sind wir denn zur Zeit – erbärmliche Wesen, die zwar alles umkrempeln, was ihnen zwischen die Finger gerät, die sich selbst aber ein Gefängnis von Abhängigkeiten und Zwängen errichten. Der Neue Mensch wird sich vom Homo technicus unterscheiden wie dieser vom ersten lebensfähigen Einzeller. Denn er wird wahrhaft frei sein, weil er die Herrschaft über sich selbst antritt. Das ist der Schlüssel für die Zukunft: Der Mensch muß den Mut aufbringen, sein Glücksempfinden zu verändern…”
    Hendrikje hat sich wieder gesetzt und hört Goff mit einander widersprechenden Gefühlen zu. Wie oft schon hat sie sich gewünscht, unabhängig von lästigen Überbleibseln menschlicher Evolution zu sein. Wozu braucht ein Mensch Empfindungen wie Trauer, Neid, Enttäuschung – Goff hat schon recht: Diese Regelfunktionen sollte der Mensch selbst und bewußt ausüben können. Aber kann man sich denn auch bewußt freuen, bewußt lachen, bewußt glücklich sein?
    “… wir benötigen keine Belohnung dafür, daß wir uns als Art erhalten, wir könnten Lust auf tausenderlei Art empfinden und würden unsere Fortpflanzung trotzdem nicht vergessen. Der Sexualtrieb hat in diesem System von Belohnung und Bestrafung schon längst keine Funktion mehr, unser Denken hat das blinde Umhertasten der Evolution längst überholt…”
    Na na, Hermel Goff, denkt Hendrikje erheitert, du nimmst diese Belohnung doch ganz gern entgegen.
    “… die Mechanismen bleiben zwar vorläufig dieselben, aber wir wenden sie anders, zielgerichtet an. So wie wir unsere Hand aus einem Fortbewegungs- und Kletterorgan zu einem Manipulator des Verstandes entwickelten, so werden wir auch unser Fühlen und Empfinden ganz und gar der Herrschaft des Geistes unterwerfen, und eines Tages werden wir auch die zugrunde liegenden biologischen Mechanismen umgestalten, optimieren. Und dazu braucht der MOBS jeden Bürger. Wir brauchen dich, Hendrikje Greiff, und ich bitte dich, mit uns zusammenzuarbeiten!”
    Hendrikje springt, wie von der Tarantel gestochen, auf. Das also war der Sinn seiner langatmigen Ausführungen: Sie soll sich an der Jagd auf unschuldige Mungos beteiligen, wenn auch gewissermaßen nebenbei! Dann denkt sie an den Tod des Germelin Stotzner. Sie hätte es ahnen müssen, ein Mops bleibt immer ein Mops, selbst im Bett…
    Als sie zum nächsten Amigohaltepunkt hastet, nimmt sie die belustigten Blicke der wenigen Passanten kaum wahr. Nur ganz vage wird ihr bewußt, welchen Eindruck sie auf die Frühaufsteher machen muß: wütend heulend und in einem Schimmersmaragd, der in nebligen Fetzen ihren Körper umschlottert und kaum noch eine Ahnung von dem einstigen Schmetterlingstraum in sich birgt.
    Zu Hause schleicht sie auf Zehenspitzen in das Plusterfarnbett, kuschelt sich voller Reue an Ergars breiten Rücken und schwort sich hoch und heilig, ihren Lustpartner nie wieder zu hintergehen…

KAPITEL 8
    Irmold Styx ist auf alles vorbereitet. Seine Kaderakte liegt längst auf dem Tisch irgendeines Organisators im Zentrum für Sonnenforschung. Seine Konzeption für eine völlig neuartige Generation von Raumschiffen, mit deren Hilfe man bis in die tiefsten Schichten der Jupiteratmosphäre vordringen kann, wurde von den Experten als interessanter Denkansatz gewertet. Hier, an Bord der Ikaros, haben die meisten sein Projekt nachsichtig belächelt oder wenigstens mit offenkundig desinteressierter Höflichkeit mal einen Blick auf die Varianten geworfen, die der Plotter ausdruckte.
    Styx läuft durch die Galerie, um Skagit am Aktinometer abzulösen. Flakke fragt nicht nach dem Schichtrhythmus, wenn aufwendige Segelmanöver bevorstehen – dann hat jeder an seinem Platz zu sein, und das ist immer dort, wo der Betreffende sein Leistungsvermögen am effektivsten ausschöpfen kann. Styx hat daran nichts auszusetzen. Die Arbeit als Wetterfrosch des Drachenkreuzers hat ihm die Sinne für komplexe Zusammenhänge geschärft, und die dynamischen Vorgänge in Hydrosphären, Atmosphären, Aktinosphären, Thermosphären, Gravisphären oder Radiosphären erschließen sich ihm bereits auf geheimnisvolle Weise intuitiv. Er erahnt Gradienten oder andere funktionale Abläufe schon, bevor er sie in einen mathematischen

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