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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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Blick förmlich in Skagits Gesicht fest, und nur einen winzigen Moment wird er unsicher, als er eine Bewegung in seinem Rücken und darauf Styx' Zischen vernimmt: “Laß! Schnuckchen biegt das hin!” –
    Er spürt mit den Fingern, wie sich Skagits Haltung entkrampft. Jeder andere würde jetzt irgendeinen banalen Unsinn schwatzen, nur um Skagit zu beruhigen. Ein Elloraner schweigt und vertraut auf seine mentale Ausstrahlung. Und Schnuckchen, der seit Jahren unter Terranern lebt, weiß am besten, wann er zu schweigen hat. Eigentlich redet er so gut wie nie; daß sein Mundwerk trotz allem ununterbrochen in Bewegung ist, hat einen anderen Grund. Den Elloranern wird allgemein Geschwätzigkeit nachgesagt, weil sie unentwegt irgendwelchen Humbug von sich geben. Das ist aber kein wirkliches Sprechen, sondern eher eine Art Gesellschaftsspiel, bei dem es darum geht, herauszufinden, was der andere wirklich meint. Elloraner schwatzen eben, während Terraner stricken, häkeln oder auf den Fingernägeln kauen.
    Reden – das ist etwas ganz anderes. Und Schnuckchen, der eigentlich Marigg Ellis heißt, redet selten, weil die Terraner seine Probleme und seine Weise zu denken kaum verstehen können. Wie sollte er zum Beispiel Skamander erklären, daß er mit ihm gern eine Trinität gründen würde, wo dieser nicht einmal weiß, was eine Familie ist, weil es so etwas auf der Erde nicht mehr gibt. Eine Trinität – so etwas geht eben nur unter Gleichgeschlechtigen, das ist nicht eine Gruppe aus drei Mitgliedern, sondern ein Individuum, aus drei Drittelindividuen bestehend. So etwas würde Skamander nie begreifen. Ebensowenig Skagit oder Bruno. Vielleicht Styx, der denkt manchmal erstaunlich unterranisch…
    Er müßte Skamander klarmachen, daß ein Kind auf Ellora vom Augenblick seiner Schöpfung an gleichberechtigtes und vollwertiges Trinitätsdrittel ist, daß eine Trinität während der ersten zehn Jahre nur die Aufgabe hat, die totale Integration vorzubereiten, und daß die elloranische Bevölkerungsstatistik eine bedrohliche Abnahmetendenz aufweist, weil immer mehr Anträge auf Ewige Trinität gestellt werden. Wie soll ein Terraner das alles begreifen?
    Als Skagits Augen immer größer werden und sich in den Winkeln mit Flüssigkeit füllen, begreift Schnuckchen, daß er aufhören muß. Der Gefährte hat genug Wärme empfangen, zuviel wäre auch nicht gut, würde vielleicht einen sensitiven Kollaps auslösen.
    “Nun?” fragt Marigg leise.
    “Arthur ist wirklich weg, ich schwöre es! Diesmal ist es kein Theater, er ist weg, spurlos verschwunden…” Skagits Flüstern ist kaum zu verstehen.
    Marigg fühlt in den Fingerspitzen ein leises Zittern, und sofort verstärkt er den Druck seiner Hand, damit die mentale Suggestion etwas abschwächend.
    Nein, er will Skagit nicht in die Knie zwingen, obgleich er sich nicht verhehlen kann, diesen Drang bereits mehr als einmal in sich gespürt zu haben. Doch nach elloranischen Moralgrundsätzen ist es äußerst niederträchtig, seine mentale Begabung zu gebrauchen, um einen Nichtelloraner zu besiegen. Marigg könnte Skagit ohne weiteres dazu bringen, sich winselnd und jammernd vor ihm auf dem Boden zu krümmen, der Aufwand wäre nicht der Rede wert, immerhin hat er einst in einem sechsstündigen Duell den großen Dual niedergerungen…
    Diese Erinnerung versetzt Marigg Ellis einen Stich. Der greise Dual hat damals behauptet, es wäre physische und nicht etwa mentale Schwäche gewesen, als ihm die Beine den Dienst versagten, und nur Marigg wußte, daß er log, denn sie haben sich ganz allein auf dem höchsten Gipfel des Taurusgebirges gegenübergestanden, mit aneinandergelegten Handflächen und geschlossenen Augen. Aber Marigg hätte nie das Wort Lüge aussprechen dürfen, denn die Regeln seiner Gesellschaft verlangen den unwiderlegbaren Beweis dieser schweren Anschuldigung. Warum hat er sich nicht damit zufriedengegeben, von Dual nicht bezwungen worden zu sein, warum wollte er unbedingt die Anerkennung seines Sieges?
    Marigg weiß nur noch, daß ein heißer Sturm durch seine Gedanken tobte, als Dual die Niederlage zwar zugab, aber auf sein körperliches Versagen zurückführte. Was darauf alles unkontrolliert aus ihm herausbrach, erzählten ihm andere, aber da war es bereits zu spät. Natürlich konnte er seine Anklage nicht beweisen. Dual selbst sprach das Urteil, als er sagte: Marigg Ellis möge ihm nie wieder unter die Augen treten. Außer dem jedem Elloraner eigenen Stolz und dem

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