Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)
die Sache technisch realisiert, vermutlich mit hyperempfindlichen Sensoren und leistungsfähigen Verstärkern, die dann die Stoßwellenemitter steuerten. Jeder Tanz war also eine Herausforderung zum Kampf. Man konnte sie annehmen oder sich unterordnen. Marigg hatte sich gar nicht bewußt zum Kampf gestellt. Einzig seiner mentalen Kraft war es zu danken, daß purer Trotz genügte, ihn zum Herrscher über diesen Tanz zu machen.
Marigg wiegte und drehte sich, sein Körper bog sich elastisch, er floß und vibrierte – war der von den Terranern bestimmte Rhythmus ein wütendes Gebrüll, so schmeichelte er jetzt in zärtlichen, kunstvoll gesetzten Worten.
Hinter Marigg stöhnte jemand, als ob er etwas völlig Unfaßbares erlebte. Wellen verhaltener Leidenschaft glitten über die Tänzer, scheinbar gemächlich, aber keine Auflehnung duldend.
Jetzt hätte Marigg mit den anderen spielen können – sie waren ihm in die Hand gegeben. Aber nicht das war es, was er wollte. Er tanzte für seinen fremden schönen Begleiter. Sein Tanz war eine scheue Anklage in einer Sprache, die nur Bereitschaft braucht, um verstanden zu werden. Marigg konnte feurig sein, o doch, aber sein Feuer war nicht Element der Zerstörung, sondern spendete Helligkeit und Wärme. Marigg war Leidenschaft, aber nicht solche, die brutalen Egoismus gebiert, sondern wie eine sanfte und doch mächtige Woge. Marigg tanzte Sehnsucht und Liebe, Traum und Glück, Freude und Angst – er tanzte elloranisch.
Seine Augen fesselten den Blick des anderen, nur das gestattete er seiner mentalen Ausstrahlung, die er mit eiserner Beherrschung unterdrückte, denn er war immer noch Elloraner und wollte eine ehrliche Antwort.
Das verzückte Lächeln seines Partners offenbarte Empfindungen, die Marigg in einen wahren Rausch versetzten: Der Mann hatte Angst und gab sich übermenschliche Mühe, dieses Gefühl vor Marigg zu verbergen.
Natürlich wußte Marigg in diesen Sekunden nur eine Erklärung für diese Furcht – es konnten nur die Macht und die Wahrhaftigkeit des Gefühls sein, die diesen Mann ängstigten, diesen Terraner, dem so etwas fremd und unheimlich sein mußte.
Der Schöne verdrehte die Augen, und seine Lippen zitterten unter der Anstrengung, mit der er gegen seine vermeintliche Schwäche ankämpfte. Für einen kurzen Augenblick verlor Marigg die Kontrolle über sich, und Jubelchöre tosten durch die Kristo. Das ist seine schönste Erinnerung. Dieser Augenblick. Was danach kam, war auch nicht zu verachten, zugegeben. Aber Elloranern ist, Egoismus fremd, und so merkte Marigg recht bald, daß sein Mund und seine Hände dem anderen kein Glück geben konnten. Der mühte sich zwar redlich, und er kannte Stellen des männlichen Körpers, die überraschend empfänglich für Zärtlichkeiten sind, und offenbar wußte er sogar einiges über die Unterschiede zwischen terranischen und elloranischen Männern – aber er mußte sich zwingen. Marigg spürte es sofort, obwohl der andere schnaufte und stöhnte, dann sogar schielte vor vermeintlicher Verzückung.
Marigg versetzte das einen mörderischen Schlag. Er kannte schon die Fähigkeit der Terraner, Dinge zu sagen oder zu tun, die sie nicht ehrlich meinten. Aber an solch eine infame Lüge wollte er anfangs nicht glauben. Und als Hermel Goff zu sprechen begann, lag er steif und reglos neben ihm, und eine Weile dachte er, daß so etwa der Tod sein müßte, diese Kälte, die nebelgleich durch den Körper weht, die Gleichgültigkeit allem Zukünftigen gegenüber, die übermächtige Müdigkeit… “… ich habe es nicht gewollt, Marigg. Ich kannte euch Elloraner nicht, habe euch immer so gesehen, wie ihr euch gebt… Beinahe wünschte ich, so wie du zu sein…”
Goff erzählte, daß nichts dem Zufall überlassen war. Seine Vorladung vor das BUAV war nur der Vorwand, Marrig nach Amorix zu holen. Stundenlang ist Goff um ihn herum gewesen, hat versucht, seine Aufmerksamkeit zu erregen, aber er – Marigg – hat ihn erst bemerkt, als Goff schon aufgeben wollte und zum Schluß alles auf eine Karte setzte.
“… ich will nicht weiter lügen, Marigg. Daß ich dir alles sage – so unbarmherzig und brutal offen –, gehört auch zu meinem Auftrag. Du sollst nicht denken, daß wir dich irgendwie nötigen wollen.”
“Wer ist das – wir?” unterbrach Marigg ihn schroff. Goff griff nach Mariggs Hand, und Marigg merkte gerade noch, daß es diesmal keine Lüge war, bevor er demonstrativ abrückte.
“Wir, das sind die Möpse,
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