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Drachenläufer

Drachenläufer

Titel: Drachenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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beäugte mich argwöhnisch, als ich Farid ins Innere des kleinen Hauses folgte.
    Die kahlen Wände ringsum waren, wie auch die tief hängende Decke, mit Lehm verputzt. Für Licht sorgten einzig und allein zwei Laternen, die in einer Ecke hingen. Wir zogen unsere Schuhe aus, um die Strohmatten am Boden zu schonen. Vor einer Wand hockten drei Jungen im Schneidersitz auf einer Matratze, über der eine verschlissene Wolldecke lag. Ein großer bärtiger Mann mit breiten Schultern stand auf, um uns zu begrüßen. Farid umarmte ihn, und die beiden tauschten Küsse auf die Wangen. Er stellte ihn mir als seinen älteren Bruder Wahid vor. »Er ist aus Amerika«, sagte er, an Wahid gewandt, und deutete mit dem Daumen auf mich. Dann begrüßte er die Jungen.
    Wahid bat mich, Platz zu nehmen, und wir setzten uns an die Wand gegenüber den Jungen, die über Farid hergefallen waren und ihm auf die Schultern kletterten. Ungeachtet meiner Proteste, verlangte Wahid von einem von ihnen, eine Decke für mich zu holen, damit ich es auf dem Boden bequemer hätte. Maryam bekam den Auftrag, Tee zu servieren. Er erkundigte sich nach den Straßenverhältnissen und unserer Fahrt von Peshawar über den Khyber-Pass.
    »Ich hoffe, Ihnen sind keine dozds in die Quere gekommen«, sagte er. Der Khyber war bekannt als Rückzugsgebiet für Banditen, die es auf Reisende abgesehen hatten. Ehe ich antworten konnte, zwinkerte er mit dem Auge und sagte laut genug, um im ganzen Raum gehört zu werden: »Aber ein dozd würde natürlich keine Zeit verschwenden auf ein so hässliches Auto wie das meines Bruders.«
    Farid hatte den kleinsten der drei Brüder zu Boden gerungen und kitzelte ihn mit der gesunden Hand. Der Junge kicherte und trat mit den Beinen um sich. »Immerhin habe ich ein Auto«, bemerkte Farid. »Und wie geht es deinem Esel dieser Tage?«
    »Mit dem fahr ich besser als du mit deiner Klapperkiste.«
    »Khar khara mishnassah«, konterte Farid. Um einen Esel zu verstehen, muss man selbst ein Esel sein. Alle lachten, und ich stimmte mit ein. Nebenan waren Frauenstimmen zu hören. Ich konnte von meinem Platz aus den halben Raum jenseits des Durchgangs einsehen. Maryam schüttete Tee in eine Kanne und unterhielt sich mit einer älteren Frau in brauner hijab. Es war wahrscheinlich ihre Mutter.
    »Was machen Sie beruflich, Amir Aga?«, fragte Wahid.
    »Ich bin Schriftsteller«, antwortete ich und glaubte, ein Kichern von Farid gehört zu haben.
    »Schriftsteller?« Wahid zeigte sich beeindruckt. »Schreiben Sie über Afghanistan?«
    »Ja, auch. Aber nicht nur.« Mein letzter Roman, A Season for Ashes, handelte von einem Universitätsprofessor, der sich, nachdem er seine Frau mit einem seiner Studenten im Bett erwischt hatte, einer Clique von Bohémiens anschließt. Es war kein schlechtes Buch. Manche Kritiker hatten es für »gut« befunden, einer bezeichnete es sogar als »fesselnd«. Trotzdem geriet ich plötzlich in Verlegenheit und hoffte, dass sich Wahid nicht weiter danach erkundigte.
    »Vielleicht sollten Sie wieder mal über Afghanistan schreiben«, sagte Wahid. »Erzählen Sie dem Rest der Welt, wie die Taliban unser Land zugrunde richten.« »Nun, dafür ... dafür bin ich wohl nicht der Richtige.«
    »Aha.« Wahid nickte und errötete ein wenig. »Das wissen Sie natürlich selbst am besten. Es ist nicht an mir, Ihnen irgendwelche Vorschläge zu machen ... «
    In diesem Augenblick kamen Maryam und die andere Frau mit einem Tablett herein, auf dem sie Tassen und eine Teekanne brachten. Ich stand respektvoll auf, legte eine Hand auf die Brust und verbeugte mich. »Salaam alaykum«, grüßte ich.
    Die ältere Frau hatte die untere Gesichtshälfte mit ihrer hijab verdeckt. Auch sie verneigte sich und antwortete mit kaum hörbarer Stimme: »Salaam.« Zu einem Blickkontakt zwischen uns kam es nicht.
    Ich blieb stehen, während sie Tee einschenkte, und setzte mich erst wieder, als sie auf bloßen Füßen lautlos nach nebenan zurückgegangen war. Der Tee war schwarz und sehr stark. Es blieb lange still. Schließlich brach Wahid das peinliche Schweigen.
    »Was also führt Sie zurück nach Afghanistan?«
    »Kommen nicht alle, lieber Bruder?«, sagte Farid und bedachte mich mit einem verächtlichen Blick.
    »Bas!«, herrschte Wahid den jüngeren Bruder an.
    »Es ist doch immer dasselbe«, fuhr Farid fort. »Sie verkaufen Grund und Boden, da ein Haus, hier eine Liegenschaft, kassieren das Geld und verkrümeln sich schnell wieder. Zurück nach Amerika,

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