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Drachenläufer

Drachenläufer

Titel: Drachenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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zusammenfiel, aber sie ließ es sich nie anmerken. »Oh, wie schade, Sie haben Kaka gerade verpasst«, sagte sie nur. Es gefiel mir sogar, wenn Khanum Taheri da war, und das nicht nur wegen ihrer freundlichen Art; Soraya war viel lockerer, redseliger, wenn sich ihre Mutter in der Nähe aufhielt. Als ob deren Anwesenheit alles, was zwischen uns geschah, legitimierte - wenn auch nicht in der gleichen Weise, wie es die Gegenwart des Generals getan hätte. Khanum Taheri als unsere Anstandsdame machte unsere Treffen wenn nicht klatschsicher, so doch weniger klatschenswert, auch wenn das beinahe schon einschmeichelnde Verhalten, das sie mir gegenüber an den Tag legte, Soraya ganz offensichtlich peinlich war.
    Eines Tages standen Soraya und ich allein an ihrem Stand und unterhielten uns. Sie erzählte mir von ihrem Studium am Ohlone Junior-College in Fremont.
    »Ich möchte einmal Lehrerin werden«, sagte sie.
    »Wirklich?«, fragte ich. »Warum?«
    »Das wollte ich schon immer. Als wir noch in Virginia gewohnt haben, habe ich die Englisch-Prüfung für Nicht-Muttersprachler bestanden und unterrichte jetzt einmal in der Woche einen Kurs in der Stadtbibliothek. Meine Mutter ist auch Lehrerin gewesen, sie hat an der Zarghoona-Mittelschule für Mädchen in Kabul Farsi und Geschichte unterrichtet.«
    Ein spitzbäuchiger Mann mit einer Sherlock-Holmes-Mütze auf dem Kopf bot drei Dollar für einen Satz Kerzenhalter, der eigentlich fünf Dollar wert war, aber Soraya willigte ein. Sie ließ das Geld in eine kleine Bonbondose zu ihren Füßen fallen und blickte mich schüchtern an. »Ich würde Ihnen gern eine kleine Geschichte erzählen«, sagte sie, »aber sie ist mir ein bisschen peinlich.«
    »Nur zu. Erzählen Sie.«
    »Eigentlich ist sie irgendwie albern.«
    »Bitte tun Sie mir den Gefallen.«
    Sie lachte. »Also, als ich in Kabul ins vierte Schuljahr ging, da stellte mein Vater eine Frau namens Ziba ein, die im Haus helfen sollte. Sie hatte eine Schwester im Iran, in Mashad, und da Ziba Analphabetin war, bat sie mich ab und zu, ihrer Schwester einen Brief zu schreiben. Und wenn die Schwester antwortete, las ich Ziba ihre Briefe vor. Eines Tages fragte ich sie, ob sie gern lesen und schreiben lernen würde. Sie blickte mich mit ihrem strahlenden Lächeln an, bei dem sie immer tausend Fältchen um die Augen bekam, und erwiderte, dass das ganz wunderbar wäre. Also setzten wir uns, wenn ich mit meinen Hausaufgaben fertig war, an den Küchentisch, und ich brachte ihr das Alef-beh bei. Ich weiß noch, wie ich manchmal von meinen Hausaufgaben aufblickte und Ziba in der Küche beobachtete, wie sie das Fleisch im Topf wendete und sich dann mit einem Bleistift hinsetzte, um ihre eigenen Hausaufgaben zu machen, die ich ihr am Abend vorher gegeben hatte. Jedenfalls konnte Ziba innerhalb eines Jahres Kinderbücher lesen. Wir saßen draußen im Garten, und sie las mir - langsam zwar, aber korrekt - die Geschichten von Dara und Sara vor. Sie fing an, mich Moalema Soraya zu nennen, Lehrerin Soraya.« Sie lachte wieder. »Ich weiß, dass es kindisch klingt, aber als Ziba ihren ersten Brief schrieb, da wusste ich, dass ich unbedingt Lehrerin werden wollte. Ich war so stolz auf sie, und ich hatte das Gefühl, etwas wirklich Wertvolles getan zu haben, verstehen Sie?«
    »Ja«, log ich. Ich dachte daran, wie ich meine Fähigkeit, lesen und schreiben zu können, ausgenutzt hatte, um Hassan lächerlich zu machen. Wie ich ihn bei schwierigen Wörtern, die er nicht kannte, aufgezogen hatte.
    »Mein Vater möchte, dass ich Jura studiere, meine Mutter lässt immer wieder Bemerkungen über ein Medizinstudium fallen, aber ich werde auf jeden Fall Lehrerin. Das wird hier zwar nicht besonders gut bezahlt, aber es ist genau das, was ich möchte.«
    »Meine Mutter war auch Lehrerin«, sagte ich.
    »Ich weiß«, erwiderte sie. »Das hat mir meine Mutter erzählt.« Dann wurde sie rot, weil sie damit ausgeplaudert hatte, dass »Amir-Gespräche« zwischen ihnen stattfanden, wenn ich nicht da war. Ich musste mich ungeheuer beherrschen, um mir ein Lächeln zu verkneifen.
    »Ich habe Ihnen etwas mitgebracht.« Ich fischte die zusammengerollten Seiten aus meiner Gesäßtasche. »Wie versprochen.« Ich reichte ihr eine meiner Kurzgeschichten.
    »Oh, du hast es also nicht vergessen«, sagte sie und strahlte förmlich. »Vielen Dank!« Mir blieb kaum genug Zeit, zu registrieren, dass sie mich zum ersten Mal mit »tu« angesprochen hatte und nicht mit dem

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