Drachenland: Roman (German Edition)
Krieg.«
»Es ist keine Legende. Ich habe den Frostdrachen mit eigenen Augen gesehen, wie viele Menschen in Oberwald.« Amsel blickte Ephrion erstaunt an, während dieser fortfuhr.
»Ich glaube, dass viele der Legenden des Südlands in Wirklichkeit die Geschichte des Landes im Norden sind.«
»Das Land im Norden des Drachenmeers?«
»Ja«, sagte Ephrion. »Lady Ceria wollte in die Valian-Ebene reisen, um Beweise dafür zu finden. Dort gibt es vielleicht einen Edelstein, der die Geschichte der Drachen enthält.«
Amsel legte das Buch zurück auf den Rosenholztisch. »Die Drachen der Legende waren friedliche Geschöpfe«, murmelte er. »Ich vermute, diese Frostdrachen sind es nicht.«
»Ein Frostdrache hat einen Wächter in Oberwald angegriffen, aber ich weiß nicht, warum er überhaupt aufgetaucht ist.«
Einen Augenblick lang erinnerte Amsel sich an die Tage, die er hilflos treibend auf der Straße von Balomar verbracht hatte, als er schon glaubte, Halluzinationen zu haben: Hatte er da nicht auch das Schlagen riesiger Flügel gehört, etwas Großes und Undeutliches durch die Wolken bemerkt? Langsam sagte er: »Ein Kind, dem ich begegnete, sprach auch von einem Drachen …«
»Der Frostdrache ist Wirklichkeit, und er bedroht unsere beiden Länder. Er ist eine Art Vetter der eigentlichen Drachen, der Feuerdrachen, hat aber weder ihre Intelligenz noch ihren Edelmut oder ihre Größe. Er kann auch kein Feuer speien.«
Amsel war in Gedanken verloren und fragte dann: »Warum sind die Frostdrachen bisher nicht in Erscheinung getreten?«
»Nach diesen Legenden, die ich erst seit Kurzem kenne, haben die Frostdrachen immer den Befehlen der Feuerdrachen gehorcht. Die Feuerdrachen verboten ihnen jede Berührung mit menschlichem Leben.«
Amsel blickte wieder auf das Bild. »Das leuchtet mir ein. Dieses Wesen hat die Merkmale eines räuberischen Geschöpfs – eine Gefahr für die Menschen!«
Ephrion nahm das Buch wieder an sich. »Und darum«, sagte er, »musst du in das Land der Drachen reisen.«
»In das Land der Drachen?« Amsel fühlte sich plötzlich schwindelig und hielt sich am Tisch fest.
»Wenn Ceria gefangen genommen worden ist, kann sie ihre Aufgabe nicht durchführen. Du bist jetzt meine einzige Hoffnung, Amsel, und auch die Hoffnung Fandoras. Du musst herausfinden, warum die Frostdrachen uns angegriffen haben. Du musst ihr Geheimnis ergründen und uns darüber berichten. Nur dir werden sowohl Simbalesen als auch Fandoraner trauen.«
»Meine Landsleute halten mich für einen Verräter!«
»Du wirst ein Held sein«, sagte Ephrion.
»Ich habe gar nicht den Wunsch, ein Held zu sein!«, sagte Amsel. »Ich will Frieden! Ich möchte die Wahrheit über Johans Ermordung herausfinden.«
»Eben darum musst du diese Aufgabe übernehmen!«
»Ich bin sehr müde«, entgegnete Amsel. »Ich bin seit Tagen unterwegs mit kaum etwas zu essen und noch weniger Schlaf. Ich bin verfolgt, gefangen genommen, angegriffen, ausgefragt, gejagt, lebendig begraben und völlig durchnässt worden, und jetzt soll ich auch noch ein Held werden?«
Ephrion lächelte. »Dir bleibt keine andere Wahl, Amsel aus Fandora.«
Während der Monarch sprach, blickte Amsel ihn an. Ephrions Gesicht war gezeichnet vom Alter und von Müdigkeit; auch er hatte einen mühsamen Kampf hinter sich. Amsel konnte ermessen, welch gewaltiges Unterfangen das Entziffern all der Bücher und Karten war, und doch hatte Ephrion in wenigen Tagen Hinweise von größter Bedeutung daraus gewonnen.
»Wenn du hierbleibst«, sagte der Monarch warnend, »wird die Prinzessin dich gefangen nehmen lassen, bevor die Nacht über den Wald hereinbricht.« Er griff nach einer Schriftrolle. »Mach dich auf den Weg nach Norden. Du kannst dich unterwegs ausruhen, aber zuerst musst du hier weg.«
Amsel nickte langsam. »Um Johans willen – mein Gewissen ließe mir sonst keine Ruhe.«
Ephrion schob die Schriftrolle, die er in der Hand hielt, in das Futter seines Umhangs. »Und jetzt tritt bitte zurück«, sagte er. »Die Wachen können jeden Moment auftauchen.«
Ephrion zog an einer Klingelschnur in der Nähe des Tisches. Ein Rumpeln ertönte in der Wand dahinter, Ephrion schob einen Wandteppich zur Seite, und eine dunkle Öffnung in der Wand kam zum Vorschein. Offensichtlich ist der ganze Palast von Geheimgängen durchzogen, dachte Amsel, und er fragte sich, welche Ränke im Lauf der Jahrhunderte hier geschmiedet worden waren.
Ephrion sah seinen Blick und lächelte. »Die
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